Bad Dürkheim Programmis, nur keine Promis

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Wer sich am Kiosk nach einem Magazin umguckt, hat gute Chancen beim Stöbern ein Produkt aus dem Hause „Blattgold“ in den Händen zu halten. So heißt das Redaktionsbüro, dem Katrin und Georg Tempel vorstehen. Mit seinen freien Mitarbeitern erstellt das Ehepaar für große Verlage wie Burda oder Funke Landmagazine, Rezepthefte oder Programmzeitschriften. Seit Anfang des Jahres haben sie neben dem Hauptsitz in München jetzt eine Nebenstelle in ihrem Wohnort Bad Dürkheim.

Blonde Frau mit tiefem Ausschnitt auf blauem Grund. So sieht die Titelseite einer Fernsehzeitschrift aus – immer. Wer etwas anderes versucht, wird scheitern, weiß Katrin Tempel, die wie ihr Mann viele Fernsehzeitschriften entwickelt, überarbeitet oder gestaltet hat. „Programmis“ nennt sie liebevoll die Hefte, die sich trotz Programm-Apps und Rückgang beim Fernsehkonsum immer noch gut verkaufen lassen. Auch dank der „freundlich-harmlosen“ Damen auf dem Cover. Sylvie Meis verkaufe sich gut, berichtet Tempel, oder auch Valerie Niehaus. Die beiden müssen es wissen: 2005 haben die Tempels mit Geschäftsführerkollege Peter Scheerer das Büro „Blattgold“ gegründet. Dabei liefern sie im Auftrag der Verlage alles vom Konzept bis zum fertigen Produkt. Seit Jahresanfang haben sie neben dem Münchner Büro einen Zweitsitz hier in der Schillerstraße. So haben sie nun auch räumlich die Arbeit für ihre beiden großen Auftraggeber – Burda und Funke – getrennt. In Bad Dürkheim werden hauptsächlich die Burda-Produkte wie „Land Edition“ betreut, in München entstehen die Hefte für die Funke-Mediengruppe. Etwa sechs Leute haben hier Platz, zum Beispiel die Volontärin, die gerade ausgebildet wird. Dürkheim soll in den nächsten ein bis zwei Jahren zum Hauptsitz der GmbH werden, sagt Georg Tempel. Das Büro am Münchner Rindermarkt wird dann zum Nebensitz. Schon vor dem Einrichten des Büros in Bad Dürkheim hat die Kurstadt eine Rolle in den Magazinen des Ehepaars gespielt. Taucht doch immer wieder ein Dürkheimer in den Heften auf. „Die Kreativszene vor Ort ist groß, warum soll ich die nicht nutzen?“, fragt der 59-Jährige. Und so finden sich auch mal Sensoriker Steffen Michler als Weinexperte oder „Alte Schmelz“-Inhaber Thorsten Brand als „Heimatkoch“ in den Blättern. Bestens kennen sich die beiden in Bad Dürkheim ohnehin aus: Georg Tempel ist echter „Derkemer“, Nachfahre der Opitz-Familie, die in Dürkheim eine Kaffeefabrik mitbetrieben hat. Seine aus München stammende Frau hat diese Familiengeschichte im vergangenen Jahr sehr erfolgreich in einen Roman verwandelt. Essen, Dekorieren, Landleben – das sind die Schwerpunkte beim Verlag. Und die „Programmis“ genannten Fernsehzeitungen. Auch wenn aktuell keine bei den etwa zehn betreuten Magazinen dabei ist. Daneben wird ein Comic produziert, und wenn ein Verlag Sticker zu den Zeitschriften anbieten möchte, kann er die von den Tempels ebenfalls gestalten lassen. Grundsätzlich machten sie alles, sagt Katrin Tempel, nur „nix mit Promis“. Wer von „Blattgold“ eine neues Magazin vom Konzept bis zur fertigen Ausgabe haben will, zahlt laut den Tempels zwischen 20.000 und 40.000 Euro – je nach Aufwand. Dass die großen Verlage nicht mehr selbst fertigen, sondern die Büros „outsourcen“, sei für diese einfach rentabler, so die Tempels. Die Verlage sparen Lohn- und Nebenkosten und tragen ein geringeres Risiko, sollte das neue Heft kein Erfolg werden. „Blattgold“ arbeitet mit selbstständigen Redakteuren, Grafikern und Zeichnern, die ihre Dienste zwischen verschiedenen Auftraggebern verteilen, um breit aufgestellt zu sein. 30 bis 40 Personen sind für sie tätig, viele waren vorher fest bei Verlagen. Sie hätten sich dann aber meist bewusst für die Selbstständigkeit und mehr Freiheit entschieden. So sei eben auch mal „Yoga von elf bis eins“ drin, bringt es die 48-Jährige auf den Punkt. Wann gearbeitet wird, entscheidet da jeder selbst. Einen ähnlichen Weg wie ihre Mitarbeiter sind Georg und Katrin Tempel auch gegangen. Von der Festanstellung in Führungsverantwortung in Verlagen – er bei Ehapa, sie bei „Gong“ – haben sie sich mit „Blattgold“ unabhängig gemacht. Das heißt zwar, dass die Wahl immer auf einen „Urlaubsort mit Internetanschluss“ fallen muss, da man als Selbstständiger eben nie so ganz abschalten, sonst aber sein eigener Chef sein kann. Auch wenn ein bisschen Abhängigkeit geblieben ist: 16 Tage im Monat ist Katrin Tempel als Chefredakteurin fürs erfolgreiche Magazin „LandIdee“ „ausgeliehen“, das alle zwei Monate rund 300.000 Mal über die Ladentheke geht und ein eigenes festangestelltes Redaktionsteam beim herausgebenden Münchner Verlag hat. Sind noch Wünsche offen? Gerne hätte Georg Tempel eine angedachte Zeitschrift für modebewusste Frauen mit Kleidergröße 42 und mehr gemacht, leider habe sich der Verlag dann aber doch nicht recht an das Thema herangewagt. Dabei wäre das die Chance gewesen, mal Cover der anderen Art zu gestalten: Die klassischen „Programmi“-Damen würden es da nur über eine eiserne Kohlenhydraternährung aufs Titelblatt schaffen ...

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