Kultur Manchmal beginnt der Winter im August

Gern gesehener Gast in Kirchheim: Masaaki Suzuki.
Gern gesehener Gast in Kirchheim: Masaaki Suzuki.

„Sometimes It Snows in April“, manchmal schneit es im April – das wusste seinerzeit schon der viel zu früh verstorbene und zu Lebzeiten nicht durch tiefere Meteorologiekenntnisse aufgefallene Musik-Gott Prince. Und manchmal beginnt der Winter eben schon im August. Zumindest der Kirchheimer Konzertwinter. Die geschätzte Veranstaltungsreihe wartet am Sonntag, 18 Uhr, mit einem Sonderkonzert auf: Der japanische Meisterorganist Masaaki Suzuki leistet in der protestantischen Kirche des 1900-Seelen-Dorfs an der Weinstraße mit einem Orgelrezital einen musikalischen Beitrag zum Thema „500 Jahre Reformation“. Dabei wird er Werke von Sweelinck, Bruhns, Buxtehude und klar, natürlich Bach zu Gehör bringen. Suzuki gilt als großer Bach-Kenner und -Verehrer. Als Bach-Besessener. Vor 25 Jahren rief er das „Bach Collegium Japan“ ins Leben, dessen Leiter er heute noch ist. International sorgte der Dirigent, Organist und Cembalist mit seinem Vorhaben für Aufsehen, sämtliche Kantaten Bachs einzuspielen und aufzunehmen. Ein Mammutprojekt. Aber eines, das von Erfolg gekrönt war: Von 1995 bis 2013 spielte Suzuki alle geistlichen Kantaten ein (200 auf 55 CDs), zwischen 2003 und 2017 alle weltlichen (40 auf neun CDs). Damit hat er mit der Musik des großen Meisters aber längst nicht abgeschlossen: „Bachs Musik ist, als ob das ein Reis ist, für uns, für Japaner. Also das man jeden Tag essen muss. Und selbst wenn man sehr guten Reis heute isst, muss man doch morgen auch wieder Reis haben. Für meine Begriffe ist es nie möglich, etwas komplett zu haben. Also unser Kantaten-Projekt ist komplett jetzt. Das bedeutet [aber] nicht, dass wir mit dieser Musik aufhören, sondern wir gehen einfach weiter damit“, sagte er unlängst dem „Deutschlandfunk“. Obwohl er mit seinem japanischen Ensemble weltweit die großen Metropolen bespielt, ist Suzuki ist in Kirchheim kein unbeschriebenes Blatt: 2012 führte er ebenda das Bach’sche Weihnachtsoratoriums auf, 2014 gastierte er mit seinem Sohn Masato als Cembalo-Duo in der Kirchheimer St. Andreas-Kirche. Der gute Kontakt zu Dominik Wörner, dem künstlerischen Leiter des Konzertwinters, macht’s möglich. Bassbariton Wörner war in den vergangenen Jahren selbst immer wieder in Japan, um mit Suzuki an dem Kantaten-Projekt zu arbeiten. „Dass Japaner sich unserer Kultur so annehmen, ist bemerkenswert“, befand Wörner neulich im RHEINPFALZ-Gespräch. Denn bei den Aufnahmen gab es ein Problem: „Sie haben weder ein l noch ein r in ihrer Sprache.“

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