Literatur-Festival Sprachkunst am Puls der Zeit: „Lesen hören“ in Mannheim

Erzählt von türkischen Griechen, anatolischer Verwurzelung und dem Leben in Deutschland: Dinçer Güçyeter.
Erzählt von türkischen Griechen, anatolischer Verwurzelung und dem Leben in Deutschland: Dinçer Güçyeter.

Viel interkultureller Austausch sichert dem 17. Mannheimer Literaturfestival gespannte Aufmerksamkeit. Iran, Russland, Ukraine und andere Länder und Kulturen geben auch bei „Lesen hören“ zu reden, zu lesen, zu denken.

Der Eröffnungsabend gehört der Ukraine – zu einem fatalen Datum. Denn das Fest für die Ukraine, mit dem Tanja Maljartschuk das Lesefest in der Feuerwache eröffnen wird, fällt auf den 24. Februar und damit auf das Datum des Einmarschs russischer Truppen in ihr Heimatland vor einem Jahr. Die Veranstalter erinnern daran, damals, zum selben Datum, schockiert und ungläubig über das Geschehen „Lesen hören“ eröffnet zu haben. Gemeinsam mit der Sängerin und Pianistin Ganna Gryniva präsentiert nun der Gast aus dem geschundenen Land die schönsten und wichtigsten Schätze der ukrainischen Literatur – nicht pietätlos dem Tag des Kriegsauftaktes gegenüber, sondern „um Kenntnis zu verbreiten über die vielfältige und alte Kultur der Ukraine“, so die Veranstalter.

Beim „Fest für die Ukraine“ am Eröffnungsabend (24.2.) dabei: Sängerin Ganna Gryniva.
Beim »Fest für die Ukraine« am Eröffnungsabend (24.2.) dabei: Sängerin Ganna Gryniva.

Interkulturelle Bücher und Dialoge

Interkulturelle Dialoge werden auch geführt, wenn der Lyriker und Romancier Dinçer Güçyeter („Unser Deutschlandmärchen“) und der Komponist und Gitarrist Marc Sinan („Gleißendes Licht“) anhand ihrer neuen Bücher über deutsch-türkisch-armenische Geschichte miteinander sprechen werden (So 26.2., 18 Uhr). Oder wenn die bekannte TV-Journalistin Golineh Atalai mit Shole Pakravan und Olaf Kühl unter dem Stichwort „Protest“ Iran und Russland zum Thema (Mi 8.3., 20 Uhr) machen wird.

Vom Buchpreis beflügelt: Kim de l’Horizon.
Vom Buchpreis beflügelt: Kim de l’Horizon.

Von Traum, Wirklichkeit und Identität

Aber natürlich gibt das Festival dem literarischen Wort auch in der Breite seiner aktuellen Präsenz Raum. Judith Hermann erzählt von Traum und Wirklichkeit (So 12.3., 12 Uhr), Arno Geiger unter dem Titel „Das wahre Leben“ von Wünschen und Taten (Mo 6.3., 20 Uhr). Angela Steidele nimmt in der Diskussion mit der Programmleiterin des Festivals, Insa Wilke, die Helden der Aufklärung unter die Lupe und Klaus-Peter Wolf in alter Ostfriesenkrimi-Manier die Verbrechen der norddeutschen Provinz (Fr 3.3., 20 Uhr). Marlene Engelhorn und Francis Seeck werden über Geld, Erbe und Umverteilung sprechen (Di 28.2., 20 Uhr), Kim de l’Horizon, jüngst mit dem Deutschen Buchpreis geadelt, die Grenzen von Identität und Geschlecht zerfließen lassen (Di 7.3., 20 Uhr).

Marion Brasch erzählt von ihrem Bruder Thomas.
Marion Brasch erzählt von ihrem Bruder Thomas.

Erinnerung an verstorbene Meister des Wortes

Erinnert wird in eigenen Veranstaltungen auch an verstorbene Meister des Wortes wie den „Verwandlungskünstler“ Wilhelm Genazino – neben anderem wird der bekannte Schauspieler Joachim Król an der „Gala“ für den großen Mannheimer mitwirken (Sa 11.3., 20 Uhr). Oder an den DDR-Dissidenten Thomas Brasch (So 5.3., 13.30 und 18 Uhr), von dem seine Schwester und Autorenkollegin Monika Brasch gemeinsam mit den Schauspieler Albert Schuch erzählen wird. Der Zufall will es überdies, dass Braschs Tochter Lena, momentan mit dem Bühnenstück „It’s Britney, Bitch!“ erfolgreich, zusammen mit ihrer Freundin Helene Hegemann („Axolotl Roadkill“), im Festival-Programm mitwirkt (Mo 27.2., 20 Uhr).

Insgesamt werden bis zum 12. März 14 Veranstaltungen für das Festival „Lesen hören“ angekündigt. Viel Lesen wird da zu hören sein, wie der Titel verspricht, aber auch viel Austausch und Diskussion um literarische Perspektiven auf die schwelenden Themen der Zeit.

„Lesen hören“ – 24.2. bis 12.3., Mannheim, Alte Feuerwache, Karten: altefeuerwache.com

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