Frankenthal Der Auerhahn hat keine Chance

Der Wald als Naturraum: Das Präparat einer Wildkatzenmutter mit Jungtier ist eine Leihgabe des Landauer Zoos.
Der Wald als Naturraum: Das Präparat einer Wildkatzenmutter mit Jungtier ist eine Leihgabe des Landauer Zoos.

Kann sich jemand ernsthaft vorstellen, dass der Pfälzerwald einmal nicht der Pfälzerwald war? Tatsächlich wurde das Mittelgebirge bis ins 19. Jahrhundert ganz schlicht als nördlicher Fortsatz der Vogesen geführt – bis pfälzische Forstleute 1843, vor 175 Jahren also, bei einer Tagung im Forsthaus Johanniskreuz den neuen Namen aus der Taufe hoben. Daran und an die Gründung des Naturparks Pfälzerwald vor 60 Jahren erinnert jetzt eine schöne waldgeschichtliche Ausstellung im Neustadter Stadtmuseum.

Ein Exemplar jener in Speyer gedruckten, äußerlich recht unscheinbaren Schrift, in der die Bezeichnung Pfälzerwald erstmals auftaucht, liegt gleich im Foyer des Stadtmuseums in einer Vitrine. Es wurde von Hans-Peter Ehrhart, dem Leiter der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt, zur Verfügung gestellt und ist nur eine von vielen Leihgaben aus ganz unterschiedlichen privaten und öffentlichen Quellen, die für die Schau zusammenkamen. Klar wird dabei auch, dass die Benennung für die königlich-bayerischen Forstleute damals eigentlich nur ein Nebenaspekt war, denn in erster Linie ging es ihnen darum, nachhaltige Bewirtschaftungsregeln für die ziemlich heruntergekommenen Wälder auf dem Buntsandsteingebiet der Pfalz festzulegen. Nur sollte das Kind dafür eben auch einen ordentlichen Namen haben. So richtig durchgesetzt hat sich der Begriff wohl erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, vor allem seit der Gründung des Pfälzerwaldvereins 1902. So wäre das historische Datum 1843 vermutlich auch untergegangen, wenn nicht der Revierförster Jens Bramenkamp das Team des Neustadter Stadtarchivs darauf aufmerksam gemacht hätte. Bramenkamps guten Kontakten verdankt die Ausstellung auch viele der Leihgaben – etwa jenen prachtvollen Auerhahn aus der Hohe-Loog-Hütte, der 1959 wohl als eines der letzten Exemplare seiner Art in den Neustadter Wäldern geschossen wurde. Heute ist die größte Waldhühnervogelart Deutschlands in der Pfalz ausgestorben, und die Chancen, den scheuen und anspruchsvollen Vogel je wieder anzusiedeln, gehen gegen null, so Bramenkamps Einschätzung. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass der Pfälzerwald zwar schon 1958 als drittes Gebiet in Deutschland zum Naturpark erklärt wurde und 1992 gar zum Biosphärenreservat der Unesco aufstieg, sich der Naturschutz in dem vom Menschen intensiv genutzten Waldgebiet aber immer mit den Interessen der Waldwirtschaft, der Naherholung und des Tourismus arrangieren musste. Dieses Spannungsgefüge aufzuzeigen, ist das eigentliche Anliegen der auf engstem Raum äußerst opulent, ja geradezu überbordend ausgestatteten Schau. Herausragende Exponate sind dabei sicherlich die Präparate einiger seltener Tiere, darunter ein Luchs aus dem Naturkundemuseum in Karlsruhe, eine Wildkatzenmutter mit Welpen aus dem Landauer Zoo und ein aus dem Pollichia-Museum in Bad Dürkheim stammender Ziegenmelker, eine früher besonders am Haardtrand sehr verbreitete Vogelart aus der Familie der Nachtschwalben, die heute auf der Roten Liste steht. Die Rolle des Walds als Wirtschaftsfaktor wird unter anderem durch einen Schlitten dokumentiert, mit dem noch bis in die 70er-Jahre auf abenteuerliche Weise Meterhölzer vor allem für den Bergbau im Saarland aus dem Wald abtransportiert wurden – die Waldwege waren damals noch so schlecht, dass dies die einzige Möglichkeit darstellte. Auch das Modell eines Holzkohlenmeilers, das der Hambacher Küfermeister Werner Meisel gefertigt hat, erinnert an Arbeits- und Wirtschaftsformen, die man sich heute im Grunde nicht mehr vorstellen kann. Sehr großen Raum nimmt die touristische Nutzung des Walds ein. Historische Exponate und Dokumente wie alte Reiseführer, Fotoapparate, Ferngläser, Wanderstöcke, Postkarten und Fotografien laden ein zu einer nostalgischen Reise in die Vergangenheit. Sehr großzügig mit Leihgaben zeigten sich der Pfälzerwaldverein und dessen Neustadter Ortsgruppen, die unter anderem von Künstlern wie Heinrich Strieffler, Hanns Fay, Max Slevogt oder August Croissant gestaltete Mitgliedsausweise aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zur Verfügung stellten. Ältestes Exemplar ist ein Wanderbüchlein von 1907 der Ortsgruppe Gimmeldingen. Historische und moderne Wanderkleidung, eine geologische Schausammlung des Neustadter Diplom-Geografen Klaus Hünerfauth und viele großformatige Tafeln zu Themen wie Natur- und Kulturdenkmälern, Sagen und Legenden oder den Hauptbaumarten der Region ergänzen das bunte Bild. Dabei ist auch zu erfahren, dass die in diesem Jahr als Baum des Jahres gefeierte Edelkastanie in jüngster Zeit enorm unter eingeschleppten Schädlingen wie dem Rindenkrebs und der Japanischen Gallwespe zu leiden hat. Man sollte also etwas Zeit mitbringen, um die vielen Informationen auf sich wirken lassen zu können. Termine Die Ausstellung „175 Jahre Pfälzerwald – 60 Jahre Naturpark“ wird am Sonntag, 27. Mai, um 11 Uhr im Neustadter Stadtmuseum in der Villa Böhm eröffnet und ist bis zum 14. Oktober immer mittwochs und freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 11 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr zu sehen. Im Rahmenprogramm wird Jens Bramenkamp am 31. Juli um 17 Uhr im Stadtmuseum einen Vortrag zum Alltag eines Revierförsters halten. Weiterhin bietet er eine Rundwanderung im Stadtwald an, die am 4. September um 14 Uhr beginnt. Weitere Infos bei der Museumsverwaltung, Telefon 06321 855540.

Der Wald als Wirtschaftsfaktor: Modell eines Holzkohlenmeilers, wie man ihn früher häufig im Pfälzerwald finden konnte.
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Der Wald als Erholungsraum: Outdoor-Mode im Wandel.
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