Frankenthal Kühne Klanglandschaften

Der Jazz aus Skandinavien ist längst nicht so melancholisch, wie es vor einigen Jahren noch den Anschein hatte. Die jüngere Generation hat inzwischen eine musikalische Power entdeckt, die staunen lässt. Der norwegische Musiker Mathias Eick gehört dazu. Mit seinem Quintett spielt der Trompeter am Samstag, 16. August, ab 22.30 Uhr bei Jazz und Joy auf dem Platz der Partnerschaft in Worms.

2007 gewann Mathias Eick die Auszeichnung des International Jazz Talent, vergeben von der Internationalen Jazz Festivals Organization in New York. Und er ist ein Multitalent, das auf seinen Alben nicht nur auf der Trompete spielt, sondern gelegentlich auch Kontrabass, Vibrafon, Klavier, Gitarre oder „alles, was gebraucht wird“, wie er sagt. Außer mit seiner eigenen Band hat er mit dem Trondheim Jazz Orchestra ebenso schon musiziert wie mit Chick Corea, Manu Katché, Jacob Young und anderen, auf deren Einspielungen er als Gast mitgewirkt hat. Komponiert habe er immer schon über Jahre hinweg und dabei immer in Fragmenten, sagte der Trompeter. „Die Ideen sind an den verschiedensten Orten in der ganzen Welt zu mir gekommen. Ich bin kein ausgesprochener Komponist, aber ich habe immer schon kleine Melodien mein ganzes Leben lang aufgeschrieben.“ Eicks musikalisches Interesse ist vielfältig und macht vor Genregrenzen nicht Halt. Das zeigt schon seine musikalische Vergangenheit: Eick war lange Mitglied in der norwegischen Nujazz- und Elektronikband Jaga Jazzist und in der norwegischen Psychedelic-Rock-Band Motorpsycho. „Mein Stärke als Musiker liegt darin, dass ich Musik in neue Kontexte stellen kann und sehr offen bin, was die Auswahl angeht. Ich habe bislang die unterschiedlichste Musik gemacht und ich liebe es, in unbekannte Gebiete vorzustoßen, Fremdes zu adaptieren und daraus etwas Eigenes zu machen.“ Eicks Quintett vereint neben einem Pianisten und seinem Trompetenspiel noch einen Bassisten und zwei Drummer. Die Musik schrieb Eick ausnahmslos selber. Er huldigt skandinavischen Klanglandschaften ebenso wie der Lyrik und Melancholie des amerikanischen Trompeters Kenny Wheeler. Dabei sieht er sich selber in der Tradition eines Wheeler, Chet Baker, Miles Davis und Enrico Rava. Sein Solo-Debütalbum „The Door“ brachte er 2008 heraus. 2011 folgte seine zweite Einspielung, das eher an Pop und Ambient orientierte „Skala“. So entstehen kühne Klanglandschaften mit dunklen Elegien und kraftvoll pulsierenden Beats. Auf Effektgeräte verzichtet Eick in seinem Trompetenspiel, entwirft dafür rein akustisch ein weites Klangpanorama. So wie das Licht in Norwegen häufig wechselt und unterschiedliche Stimmungen hervorbringt, so wandeln sich auch die Musik von Eick und ihre Gestik unablässig. Das Elegische wird nach und nach in Kraft verwandelt, schon alleine durch die beiden Schlagzeuger, die für eine kraftvoll pulsierende Basis sorgen. Ruhe und Vitalität sind hier vereint in dieser groovenden und brodelnden Musik. Warme, verschattete Töne entwindet Mathias Eick gerne seiner Trompete, die er ohne elektronische Modifikation spielt. Wobei die Elektronik freilich auch in dieser Musik eine starke Rolle spielt. Eick selber spielt bisweilen auch Synthesizer, lässt mystische nordische Klänge fluten, das Echo der Fjorde tönen. E-Bassist Audun Erlien setzt nicht nur prägnante Kontrapunkte mit seinem präzisen und virtuosen Spiel, sondern verfremdet gelegentlich auch seinen Sound, bringt ebenso wie das Fender Rhodes Piano einen kräftigen Schuss Psychedelisches mit hinein. Labyrinthisch verschlungene, surreale Klanglandschaften entstehen dabei immer wieder. Am Flügel entspinnt Andreas Ulvo ausdrucksvolle Elegien von großer Schönheit, ornamental verspielt und insistierend gesteigert. Bei ungebrochener Schönheit bleibt es freilich nicht in der Klangwelt des norwegischen Trompeters: Immer wieder wandeln sich die hymnischen Themen, gehen über in surreale Sounds, in clubbige Rhythmen und Ambient-klänge, die gleichfalls wichtig sind für diese Musik.

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