Kolumnen Kolumne: Alter Schwede!

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Rafa Ymer

Gute Tennisspieler aus Schweden? Die hat es früher einmal wie Sand am Meer gegeben. Groß, blond und weltklasse. Björn Borg war der Erste. Dann kamen die Dauerrivalen von Boris Becker: Mats Wilander, Stefan Edberg, Anders Järryd oder Joakim Nyström. Zwischen 1975 und 1998 gewannen sie sieben mal den Davis Cup – 1985 in München auch mit 3:2 gegen Deutschland. Am Freitag, 18 Uhr, steht ein ganz besonderer schwedischer Nachwuchs beim BASF Tennisclub in Ludwigshafen auf der Anlage, wenn es um das Viertelfinale des ATP-Challenger-Turniers geht: Elias Ymer (23).

Sie haben es sogar bis in die Pfalz geschafft, die guten Schweden. Davis-Cup-Spieler Birger Andersson, der 1975 beim ersten Gewinn des prestigeträchtigen Ländervergleichs am Ball war (3:2 gegen die Tschechoslowakei), ist für den Parkclub Ludwigshafen angetreten. Seine Spiele waren beeindruckend. Kennengelernt hat ihn auf der Parkinsel allerdings niemand. Denn entweder schlief er im Schatten der Bäume – oder spielte eben. Wenn er an der Reihe war, wurde der große schwedische Bär geweckt, stand auf, ging auf dem Platz und servierte seinen Gegner ab. Und schon lag er wieder unter den Bäumen.

Am Tennis-Himmel geht ein neuer Borg-Stern auf

Die großen schwedischen Zeiten sind längst vorbei. Fußball, Eishockey und Golf sind die populärsten Sportarten. Aber die Nordlichter als Tennis-Nation abschreiben? Das muss nicht sein. Denn am Tennis-Himmel geht ein neuer Borg-Stern auf. Leo Borg (16) ist schwedischer Jugendmeister und auf dem besten Weg in die Fußstapfen seines berühmten Vaters zu treten. Es kann gut sein, dass er hier im Steffi-Graf- und Boris-Becker-Land auch einmal zu sehen sein wird. Denn er ist für das Regionalliga-Team des deutschen Mannschaftsmeister TK GW Mannheim gemeldet. Allerdings hat er in dieser Saison für die Herren 2 noch keine Partie bestritten. Weil er nun in der Qualifikation des Junioren-Wettbewerbs in Wimbledon ausgeschieden ist, könnte es mit einem ersten Einsatz klappen morgen im Heimspiel gegen Rüsselsheim. Aber wahrscheinlich kommt er nicht. Mannheims Teamchef Gerald Marzenell hat ihn bei einem Turnier kennengelernt – und für die Grün-Weißen gewinnen können.

Der Weg der Ymer-Brüder ist einzigartig

Dafür steht am Freitag, 5. Juli, um 18 Uhr im Spiel des Tages ein junger Schwede auf dem Center Court der großen Anlage des BASF TC Ludwigshafen auf dem Platz. Elias Ymer (23) trifft im Viertelfinale des Ludwigshafen Challengers auf den Weinheimer Bundesligaspieler Yannick Hanfmann (27). Unter den ersten 100 der Tennis-Weltrangliste findet sich kein einziger Schwede. Unter den besten 200 sind es immerhin zwei. Und das sind Elias und sein jüngerer Bruder Mikael (20), der das ersten Challenger-Turnier des Jahres Anfang Januar in Neukaledonien am Ende der Welt gewonnen hat und außerdem in zwei weiteren Finals bei Challengers stand. Außerdem hat er in Wimbledon in der Qualifikation Dustin Brown rausgeworfen. Die Brüder werden als 118. (Elias) und 122. des Rankings geführt. Ihr Weg in die Weltspitze ist einzigartig. Sie sind in Skara aufgewachsen. Und dort haben sie als Kinder, wie ihr Vater Wondwosen in Ludwigshafen erzählt, praktisch kostenlos Tennisspielen können. Für ein paar Kronen konnten sie einen Platz nutzen. Und da sind sie groß geworden. „Wir haben immer Tennis gespielt“, erzählt der Vater, der ein Läufer war und immer noch für sein Leben gerne läuft, aus Äthiopien stammt, aber für Schweden bei internationalen Wettkämpfen gestartet ist.

Die Familie ordnet dem Sport der Kinder alles unter

Inzwischen lebt die Familie in Stockholm. Dem Sport der Kinder wird alles untergeordnet. Und es kann gut sein, dass noch ein weiterer Ymer im Welttennis auftauchen wird. Denn der jüngere Bruder von Elias und Mikael trifft auch schon ganz gut. Rafa ist 13 Jahre alt und hat auf der großen Anlage in Ludwigshafen mit dem Vater trainiert. Der geht mit einem Karton voller Bälle ans Netz und spielt sie dem jüngsten seiner drei Söhne zu, der sie dann stoisch im Feld versenkt. Eine etwas eintönige Angelegenheit. Aber das Ymer-Tennis funktioniert. Denn Elias Ymer zeichnet vor allem eins aus: Die Ruhe, mit der er einen Ball nach dem anderen einfach wieder auf die andere Seite des Platzes spielt. Rafa sollte übrigens Solomon heißen, doch Elias und Mikael wollten unbedingt, dass er nach dem berühmten Tennisspieler benannt wird.

Die Autorin

Christine Kamm (53) aus Ludwigshafen arbeitet seit 2012 im Sportressort der RHEINPFALZ.

Die Kolumne

Christine Kamm und Sigrid Sebald schreiben abwechselnd in der Online-Kolumne "Ich sehe das ganz anders" über die großen und kleinen Überraschungen sowie Absurditäten des Alltags.

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Rafas Bruder, Elias Ymer
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