Frankenthal „Bildstarke Umsetzung“

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»Siegfrieds Erben«, hier eine Szene mit Jürgen Prochnow (Etzel), Linn Reusse (Swanhild, links) und Pheline Roggan (Schamanin), ist klassisch inszeniert, findet die Mainzer Theaterwissenschaftlerin Hanna Voss.

Um individuelle Erwartungen, Gedanken und Eindrücke zum neuen Stück „Siegfrieds Erben“ sollte es am Freitagabend beim ersten Werkstattgespräch der diesjährigen Nibelungen-Festspiele gehen. Doch die Resonanz war enttäuschend. Nur zwei Interessenten fanden den Weg ins Wormser Heylshofschlösschen. Und die hatten die Inszenierung von Roger Vontobel noch nicht einmal gesehen.

Petra Simon, künstlerische und technische Betriebsdirektorin der Festspiele, konnte dem Flop durchaus auch eine positive Seite abgewinnen. Es bestehe wohl kein Erklärungsbedarf. „Viele suchen nicht das Gespräch, weil das Stück gut verständlich ist.“ Dies sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen. Bei den Stücken „Gold“ und „Glut“ von Albert Ostermaier hätten die Besucher mehr Erläuterungen gebraucht. Allerdings: Zu einem Werkstattgespräch des Freundeskreises der Festspiele hätten sich 70 Personen angemeldet, merkte Simon zur Ehrenrettung an. Theaterwissenschaftlerin Hanna Voss von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, die in Kooperation mit der Festspielleitung seit drei Jahren ein Projekt betreut und im Sommersemester ein Seminar zum Thema „Siegfrieds Erben und ihr Publikum“ angeboten hatte (wir berichteten am 19. Juli), machte das Beste aus der Situation und informierte über die noch laufende inhaltliche Befragung der Zuschauer. Für die 15-Minuten-Interviews nach den Vorstellungen seien acht Studierende ihres Instituts im Einsatz. Über Ergebnisse konnte Hanna Voss freilich noch keine konkrete Aussage treffen. Nur so viel: Es gebe unterschiedliche Zuschauertypen. „Die einen haben nichts verstanden, die anderen fanden es super“, sagte Voss. Und dann seien da noch die sehr kritischen Zuschauer, die alles hinterfragten. Ihr Eindruck: Die Festspiele hätten im Laufe der Jahre die Figuren der Nibelungen sehr stark geformt. Und wie sieht Hanna Voss das aktuelle Stück? Mit dem Text von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel habe sie sich eingehend befasst und dabei viele Parallelen zur mittelhochdeutschen Nibelungenklage entdeckt. Auch seien den Schauspielern Hebbel-Zitate in den Mund gelegt worden. Für sie sei Burkhardt, der Sohn von Brunhild, die spannendste Figur des Stücks. Die Theaterwissenschaftlerin sprach von einem klassischen Inszenierungsstil mit realistisch-psychologischen Elementen. „Von der Machart her ist es nicht besonders kompliziert“, meinte Hanna Voss. Bei einer inhaltlichen Bewertung gab sie sich jedoch betont zurückhaltend. Sie finde es spannend, was aus dem historischen Stoff der Nibelungen gemacht und wie er bildstark mit viel Feuer und Nebel umgesetzt werde. Ideal sei auch, dass der Dom als Burgunderhof einbezogen werde und Live-Kameras „als nächste Ebene“ zum Einsatz kämen. Schließlich spielt für Voss auch die Musik eine ganz wichtige Rolle. Sie werde – wie bei Richard Wagner – teilweise leitmotivisch verwendet. Was erwartet die Besucher der Nibelungen-Festspiele im kommenden Jahr? Gezeigt werde ein Stück mit dem Arbeitstitel „Überwältigung“ des Bonner Dramatikers Thomas Melle, informierte Petra Simon auf RHEINPFALZ-Nachfrage. Regie wird die 1984 in Hamburg geborene Lilja Rupprecht führen. Thematisiert werde der Einfluss der Götter auf das menschliche Machtstreben von Burgunder-Königen und Hagen, kündigte Simon an. Mehr wollte die Betriebsdirektorin noch nicht verraten.

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