Frankenthal „Ein erhebendes Gefühl“

Herr Barth, am Wochenende ist das Stationentheater „Ausgepackt – Lambsheimer Koffergeschichten“ vor ausverkauftem Haus zu Ende gegangen. War das Riesenprojekt die viele Arbeit wert?

Absolut! Wir haben an beiden Wochenenden nur positive Rückmeldungen aus unserem Gästebuch und den Gesprächen mit den Mitwirkenden bekommen. Es war ein ganz erhebendes Gefühl, die sechs Szenen nach so langer Vorbereitungszeit endlich aufzuführen und das Projekt zum Abschluss zu bringen. Hand aufs Herz: Hätten Sie rückblickend irgendetwas anders gemacht? Vielleicht hätten wir in der Projektgruppe noch das eine oder andere Interview mehr machen können, etwa die Gruppe der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg mit in die Recherche aufnehmen können. Ganz sicher würden wir jetzt die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Aufführungen kürzer ansetzen, damit die Schauspieler nicht so lange warten müssen. Aber das ist alles Erfahrungssache. Sechs Szenen aus 150 Jahren Lokalgeschichte haben sich die Lambsheimer zum 1250-jährigen Ortsjubiläum geschenkt. Meist gibt es zu solchen Jahrestagen einen Festakt. Was ist das Besondere an dem Projekt gewesen? Das Stationentheater war sicherlich einmalig und außergewöhnlich. Und es ist, wie die RHEINPFALZ schon geschrieben hat: ein großartiges Geschenk zum Jubiläum von den Lambsheimern für die Lambsheimer. Ein echtes Bürgerprojekt, bei dem der Ort im Mittelpunkt steht. Die Szenen sind individuell und persönlich geworden und reichen bis in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Viele im Publikum fanden die Geschichten an- und berührend. Das stand oft im Gästebuch. Und Tränen gab es auch. Rund 200 Lambsheimer haben sich aktiv bei den „Koffergeschichten“ engagiert: als Schauspieler, hinter den Kulissen oder als Wegweiser. Waren alle von Anfang an so begeistert? Die Lambsheimer haben unglaublich gut für das Projekt motivieren und begeistern können. Genau solche Leute braucht es auch, um so ein Großprojekt zu stemmen. Viele Lambsheimer haben sich von der Begeisterung anstecken lassen, haben mitgezogen und sind eingesprungen, wenn Unterstützung notwendig war. Natürlich gab es zu Beginn auch Skepsis, ob das alles machbar sei. Aber am Ende hat die Gemeinschaft gezeigt, was man mit Begeisterungsfähigkeit und Zusammenhalt erreichen kann. Und das Publikum war ebenso begeistert wie die Mitwirkenden? Oh ja! Nach dem letzten Zeitungsbericht haben wir aufgrund der hohen Nachfrage kurzfristig beschlossen, anstatt insgesamt 25 sogar 27 Aufführungen anzubieten. Am vergangenen Wochenende waren also noch mal mehr Zuschauer da. Etwa 1800 müssen es insgesamt gewesen sein. An der Produktion waren auch Felix S. Felix und Walter Menzlaw vom Chawwerusch Theater in Herxheim beteiligt. Wie lief die Zusammenarbeit? Ohne die Profis, zu denen wir vom Theater am Türmchen seit vielen Jahren Kontakt haben, hätten wir das Projekt niemals umsetzen können. Felix S. Felix und Walter Menzlaw haben aus 130 Seiten Interviewaufzeichnungen sechs wunderbare Szenen gemacht und sie – ganz unüblich für Theaterleute – dann an uns für die Inszenierung übergeben. Es war also eine große Verantwortung, ihre Texte angemessen umzusetzen. Glücklicherweise waren sie letztlich aber sehr angetan von unseren Inszenierungen. Und zwar so sehr, dass eine Szene am 21. Oktober im Chawwerusch Theater ein weiteres Mal aufgeführt wird. Alle sechs Szenen wurden an historischen Orten aufgeführt, darunter die protestantische Kirche und das Gemeindehaus. War das für die Atmosphäre entscheidend? Gerade die drei Innenhöfe, in denen wir Szenen gespielt haben, haben unglaublich stark zur intensiven Atmosphäre der Stücke beigetragen. Für die Zuschauer waren die Szenen dort mit Sicherheit die Höhepunkte des Stationentheaters. Das nächste Ortsjubiläum steht zwar noch nicht an. Könnten Sie sich aber vorstellen, dass das Projekt in irgendeiner Weise fortgeführt wird? Denkbar wäre das grundsätzlich schon, ja. Aber: So ein Großprojekt kann man nicht einfach so jedes Jahr auf die Beine stellen. Jetzt geht es erst einmal darum, die Motivation beizubehalten, die das Projekt bei so vielen für das Theater hervorgerufen hat. Die Effekte sind da, das haben die vielen und ausschließlich positiven Rückmeldungen gezeigt. Die Menschen begeistern sich für das Theater. Im November wird eine kleine Gruppe, zu der auch ich gehöre, deshalb überlegen, wie wir das weiterführen können. Nicht mit einem Stationentheater diesen Ausmaßes, das ist klar. Aber wir werden schauen, was machbar ist. Ich bin selbst schon sehr gespannt darauf. | Interview: Anne LenhardtDOPPELTERZEILENUMBRUCH

x