Frankenthal Bach von der heiteren Seite

Witz und Unterhaltung und Johann Sebastian Bach? – Ja, das passt zusammen, wie diese Aufführung der Bauernkantate im Café Kempf in Dirmstein gezeigt hat. Das Buxtehude Ensemble unter der Leitung von Ingo Dressler sang und spielte das heitere Stück, das zum Geburtstag eines hohen Beamten entstanden war. Dirigent Dressler und sein Ensemble gaben auch eine amüsante Einführung in das Werk.

Der Kulturverein St. Michael hatte nicht wie sonst ins Sturmfeder’sche Schloss geladen, sondern in den Luitpoldsaal des benachbarten Cafés. Dort gab es am Sonntagmittag Kaffee, Kuchen und Kultur – vor allem aber beste Unterhaltung. Das Werk selbst hat der Komponist als „Cantate burlesque“ bezeichnet, da ist schon abzusehen, dass es nicht todernst zugeht. Vermutlich hat Bachs Textdichter Christian Friedrich Henrici, genannt Picander, den Meister gebeten, den humorvollen Text zu vertonen. Picander hat zu vielen Bach-Kantaten die Texte geschrieben. Anlass dieser Kantate war der 36. Geburtstag von Carl Heinrich von Dieskau, der als kurfürstlicher Kammerherr auf dem Rittergut Kleinzschocher nahe Leipzig lebte. Picander hat nun die üblichen Glückwünsche und Lobpreisungen der untergebenen Bauern in Texte gefasst. Dabei erlaubte er sich ein paar Seitenhiebe auf weitere Personen im Umkreis des Kammerherren, wie etwa den Pfarrer und den Steuereinnehmer. Ensemblechef Dressler hatte nun die hervorragende Idee, die Einführung schon als Aufführung, nämlich als Prolog, zu gestalten. Er erklärte den Anlass und zeigte an Beispielen, wie Bach die Musik schrieb. Trotz einfacher Themen und Tanzrhythmen hat der Komponist sich auch hier exquisite Musik ausgedacht. Vorgestellt wurden auch die Sänger, die Sopranistinnen Christiane Geissler und Ina Kuhlmann, sowie Bassbariton Thomas Herberich, der in Dirmstein lebt. Das Vorspiel selbst hat komödiantische Züge. Die Sängerinnen zicken, der Bass will den Text ändern, und schließlich meldet sich eine Frau aus dem Publikum, die „zufällig“ eine Geige dabei hat und mitfiedeln will. Aber natürlich gehörte Violinistin Melanie Lorenz ebenso zum Ensemble wie Sylvia Würtz (Geige), Martina Fuhrmann (Viola), Kyra Schilling (Cello), Georg Hertrampf (Bass), Gerhilde Zuck (Flöte) und Harald Weidner, Cembalo. Und Julian Haller stand mit seinem Horn hinter der Theke des Cafés. Das Vorspiel hat nicht nur das Publikum gut unterhalten, sondern auch bestens auf die folgende Kantate vorbereitet. Bei dem Stück über den Steuereintreiber, der die Bauern schröpft, wie eine gefräßige Raupe jedes Blatt bis zum Stumpf verputzt, zeigte Herberich ein Foto von Finanzminister Schäuble. „Dein Wachstum sei feste und lache vor Lust!“ sang der Bass und zeigte Aktien-Charts mit einem Foto der Kanzlerin. Musikalisch und stimmlich war die Kantate ganz vorzüglich umgesetzt. Der humorvolle Umgang mit dem Werk machte den Akteuren spürbar Spaß, da sprang der Funke auch auf das Publikum über. Die Zuhörer sangen mit, als zum guten Schluss die Bauersleut’ Richtung Kneipe ziehen: „Wir gehn nun, wo der Dudelsack in unserer Schänke brummt!“ Die Begeisterung war groß, Ensemble und Publikum stimmten das gleich noch einmal an. Die Idee, Bach einmal von der heiteren Seite zu zeigen und dafür einen entsprechenden Rahmen zu schaffen, war rundum gelungen umgesetzt. Jetzt warten wir gespannt auf die hoffentlich folgende nächste Kantate, die sogar noch besser in ein Café passt: Die berühmte Kaffeekantate, die in einem Kaffeehaus uraufgeführt wurde, ist ganz und gar dem Kaffeetrinken gewidmet und ebenfalls recht amüsant. (ghx)

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