Bad Dürkheim Rettet den Arbeiterverein!

In den Niederungen der Szene kann Fußball ganz schön wehtun. Vom Glanz einer Bundesligapartie oder einer EM-Eröffnung kommt in der Kreisklasse meist nicht viel an, liebe Leserinnen und Leser. Der im Jahr 1911 gegründete SV Bad Dürkheim bekommt das gerade mit voller Wucht zu spüren. Wenn man ehrlich ist, geht es nun um keine andere Frage als diejenige, ob man den Verein „sterben“ lässt oder nicht. Eine alte Weisheit der Dakota-Indianer sagt: „Wenn ein Pferd totgeritten ist, dann steig ab.“ Tatsächlich müssen sich die Personen, die derzeit versuchen, den Arbeiterverein zu retten, vorkommen wie die letzten Mohikaner. Ein im Höchstfall neunköpfiges Team um den amtierenden Vorsitzenden Kersten Dietrich und den ehemaligen Vorsitzenden Stefan Uhrig versucht zu retten, was zu retten ist – mit Grill- und Schlachtfesten, die mit Fußball nachweislich nicht mehr viel zu tun haben. Auch wenn sich das alles nicht besonders gut anhört, liegt genau darin eine Chance. Sehen wir die Sache mal positiv: Fußball ist ein geiler Sport mit einer unvorstellbaren Integrationskraft. Der SV 1911 hat ein Vereinsheim, es gibt einen wunderbar daliegenden Sportplatz. Es gibt Kabinen und Duschen – und es gibt keine Hindernisse, das alles auch nutzen zu können. Selten in der Dürkheimer Geschichte war es für Leute, die sich einig sind, einfacher, einen kompletten Verein zu übernehmen und ihn mit neuem Leben zu füllen. Fast erinnert die Situation etwas an den Zustand der lokalen Berliner FDP Ende der 90er Jahre, als massenhaft Studenten in die Partei eintraten, um sie von innen zu reformieren und eigene Forderungen im Bildungsbereich durchzusetzen. Wie die FDP damals, so ist der SV 1911 heute nicht mehr als die übriggebliebene Hülle eines einst stolzen Vereins. Nun gibt es in Bad Dürkheim nicht massenhaft Studenten, aber was eine unabhängige Initiative bewirken kann, wurde nicht zuletzt im Vorfeld der Wahl Christoph Gloggers zum Dürkheimer Bürgermeister offensichtlich. Es braucht etwas Mut, und es braucht Gleichgesinnte. Es braucht kluge Köpfe und ein gutes Netzwerk. Es braucht Fußballbegeisterung, und es braucht Geduld. Wenn der Traditionsverein SV 1911 noch eine Zukunft haben soll, dann geht es nur mit innovativer Kraft und einer dezidierten Konzentration auf den Jugendfußball. In der Vergangenheit war bei Fußballvereinen immer die 1. Mannschaft das Aushängeschild, vielleicht beginnen sich auch hier die Zeiten zu wandeln. Alle reden doch immer von Nachhaltigkeit. Auch eine Top-Jugendarbeit kann viel Applaus und Zuschauer bringen. Obendrein sieht man das Geld, das man investiert, und es verschwindet nicht in Taschen von Amateurkickern, die sich jährlich denjenigen Verein aussuchen, in dem die Punktprämie möglicherweise noch zehn Euro höher ausfällt als beim Vorgängerverein. Auch das gab es beim SV 1911. Viele Clubs in der Umgebung machen es heute vor und bieten neben Fußballtraining beispielsweise eine Hausaufgabenbetreuung, Bewerbungshilfen oder andere soziale Unterstützung an. Das unweit vom Vereinsgelände gelegene Mehrgenerationenhaus könnte zu einem Kooperationspartner werden. Auch wenn diese Gedanken bruchstückhaft sind, will man Kersten Dietrich, Stefan Uhrig und Heinz Koppenhöfer nicht zu nahe treten, denn sie alle haben sich große Verdienste um den SV 1911 erworben. Sie waren da – in guten und in schlechten Tagen. Sie waren zu ihrer Zeit die richtigen Personen. Sie sind es immer noch und sie stemmen sich mit braver Arbeit und mit aller Macht, die ihnen obliegt, gegen eine drohende Insolvenz. Koppenhöfer sagte es beim Treffen vor einigen Tagen aber selbst: „Eigentlich bin ich zu alt dafür.“ Man kann sich vorstellen, dass sie sogar gerne beiseite träten, wenn sich Menschen fänden, die den Verein in seiner Grundstruktur erneuern. Gerade der Stadtsportverband, der sich immer noch zu häufig mit seiner Existenzberechtigung auseinandersetzt, wäre jetzt gefordert, seine solidarische Hand auszustrecken und dem Club in seiner Agonie zu helfen – auch wenn der SV 1911 bisher nicht Mitglied im Verband ist. Die Alternative wäre, dass der Verein stirbt und mit ihm Hunderte von Geschichten und Erinnerungen kleiner und großer Kicker. Ein EM-Wochenende mit schönen Fußballgeschichten wünscht Ihnen

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