Frankenthal Mehr als Zahlen

„Die Schnecke marschiert, Gleichstellung ist eine Schnecke“, kommentierte Birgit Löwer als Frankenthaler Gleichstellungsbeauftragte den Weg weiblicher Gleichberechtigung zum Auftakt der Ausstellung „Frauenpolitischer Aufbruch – 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland“ in der Stadtbücherei.

Erweitert hat Löwer die Wanderausstellung des Frauenmuseums Bonn um Frankenthaler Zeitdokumente und einen Zeitstrahl, der bei manchen Jahreszahlen schmunzeln, aber auch nachdenklich werden lässt. 60 farbige Karten zu Etappen der Frauenbewegung begleiten den Besucher der Bücherei auf dem Weg in die erste Etage. Der Zeitstrahl macht deutlich, dass die Entwicklung der Frauenrechte alle Lebensbereiche berührt: 1962 durften Frauen in der BRD ein eigenes Bankkonto eröffnen. Erst 1970 hob der Deutsche Fußballbund das Fußballverbot für Frauen auf. Und vor fünf Jahren wurde der gesetzliche Anspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr rechtskräftig. Im ersten Stockwerk sind elf Stellwände aus Bonn um den Bücherbestand gruppiert. Hier sieht man die Pionierinnen der Frauenrechtsbewegung: etwa Clara Zetkin, die Initiatorin des Internationalen Frauentags. Oder die vier Mütter des Grundgesetzes Helene Wessel, Helene Weber, Friederike Nadig und Elisabeth Selbert. Eindrucksvoll sind historische Wahlparolen, die für das Frauenstimmrecht nach dem Ende des Ersten Weltkriegs warben, wie: „Eure Kinder brauchen Frieden und Brot. Darum Frauen: wählt!“ Oder ein historisches Werbeprodukt speziell für weibliche Wählerinnen – die Abbildung eines Fächers aus Frankreich mit der darauf abgedruckten Aufforderung, Frauen zu wählen. Um den regionalen Bezug herzustellen, hat Löwer Frankenthaler Dokumente aus dem Stadtarchiv beigesteuert. Unter einer Vitrine ist im Lesecafé die „Frankenthaler Zeitung“ vom 3. Dezember 1918 ausgestellt. Hier sieht man eine Anzeige „an alle wahlberechtigten Frauen und Mädchen von Frankenthal und Umgebung zum Vortrag der Leiterin der sozialen Frauenschule in Mannheim zur Aufklärung über das Frauenwahlrecht“. Daneben ist in einer Schautafel ein Artikel der „Frankenthaler Zeitung“ vom 12. November 1918 zum Programm der neuen Regierung zu sehen. Darin heißt es, „dass öffentliche Wahlen für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen erfolgen sollen“. Zur Ausstellungseröffnung referierte die Historikerin Monika Storm. Sie leitet beim Landtag den Bereich „Archiv, Parlamentsdokumentation, Bibliothek“ und stellte die Stationen des Ringens um das Frauenwahlrecht vor. Als der Sozialdemokrat Kurt Eisner in der Nacht von 7. zum 8. November 1918 den Freistaat Bayern ausrief und das gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen verkündete, hatte Bayern als erster deutscher Staat die politische Gleichberechtigung eingeführt. „Somit erlangten die Pfälzerinnen als erste im Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz das Frauenwahlrecht“, sagte Storm. Im Anschluss an den Vortrag präsentierte Löwer die die von der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten herausgegebene Broschüre „Wahlkämpfe – 100 Jahre Frauenwahlrecht im heutigen Rheinland-Pfalz“. ÖFFNUNGSZEITEN Bis zum 20. Dezember kann die Ausstellung in der Stadtbücherei besichtigt werden: montags, 14-18 Uhr, dienstags, donnerstags und freitags, 10-18 Uhr, samstags, 10-13 Uhr. Der Eintritt ist frei. Die Broschüre sowie die Rede Storms liegen zur Mitnahme aus.

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