Bad Dürkheim Das Leben nach der Sintflut

Zwischen grauem Alltag und grandioser Vision bewegt sich die neue Inszenierung „Comeback für Noah“ des Theaders Freinsheim. Nach der gleichnamigen Komödie von Thomas Rau wurde das Stück im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz unter dem Motto „Helden und Legenden“ inszeniert. Bei der Premiere am Freitag im Casinoturm beeindruckte Olaf Peters in der Titelrolle.

Nichtstun ist für alte Helden schwer zu ertragen. Die Sintflut ist vorbei, aber wie lebt Noah ohne sie? Eben dieses Dilemma führt Peters als Noah den Besuchern im Theader vor Augen: Als der Erbauer der Arche in biblischen Zeiten seine besten 40 Tage erlebte, da war er raus aus dem täglichen Trott. Doch außer seiner Familie und den Tieren hatte er noch etwas typisch Irdisches mit im Boot: die Vergänglichkeit von Angelegenheiten wie Ruhm und Heldentum. Fast hautnah erlebt das Publikum im Casinoturm, was das Ende der großen Flut für Noah bedeutet: fade Ebbe, flaches Einerlei. Die Regie von Anja Kleinhans macht die Zuschauer indes zu einer Art Gesprächspartner, zum Zeugen all dessen, was der Held in seinem Hobbykeller nach getaner Arbeit an Belanglosigkeiten erdulden muss. Dabei wirkt Schauspieler Olaf Peters ansprechend differenziert. Der Theatermacher und Leiter des Ludwigshafener DBZ-Theaterkellers gibt dem Hauptakteur der Sintflut wechselnde Gesichter. Er zeigt ihn als stolzen Seemann mit Oberwasser, dann als zärtlichen Liebhaber seiner Modell-Arche oder aber als mürrischen Ehemann im immer gleichen, zermürbenden Zwist mit seiner Frau. Wo er einst entschlossen voran schipperte, dümpelt er nun im seichten Fahrwasser dahin. Wo er in fescher Kluft und umsprüht von Gischt Kommandos gab, steckt er jetzt in laschen Freizeitklamotten und fügt sich der launischen Gattin. Noahs Leben gewinnt nur an Fahrt, wenn er sich aus Routine und Reihenhaus hinaus träumt. Die Brüche zwischen der äußeren und subjektiven Wirklichkeit sind besonders gelungene Bühnenmomente, witzig und hintergründig zugleich. Imagination und Ernüchterung wechseln sich ab, und mitunter lässt Peters seinen Noah die Erinnerungen regelrecht hinausbrüllen, bevor er wieder aufs Sofa sinkt. Vielleicht weil er diesen Noah so greifbar als Narr, Schelm und traurige Figur spielt, fällt es nicht schwer, ihm in seine Fantasterei zu folgen. Man sieht, wie sorgfältig er seine geheimen Schätze verwahrt. Neben dem Arche-Modell, seinem „unsinkbaren Liebling“, ist dies „Das große Buch vom Innenausbau“, das er einer Zuschauerin schnell wieder aus der Hand nimmt. Dass er sich ein neues Outdoor-Erlebnis in den Dimensionen von damals herbei sehnt, wer könnte es ihm verübeln? Dass er in dringlichen Anrufungen Gott überzeugen will, sich für die Missetaten der Menschheit erneut zu rächen, wer wollte es ihm verargen? Bis zuletzt arbeitet die Inszenierung mit Sprüngen zwischen Ernst und Witz: Noah schwärmt vom Comeback und preist seine neue Arche als „Traumschiff der guten Laune“ mit einem Bordprogramm, bei dem man lieber zuhause bleiben möchte. Aber hat man die Wahl, wenn die 40-tägige Regentour tatsächlich losgeht? Über das „göttliche“ Zeichen, an das er sich krallt, selbst wenn es sich als Wasserrohrbruch entpuppt, darf gelacht werden. Doch wenn der Mann die Bühne verlässt, von viel Beifall begleitet, darf nachgedacht werden: Was Noah letztlich aus allem macht, liegt ganz im Auge des Betrachters. termine Weitere Aufführungen sind am 3., 4., 10., 11. und 12. Juli jeweils um 20 Uhr. Um Reservierung wird gebeten, entweder unter Telefon 06353 932845 oder per E-Mail an info@theader.de.

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