Bad Dürkheim „Krawatte muss nicht sein“

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„Der schafft was.“ Wenn Jürgen Oberholz das sagt, dann macht er jemandem das größte Kompliment. Denn der 46-Jährige unterscheidet genau zwischen Leuten, die nur so tun, als würden sie was leisten und solchen, die wirklich anpacken. Letztere genießen bei ihm größten Respekt. Natürlich versucht der Freinsheimer unentwegt, diesem Anspruch auch selbst gerecht zu werden. Also schafft er eben was. Im Moment hat er diverse Jobs, die ihm die Gelegenheit bieten, als Hansdampf in allen Gassen herumzuwirbeln. Als Erster Beigeordneter führt er die Amtsgeschäfte des in Rente gegangenen Verbandsbürgermeisters Wolfgang Quante (SPD) und ist außerdem zuständig für Tourismus, Wirtschaft und für die VG-Werke. Natürlich ist er auch Stadtbürgermeister von Freinsheim (seit sechs Jahren), bestellt das heimische sechs Hektar große Feld mit Wein und Obst, kümmert sich um den Verkaufsstand der eigenen Produkte auf Märkten und ist außerdem noch Zugführer bei der Freinsheimer Feuerwehr. Zeit für Wahlkampf hat er da eigentlich nicht. Außerdem kann er sich derzeit nicht persönlich um den Verkauf an seinem Marktstand in Mannheim kümmern, hilft nur beim Auf- und Abbau, was er sehr bedauert. „Ich mach’ das gern, die schönen Produkte aus der Heimat zu präsentieren. Natürlich habe ich auch immer ein paar Werbeprospekte von der Verbandsgemeinde dabei.“ Schon der Opa habe immer gesagt: „Du musst das Obst immer auf die Sonnenseite legen.“ Dass zu einem erfolgreichen Verkauf auch ein guter Anpreiser hinzukommen muss, ist für Oberholz, der leicht mit Leuten ins Gespräch kommen kann, selbstverständlich. Dies hilft ihm auch in der Politik. Da muss er politische Entscheidungen auf die Sonnenseite legen, damit sie Anklang finden. „Notfalls trage ich auch Sakko und Hemd. Die Krawatte muss nicht sein“, meint er. Große Versprechungen versuche er im Wahlkampf zu vermeiden. „Man muss ja alles später einhalten können.“ Während die Kandidatur zur Wahl des Stadtbürgermeisters in Freinsheim für Oberholz nicht gleich auf der Hand lag, musste er nicht lange überlegen, für das Amt des Verbandsbürgermeisters zu kandidieren. „Diese politischen Aufgaben muss man hauptamtlich ausüben, also zu 100 Prozent machen und nicht ehrenamtlich so nebenbei. Das funktioniert nicht“, meint er. Wobei es auffällt, dass Oberholz als Beigeordneter keine Unterscheidungen mehr macht zwischen ihm und der Verwaltung – das Wörtchen „wir“ benutzt er stattdessen und fühlt sich deshalb selbst angegriffen, wenn die Verwaltung kritisiert wird. „Ich habe schon seit meinem Amtsantritt als Freinsheimer Bürgermeister ein enges Verhältnis mit der Verwaltung gepflegt“, betont er. Dass er sein Amt als Stadtbürgermeister aufgeben werde, falls er die Wahl gewinnt, hat auch mit seinem Anspruch auf hundertprozentigen Einsatz zu tun. Seit dem Ruhestandsantritt von Wolfgang Quante ist auch der Sozialbereich in Oberholz’ Zuständigkeitsbereich hinzugekommen – mit ihm die ganze Problematik der Unterkunftssuche für Flüchtlinge. „Wir schaffen das“, lautet immer noch seine Devise und auch bei Kritikern wird er nicht müde dafür zu werben, „den armen Leuten“ doch helfen zu müssen. Wobei er das persönliche Gespräch einem bürokratischen Schriftwechsel den Vorzug gibt: „Da erreicht man mehr.“ Oder auf Pfälzisch ausgedrückt: „Man muss mit de Leit redde.“ Damit die Abläufe im eigenen Mandelhof im Holzweg funktionieren, kümmert sich seine Frau Romy um den Verkauf, für die diversen Markstände gibt es weitere Helfer. Zu Hause in der Wenjenstraße schmeißt Mutter Marianne Oberholz den Laden. „Ich koche das Mittagessen für alle“, sagt die 79-Jährige, die in einem Anbau im Oberholz`schen Anwesen wohnt. Im Januar wird sie 80 und feiert natürlich an einem Wahlsonntag. Das Wohnhaus, in dem Oberholz mit seiner ein Jahr jüngeren Frau Romy sowie den drei Kindern Lena (16), Jan (14) und Meike (12) wohnt, gehörte schon dem Opa. Das alte Anwesen hat er modernisiert und den Anbau neu gemacht. „Ich habe eine große Familie, da hat man viele Helfer“, erklärt Oberholz, der drei größere Schwestern hat. Dass er nicht nur in der Stadt Freinsheim, sondern in der ganzen Verbandsgemeinde seine Wurzeln hat und Freundschaften pflegt, betont er gerne. „Meine Frau ist eine geborene Hempel aus Dackenheim und in Weisenheim am Sand hab’ ich meinen Abschlussball gemacht.“ Trotzdem ist Oberholz natürlich ein Freinsheimer Name, alle Oberhölzer dort sind auch irgendwie miteinander verwandt, seine Familie am nächsten mit dem Zweig der gleichnamigen Baumschule, erklärt er. Seine Freizeit verbringt Oberholz am liebsten bei der Feuerwehr oder mit der Familie oder mit beiden zusammen. So erinnert er sich gerne an Geburtstagsfeiern, die sich in Feuerwehr-Übungen verwandelten, weil ein „Brand“ bei den Nachbarn gelöscht werden musste. Sowieso verbindet der gelernte Winzer fast zwangsläufig private Ereignisse mit Feuerwehr-Einsätzen. So habe er gerade das Dach neu gedeckt, als die Schreinerei Brückmann abgebrannt sei und die Freinsheimer Feuerwehr einen ihrer größten Einsätze hatte. In welchem Jahr er seine Frau geheiratet hat, fällt ihm spontan nicht ein. Vielleicht zum Glück. Ein Einsatz kam dann wohl nicht dazwischen. TERMIN FORUM RHEINPFALZ-Podiumsdiskussion mit den vier Kandidaten zur Verbandsbürgermeisterwahl Jürgen Menge (SPD), Jürgen Oberholz (FWG), Elke Schanzenbächer (CDU) und Silvia Schmitz-Görtler (Grüne) am Donnerstag, 7. Januar, 19 Uhr, in der Turnhalle Kallstadt.

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