Kultur Der Jahrhundert-Sachs

Er war als Sänger, Regisseur, Schriftsteller erfolgreich: Theo Adam, der als Junge im Dresdner Kreuzchor sang und später an der Semperoper, in Bayreuth und an der Meet in New York triumphierte. Er war der „Jahrhundert-Sachs“ in Wagners „Meistersingern“ und noch viel mehr. Nun ist er im Alter von 92 Jahren in seiner Heimatstadt Dresden gestorben.

Amfortas, Wotan und Hans Sachs: Bassbariton Theo Adam hat alle Rollen seines Fachs auf dem berühmten Grünen Hügel in Bayreuth gesungen – den Helden Wotan in der legendären „Ring“-Inszenierung von Wieland Wagner sogar über 13 Jahre. Der Hans Sachs allerdings in den „Meistersingern von Nürnberg“ war seine Glanzrolle unter weit mehr als 100 Partien. Erst im Alter von 80 Jahren hatte sich Theo Adam von der Opernbühne verabschiedet und sang auch nicht mehr in Konzerten. Seine letzten Jahre verbrachte der Künstler, dessen markanter weißer Haarschopf früher im Kulturleben stets präsent war, einem Pflegeheim. Zwischen 1952 und 1980 sang Adam, dessen Sängerleben im Dresdner Kreuzchor begann, an der einstigen Wirkungsstätte von Richard Wagner auch König Heinrich („Lohengrin“), den Landgrafen („Tannhäuser“), Amfortas wie Gurnemanz („Parsifal“) und Fasolt („Rheingold“). 1974 debütierte er in den „Meistersingern“ an der Bayerischen Staatsoper München als Hans Sachs. Aber: „Meine schönste Zeit war eindeutig Bayreuth“, sagte er an seinem 80. Geburtstag. Dank seiner Stimme gehörte er, neben seinem Tenor-Kollegen Peter Schreier, zu den wenigen DDR-Künstlern, die trotz Mauer auch im Westen Deutschlands auftreten durften. Knapp 60 Jahre hat er auf den Opernbühnen der Welt gestanden. Am 30. November 2006 beendete er dann seine Karriere dort, wo sie am ersten Weihnachtsfeiertag 1949 begonnen hatte – an der Dresdner Semperoper. Als Eremit in Carl Maria von Webers „Freischütz“ stand er zum letzten Mal auf der Bühne. Seine Zeit als Kreuzianer bezeichnete er als persönliches Glück. Nach dem Krieg war der am 1. August 1926 geborene Adam Lehrer und studierte daneben Gesang beim früheren Heldentenor Rudolf Dittrich. Nach dem Dresdner Debüt sang er regelmäßig bei den Bayreuther Festspielen. Auch an der New Yorker Met und anderen berühmten Häusern wusste der Sachse, der später in Berlin und Dresden auch selbst Opern inszenierte, sein Publikum zu begeistern – mit ungewöhnlicher Vielseitigkeit. Der Umfang seiner Stimme erlaubte Aufgaben als dramatischer Bass- und Heldenbariton ebenso wie Modernes. So sang er die Titelrolle in Alban Bergs „Wozzeck“ oder Doktor Schön in „Lulu“, „Einstein“ von Paul Dessau ebenso wie den Ochs in Richard Strauss` „Rosenkavalier“. Der Baal in der Uraufführung der gleichnamigen Oper von Friedrich Cerhas bei den Salzburger Festspielen 1981 war seine 100. Rolle. Ihn gab er 1996 zum letzten Mal – mit 70 Jahren. Unter bekannten Dirigenten wie Herbert Blomstedt, Karl Böhm, Herbert von Karajan und Franz Konwitschny entstanden zudem mehr als 100 Schallplatten mit Opernarien, Kantaten, Oratorien, Messen, Passionen und Liedern. Der vielfach ausgezeichnete Künstler moderierte ebenso im Fernsehen, machte als Schriftsteller auf sich aufmerksam und engagierte sich als Jurymitglied bei Musikwettbewerben. Dabei gab er dem Nachwuchs sein Credo mit: „Fleiß, Selbstkontrolle, Disziplin und vor allem mit den Füßen auf dem Boden bleiben.“ Dieser Maxime blieb Theo Adam, der sich bis ins hohe Alter mit Schwimmen fit hielt, selbst auch treu. „Ich kann sagen, dass ich immer sehr glücklich war“ – so resümierte er zum 85. Geburtstag beruflichen Erfolg und harmonisches Privatleben am Elbhang in Dresden. Die Landschaft, die einst Künstler, Dichter und Gelehrte inspirierte, war Teil seines Lebenselixiers

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