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Haydn und Wagner sind die Titelhelden des fünften Speyerer Musikfests der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, des letzten unter Leitung von Karl-Heinz Steffens als Chefdirigent, der diese Position jetzt aufgibt. Einen optimalen Auftakt gab es jetzt mit Haydns Oratorium „Die Jahreszeiten“ in der Gedächtniskirche.

Die Konstellation Haydn-Wagner wirkt auf den ersten Blick überraschend. Haydn leuchtet freilich auf Anhieb ein: Seine Kompositionen vervollständigen nach vorangegangenen Auflagen mit Mozart, Beethoven und Schubert die Präsentation der Wiener Klassik. Mit Wagner erinnerte sich dagegen Steffens an seinen Anfang bei der Staatsphilharmonie mit dem „Ring“. „Während der vergangenen neun Jahre“, sagte der Dirigent, „ist ja der Wunsch stets präsent geblieben, wieder Wagner zu dirigieren. Neben Haydns ,Jahreszeiten` mit der Musik Wagners noch einmal einen romantischen Akzent zu setzen, war mir in der Schlussplanung ein ganz persönliches Anliegen“. Zurück zu den „Jahreszeiten“, die Steffens nach dem Konzert in einem Gespräch in geradezu schwärmerischer Begeisterung rühmte. Tatsächlich ist er sowohl zu seiner Stückwahl als auch zur Aufführung zu beglückwünschen. Was Steffens so besonders auszeichnet und ihm den Rang eines Dirigenten der unbestreitbaren Ausnahmekategorie sichert, ist seine ungemein vitale Art, mit Musik umzugehen, sein außergewöhnlich impulsiver Zugriff, gepaart mit stets präsentem Willen und äußerst ausgeprägter Fähigkeit zum Formen. In seiner Wiedergabe der „Jahreszeiten“ gab es keinen Moment Leerlauf, wirkte nichts unverbindlich, wurde jede noch so kleine Einzelheit zum spannenden Ereignis. Sofort der erste Einsatz glich fast schon einer Explosion, riss die Zuhörer gleichsam vom Stuhl, und ähnlich überwältigend wirkte der chorische und orchestrale Aufschrei beim Gewitter im „Sommer“. Wie an dieser Stelle bereits mehrfach festgestellt, wurde die Musik bei Steffens auch diesmal zur Sprache, gab es himmelhoch jauchzende Jubeltöne („Sie steigt herauf, die Sonne“ im „Sommer“) und auch düster geheimnisvolle Klänge zu vernehmen. Andererseits brachte die Wiedergabe die geniale Bildkraft von Haydns Komposition zur Geltung, ihre zahlreichen gleichsam malerischen Wirkungen oder auch erzählerische Präsenz in den rein orchestralen Abschnitten bei den Naturschilderungen. „Was wollt ihr von den Meistern mehr?“, könnte man mit Wagners Hans Sachs fragen. Die Antwort würde lauten: „keineswegs zu vergessen die ebenso flexibel und reaktionsschnell vollzogenen dynamischen Abstufungen, die plastisch und ausdrucksvoll nachvollzogenen Melodielinien, die Anmut der Naturidyllen und Genreszenen und last not least die exemplarische Klarheit der mehrstimmigen Strukturen in den Fugen. Überaus einsatzfreudig folgte die Staatsphilharmonie dem Dirigenten, agierte durchweg konzentriert, spielerisch höchst versiert, wobei den Bläsergruppen und -solisten Sonderlob gebührt. Im Solistenterzett profilierte sich Christina Landshamer durch den erlesenen, zum Niederknien schönen Klang ihres Soprans und ihre Musikalität. Markus Schäfer erwies sich als ebenso kultivierter, empfindsamer Stilist – zu Beginn allerdings mit einem Hang zu Manierismen. Franz Hawlata beeindruckte seinerseits durch deklamatorische Intensität. Über gelegentliche leicht eingepresste Töne ließ es sich weghören. Einwandfrei sang der Deutsche Kammerchor, der stellenweise allerdings vom Orchester leicht übertönt wurde.

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