Frankenthal Emotion ist sein Antrieb

Im Mai wird Rudolf Raad 75 Jahre. Zeit für den Künstler, ein Lebenszeichen zu geben. Er tut dies mit einer Ausstellung im Frankenthaler Rathaus und Arbeiten von den 70er-Jahren bis heute. Sie umfassen Malerei, Monotypie, Holzschnitt und Kupferstich, reichen von figürlicher Wiedergabe bis zur Abstraktion.

Auf den ersten Blick wirken die dicht neben- und übereinander gehängten Bilder etwas ungeordnet. Deutlich erkennbar sind Stilwechsel, aber auch der Hang zu Asien. Das dokumentieren etwa drei Flächen mit schwarzen Motiven wie Scherenschnitte oder Schattenspiele vor orangefarbenem Hintergrund. „Farben, die in Japan bevorzugt werden“, erläutert Raad. „Dadurch kommt das Motiv besser zum Vorschein.“ Überhaupt: „Schwarz ist für mich die Königin der Farben, Schwarz verbindet alles“, sagt er. „Ich sehe etwas, es inspiriert mich und ich setze es um: figürlich oder abstrakt, das kommt auf die Emotion an“, so der Freinsheimer. Der Mensch ist kaum wegzudenken aus seinen Arbeiten. Als Frauenporträts, natürlich auch das der eigenen Frau, oder als praller Frauentorso in Lila in „Letzter Traum“. Raad schmunzelt. Man habe ihn gebeten, keine anstößigen Arbeiten zu präsentieren, sagt er. Das versteht, wer ihn kennt – erotische Motive sind oft bei ihm zu finden. Aktuell male er großformatige Bilder: Natur, Landschaften, Stimmungen. Zu malen ist ihm ein „inneres Bedürfnis“. Interessant ist ein Bild, bei dem er aus Sperrholz das Motiv – wogende Wellen, eine untergehende Sonne – herausgeschält hat. Die vorstehenden Flächen sind schwarz gefärbt, der Himmel hat einen Goldton bekommen. Seine Drucke sind Unikate, betont er, er stelle nur jeweils einen einzigen Urdruck her. Sie offenbaren viel handwerkliches Können: Sehr feine Details sind in den Kupferstichen zu finden, etwas gröber, aber exakt sind die Holzschnitte gefertigt, die er mitunter koloriert. Holzschnitte sind ja auch die meisterliche Domäne von Raads Vater Rudolf Scharpf. Manche Bilder tragen Titel, manche nicht. Der Betrachter soll hinschauen, sehen. „Jeder Mensch sieht auf seine Art und Weise“, sagt Raad. Er vergleicht die Herangehensweise an Kunst mit der Partnerwahl, der Vorstellung von der oder dem Richtigen, dem Beutemuster. Mitunter müsse man Konzessionen machen, auch ungern. Nicht in der Malerei: „Ich möchte nicht geschmäcklerisch arbeiten.“ Neben der Kunst hat Rudolf Raad viele Interessen – im Gegenteil zu seinem Vater, der „besessen ist von seiner Kunst“ und noch heute mit 95 Jahren jeden Tag arbeitet. Dass auch der Sohn die Kunst zum Beruf machen möchte, habe er schon früh gewusst. In der Schule glänzte er im Kunstunterricht, weil er für seine Mitschüler zeichnete und malte. Rudolf Raad studierte an der Kunstschule Mannheim und den Kunstakademien Karlsruhe und Düsseldorf. Parallel interessierte er sich für Sport und Kampfkunst – 1974 eröffnete er in Frankenthal die erste Karateschule. „Meine Lehrer waren alle auch Mediziner“, sagt er. So fand er zur traditionellen chinesischen Medizin, ließ sich ausbilden, hospitierte unter anderem am Shanghai Peoples Number One Hospital, dem größten Krankenhaus der Metropole. Mitte der 90er-Jahre lehrte Raad in seiner Karateschule die „inneren Stile“ wie Tai Chi Chuan oder Qi Gong. Diese drei Säulen seines Lebens – Kunst, Kampfsport, Medizin – hat er bis heute beibehalten.

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