Bad Dürkheim „Die Menschen sind gestresster“

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Seoul, die südkoreanische Hauptstadt, prangt auf einem Poster an der Zimmertür. Das Tradition und Moderne vereinende Poster gehört Luisa Biebingers jüngerer Schwester, die ihr damit Appetit machte auf ein ganz besonderes Abenteuer. Denn Luisa Biebinger kam am 12. April aus Südkorea zurück, wo sie sieben Monate verbrachte.

Die 20-Jährige erzählt mit einem gewinnenden Lächeln und freudestrahlenden braunen Augen von der Reise, die Spuren in ihrem Leben hinterließ. Für Luisa Biebinger stand schon immer fest, dass sie nach dem Abitur ins Ausland will. „Ich habe mich schon immer für Asien interessiert, wollte aber eigentlich nach Japan“, erzählt sie. Ihr Vater, der Dürkheimer Pfarrer Frank Biebinger, vermittelte sie an Pfarrerin Marianne Wagner, die sie für ein Auswahlverfahren der EMS (Evangelische Mission in Solidarität) motivierte. Bei einem Seminar schwärmte ein FSJler so sehr von Korea, dass Biebinger alles daransetzte, dorthin zu kommen. So landete sie bei der PCK, der Presbyterianischen Kirche in Korea, mit der die Evangelische Kirche der Pfalz seit den 1980er Jahren Beziehungen unterhält. Im Jahr 2000 wurde eine Partnerschaftsvereinbarung unterzeichnet, aufgrund derer Biebinger sechs Monate in einem der größten Kirchenbezirke Seouls, dem Young-Deung-Po-Presbytery, leben konnte. Danach reiste sie noch einen Monat mit Vater, Schwester und einer Freundin durch Korea und nach Japan; auch Taiwan besuchte sie. Um sich vorzubereiten, lernte sie in Deutschland ein wenig Koreanisch, um die Grundbegriffe zu beherrschen. Als Luisa dann aber in Seoul ankam, habe sie sich „erst mal zwei Wochen nicht aus dem Haus getraut“, weil sie die Sprache nicht beherrschte. Ihr half, dass sie einen Intensivkurs Koreanisch besuchte und die ersten vier Monate mit einer Koreanerin und ihren Mitarbeitern zusammenlebte, mit denen sie auch unterwegs war und viele Leute kennenlernte. Daneben arbeitete sie in einer Obdachlosenküche, bevor sie für zwei Monate in einem Kindergarten für Migrantenkinder tätig war. Im Anschluss wechselte sie für knapp eineinhalb Monate zu einer Hilfsorganisation der UIM (Urban Industrial Mission), einer Partnerkirche der PCK. Dort übernahm sie Bürotätigkeiten, verteilte Essen an Obdachlose und stand mit Theologiestudenten illegal entlassenen Arbeitern bei. Die Zeit in Korea empfand sie als sehr interessant und lehrreich, da sie so viel über die Menschen und das Land lernen konnte. „Die Menschen sind gestresster“, erzählt sie nachdenklich und verliert dabei sogar kurz ihr Lächeln. Selbst Schüler stünden unter Druck, erfolgreiche Arbeiter zu werden. Viele arbeiteten sonntags, Schlafmangel sei ein großes Problem. So habe sie auch das Leben und das Sozialversicherungssystem in Deutschland neu zu schätzen gelernt, wenngleich auch Südkorea seine Vorzüge habe. Die Menschen an sich seien zwar „sehr nett und lebensfreudig, aber auch oft sehr laut und energisch“ und „nicht immer ganz so zurückhaltend“, wie es im Klischee über Asien immer heiße, erzählt sie. Vor allem seien sie sehr unorganisiert. Heute lache sie darüber, aber manchmal sei es ihr schwer gefallen, das zu akzeptieren: So habe sie beispielsweise nur durch Zufall erfahren, dass sie aus ihrer ersten Wohnung ausziehen musste: Sie fragte ihre Mitbewohnerin, wer die älteren Damen seien, die immer wieder in die Wohnung kamen. Sie habe jedoch, nicht zuletzt durch die Spontaneität, viel erlebt und viele Menschen aus der ganzen Welt sowie zwei FSJlerinnen aus Norddeutschland kennengelernt, mit denen sie viel Spaß hatte. Heimweh war aber dennoch ein Thema, sie habe oft telefoniert. „Ich weiß nicht, was ich ohne Technologie gemacht hätte“, schwärmt sie von den Vorzügen der Technik, zu denen sie auch ein Übersetzungsprogramm auf dem Smartphone zählt. Besonders gefallen hat ihr die große Sicherheit, die auch ihre Eltern zu Hause beruhigte. Außerdem sei das Land sehr gegensätzlich. Gerne verbrachte sie auch Zeit auf der Insel Jeju, der größten Insel Südkoreas. Beeindruckend fand Luisa dabei den Unterschied zwischen den traditionellen Gebäuden in alten Dörfern und der Modernität der Städte. Und das vielfältige Essen hat es Luisa angetan, besonders Tteokbokki (Reisküchlein in Fischsoße). „Es war generell eine ganz tolle Erfahrung, wie viele ausländische Freunde man dort gewinnen kann“, freut sie sich, „so eine Reise kann ich jedem nur empfehlen!“

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