Berlin Nach Äußerungen zu Gaza-Krieg: Berlinale distanziert sich von Preisträgern

Kulturstaatsministerin Claudia Roth steht wegen des Berlinale-Eklats in der Kritik.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth steht wegen des Berlinale-Eklats in der Kritik.

Die Berlinale hat sich von den Äußerungen einzelner Filmschaffender zum Krieg in Nahost bei der Preisverleihung am Samstagabend distanziert. „Die Äußerungen von Preisträger*innen sind unabhängige individuelle Meinungen. Sie geben in keiner Form die Haltung des Festivals wieder“, teilte eine Berlinale-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage mit.

„Solange sie sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegen, müssen wir sie akzeptieren“, hieß es weiter. Die Berlinale habe Verständnis dafür, dass die Äußerungen einiger Preisträgerinnen und Preisträger „als zu einseitig empfunden wurden“ - wies aber auch darauf hin, dass Meinungsäußerungen bei Kulturveranstaltungen nicht grundsätzlich verhindert werden könnten und sollten.

Antiisraelische Äußerungen während der Gala

Während der Preisverleihung am Samstagabend hatten mehrere Preisträger sich in einer Weise zum Gaza-Krieg geäußert, die für Kritik sorgte. Auffällig war nach Ansicht von Kritikern vor allem, dass viele Beteiligte auf der Bühne einseitig Vorwürfe gegen Israel erhoben, ohne den Terrorangriff der islamistischen Hamas vom 7. Oktober 2023 zu erwähnen oder eine Rückführung der israelischen Geiseln zu fordern. Lediglich die Co-Chefin der Berlinale, Mariette Rissenbeek, hatte andere Töne angeschlagen: „Wir fordern Hamas auf, die Geiseln umgehend freizulassen und wir fordern Israel dazu auf, alles erdenklich Mögliche zu tun, um die Zivilbevölkerung in Gaza zu schützen und dafür zu sorgen, dass dauerhaft Frieden in der Region wiederkehren kann.“

Der Zentralrat der Juden wies auf X (ehemals Twitter) am Sonntagabend darauf hin, dass bei der Berlinale „schon wieder eine der wichtigsten Kulturveranstaltungen in Deutschland für ideologische Hetze gegen Israel und Juden missbraucht“ wurde. Damit spielt der Zentralrat wohl auf die vergangene documenta fifteen im Jahr 2022 an, die vom Umgang mit als antisemitisch kritisierter Kunst überschattet wurde.

Viele politische Debatten

Die Berlinale war in diesem Jahr besonders stark von politischen Debatten geprägt. Bereits bei der Eröffnungsgala hatten einige Filmschaffende ein Ende der Kämpfe in Gaza zwischen Israel und der Hamas gefordert. Bei der Preisverleihung am Samstag trugen mehrere Menschen auf der Bühne Zettel mit der Aufschrift „Ceasefire Now“ (etwa: „Feuerpause jetzt“) – womit sie für ein Ende der militärischen Aktionen Israels gegen die Terrororganisation Hamas in Gaza protestierten.

Hinzu kam am Sonntag ein israelfeindlicher Beitrag auf der Instagram-Seite der Panorama-Sektion der Berlinale, der schnell wieder gelöscht wurde. Ein Redakteur der „Welt“ veröffentlichte einen Screenshot des Posts auf X. Dieser zeigte ein Foto mit dem Spruch „Free Palestine - From the River to the Sea“ („Befreie Palästina - vom Fluss bis zum Meer“). Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – dort, wo sich jetzt Israel befindet. Das Filmfestival distanzierte sich auch hiervon und gab an, Opfer eines Hackerangriffs geworden zu sein. „Dass jemand einen Berlinale Social-Media-Kanal für antisemitische Hetze missbraucht, ist unerträglich“, hieß es auf Nachfrage der dpa. Die Posts seien sofort gelöscht worden, zudem werde untersucht, wie es zu dem Vorfall habe kommen können. „Und wir haben Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Wir verurteilen diesen kriminellen Akt aufs Schärfste.“

Roth kündigt eine Untersuchung der Vorfälle an

Kulturstaatsministerin Claudia Roth eine Untersuchung der Vorfälle angekündigt. „Gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, und dem Berliner Senat, die mit uns die Verantwortung für die Berlinale tragen, werden wir nun die Vorkommnisse bei der Bärenverleihung aufarbeiten“, sagte die Grünen-Politikerin. Es solle untersucht werden, wie die Berlinale ihrem Anspruch, ein Ort für Vielfalt, unterschiedliche Perspektiven und Dialoge zu sein, gerecht geworden sei oder nicht. Dabei will Roth auch klären, „wie zukünftig sichergestellt werden kann, dass die Berlinale ein Ort ist, der frei ist von Hass, Hetze, Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jeder Form von Menschenfeindlichkeit“. Scharf kritisiert wurde Roth von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder: „Das dröhnende Schweigen von Frau Roth kann so nicht bleiben“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands vor Journalisten in München.

Söder warf Roth vor, schon zuvor bei Antisemitismusvorwürfen rund um die Documenta in Kassel geschwiegen zu haben. „Offenkundig steckt ein System dahinter“, sagte der CSU-Chef. Wenn auf offener Bühne gegen Israel gehetzt werde, müsse das geklärt werden. Es müsse auch geklärt werden, wer Zuschüsse und Steuergelder erhalte. Durch den Vorfall bekomme die deutsche Filmindustrie „einen schweren antisemitischen Schlag“.

x