Frankenthal Klagend statt jubelnd und triumphal

Das Trio Sanssouci und andere der Städtischen Musikschule verbundene Instrumentalisten fanden sich am Freitagabend in der Frankenthaler Dreifaltigkeitskirche zusammen, um Bachs „Musikalisches Opfer“ aufzuführen. Dabei zeigten sich erhebliche Unterschiede in Ausdruckswille und Kompetenz der einzelnen Musiker.

Ohne Zweifel sind die Erkenntnisse der letzten 50 Jahre hinsichtlich der historischen Aufführungspraxis so wichtig, dass kein verantwortungsvoller Interpret sie ignorieren darf. Leider führt das Bemühen, diesem Anspruch gerecht zu werden, oft zu Übertreibungen und klanglichen Mängeln. Eine ansprechende oder gar packende Wirkung bedeutender Werke wird so verfehlt.

Zu Beginn des Programms begeisterten Sohee Oh (Flöte) und Hans-Jürgen Thoma (Cembalo) mit der Johann Sebastian Bach zugeschriebenen Sonate C-Dur BWV 1033 durch perfektes Zusammenspiel, rasante Virtuosität in den schnellen Sätzen und behutsame Expressivität beider Spieler in den langsamen Teilen. Die nie übertriebenen, immer sehr geschmackvollen kleinen Verzögerungen ergaben eine überzeugende, der Musik des Spätbarock angemessene „Klangrede“, die das kompositorisch weniger anspruchsvolle Werk zum Höhepunkt des Abends werden ließ.

Beim anschließenden dreistimmigen Ricercar, dem Eröffnungsstück des „Musikalischen Opfers“, fühlten wohl die meisten Hörer wehmütige Erinnerungen an das gerade gehörte Flötenspiel, derart anders interpretierte die das Ensemble anführende Geigerin Isabel Jimenez Montes Bachs Musik. Ihr vibratoloses Spiel, zusammen mit willkürlichen, wenn auch sicher wohlüberlegten Betonungen ergab einen fast weinerlichen Geigenton, bei dem die manchmal nicht ganz perfekte Intonation nicht verborgen blieb. Hinzu kam eine nur kleingliedrige Dynamik, und so ereignete sich das Unerhörte: eine der fesselndsten Fugenkompositionen Bachs wirkte langweilig.

Erfreuliche Abwechslung in die ansonsten in stets demselben langsamen Tempo gespielten kunstvollen Kanons brachten diejenigen, an denen Mitglieder des Trios Sanssouci beteiligt waren. Regelrecht flott spielte Thoma den Umkehrungskanon, und sehr fein brachte sich die Oboistin Sigrun Meny-Petruck in dem darauffolgenden vierstimmigen Kanon ein.

Einfach missverstanden war dagegen der durch die Tonarten aufsteigende Kanon Nr. 5, der schwungvoll, jubelnd und triumphal hätte sein sollen, aber von der Geigerin als wahre Klagemusik aufgefasst wurde. Großartig dann die schwungvoll gespielte „Fuga canoncia“.

Der eher klagende Tonfall prägte auch das große sechsstimmige Ricercar, das – positiv ausgedrückt – in feierlicher, nicht endenwollender Erhabenheit ablief. In der viersätzigen Triosonate für Flöte, Violine, Cembalo und Cello zeigte sich der Gegensatz zwischen dem anmutigen Flötenton Sohee Ohs und der uneleganten, manchmal aufdringlichen Tongebung der Geigerin besonders deutlich. Selbst in scheinbar unbedeutenden Kleinigkeiten wurde dieser Kontrast hörbar: Die Triller waren in der Flöte innerlich belebt, in der Geige bestanden sie nur aus schnellen Noten. Und das Cembalo (Sebastian Schöffel) blieb, bedingt auch durch die eigenartige Akustik, fast völlig unhörbar.

Ein sehr guter Gedanke war es, nicht mit dieser Sonate zu schließen, sondern noch einen – wenn auch kurzen, aber frisch und ausdrucksvoll zugleich gespielten – „Canon perpetuus“ folgen zu lassen.

Die drei noch nicht genannten Musiker Iryna Kuyuchka-Vetter (Violine und Bratsche), Jawor Domischljarski (Violoncello) und Martin Kersch (Fagott) fügten sich sehr gut, bisweilen impulsgebend, in die wechselnden Ensembles ein.

In seinen wie immer erhellenden einführenden Worten hatte Musikschulleiter Thoma neben der nachdenklich machenden Bemerkung, dass sich Bach seiner Bedeutung vielleicht gar nicht bewusst gewesen sei, von dem „kulturhistorischen Auftrag“ gesprochen, dem er oder die Frankenthaler Musikschule mit der Aufführung dieses bedeutenden Spätwerks nachkommen wollten. In der Tat: Wurde das „Musikalische Opfer“ jemals in Frankenthal gespielt? Schade, dass nur so wenige Zuhörer gekommen waren. Allerdings applaudierten die dann lang anhaltend.

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