1. FC Kaiserslautern „Viele Einbeiner auf zwei Beine stellen“

Glücklich, andere glücklich zu machen: Andreas Lehnhardt, der Prothesenbauer aus der Pfalz.
Glücklich, andere glücklich zu machen: Andreas Lehnhardt, der Prothesenbauer aus der Pfalz.

«KAISERSLAUTERN.» Eine Reise um die Welt – anders als bei Jules Verne in 40 Tagen kann das bei Wojtek Czyz und seiner Familie noch zwei, drei Jahre dauern: Der Paralympicssieger aus Kaiserslautern ist auf seiner Weltumsegelung dabei, Prothesen zu den Ärmsten der Armen zu bringen. 36 sind es bis jetzt. „Ziel ist es, viele Einbeiner auf zwei Beine zu stellen“, sagt Czyz, der seit bald 17 Jahren mit einer Prothese lebt.

Am 31. Mai 2015 hat die Reise in Neustadt/Holstein begonnen. An Bord: Der inzwischen 37 Jahre alte Czyz und seine Frau Elena Brambilla, die ehemalige italienische Hochsprungmeisterin. Wenn morgen auf der Insel Union Island Silvester gefeiert wird, ist ein Dritter an Bord: „Paul, unser Kapitän“, sagt Czyz lachend. Paul ist 13 Monate. Alles läuft gut, traurig stimmt nur der Tod von Labrador Sammy, daheim in Kaiserslautern der treue Wegbegleiter von Czyz’ Vater. Die Mission von Wojtek Czyz hat einen tragischen Ursprung: Am 15. September 2001 wird der talentierte Fußballer des VfR Grünstadt, der gerade einen Profivertrag bei Drittligist Fortuna Köln unterschrieben hat, in seinem letzten Spiel für den Verbandsligisten nach einem brutalen Foul schwerst verletzt. Ein Unterschenkel muss Tage später amputiert werden. Czyz findet große Unterstützung, ein Benefizspiel hilft, seine erste Sportprothese zu finanzieren. Er wird Leichtathlet, holt bei den Paralympics in Athen Gold über 100 m, 200 m und im Weitsprung. Bei den Paralympics 2008 und 2012 gewinnt der Athlet des 1. FC Kaiserslautern vier weitere Medaillen: einmal Gold, einmal Silber, zweimal Bronze. „Ich habe Hilfe bekommen, ich habe Unterstützung erfahren. Dafür war und bin ich unendlich dankbar. Ich möchte behinderten Menschen, die amputiert sind, kein Geld, keine Prothesen haben, unterstützen. Ich will etwas zurückgeben“, beschreibt Czyz die Motivation seiner Mission, die ihn über Marokko, St. Lucia und St. Vincent führte. Cartagena in Kolumbien könnte sein nächstes Ziel sein. Den Katamaran Imagine hat Czyz inzwischen durch ein größeres Boot gleichen Namens ersetzt, um ausreichend Lagermöglichkeiten für das Material der Prothesen zu haben. Das Boot hat er gekauft, die Reise finanziert er mit seinem Geld. „Wenn das Ersparte weg ist, ist die Reise zu Ende, dann muss ich arbeiten“, sagt Czyz. Der Verein Sailing 4 handicaps unterstützt die Mission mit dem Kauf des Materials und finanziert die Prothesenbauer. Orthopädie-Techniker und -Mechaniker Andreas Lehnhardt aus Glan-Münchweiler ist einer von ihnen. Er arbeitete auf der Imagine, bezahlt hat ihn Christiane Ank-Kunze, die Geschäftsführerin des Sanitätshauses Ank in Kaiserslautern. „Ich war quasi eine Spende“, sagt Lehnhardt lachend. Elf Prothesen hat der 28-Jährige in zwei Wochen gefertigt. Schwerstarbeit. „Das war härter als jeder Arbeitstag bei uns“, sagt er beim Blick zurück auf die Tage in Sankt Vincent, als er Czyz kennen und schätzen lernte: „Ein echter Power-Typ: Immer weiter, weiter, weiter ...“ Die Anreise Frankfurt – London – Barbados: 24 Stunden. Stress! Die vielen Amputationen in der Karibik – oft eine Folge von Diabetes. „Die Menschen werden amputiert und dann ihrem Schicksal überlassen“, weiß Czyz. Für Andreas Lehnhardt hieß es, auf dem Schiff die vorliegenden Maße zu studieren, auszuwerten, das an Bord befindliche Material zu sichten. Von 9 Uhr am Morgen bis zum Einbruch der Dunkelheit hat Lehnhardt, assistiert von Czyz, gearbeitet, gepuzzelt, ehe die Patienten zur Anprobe kamen. „90 Prozent sind wegen Diabetes amputiert, ich hatte aber auch einen Mann dabei, dessen Bruder ihm im Streit mit der Machete den Unterschenkel weggehauen hat“, berichtet Lehnhardt. Die Patienten – allesamt sehr, sehr dankbar, viele verlegen, fast beschämt von der Großherzigkeit der deutschen Spender und Helfer. Das hat Andreas Lehnhardt tief berührt. Das Lächeln, das späte Glück einer Frau, Mitte 30, schon seit der Kindheit amputiert und erstmals in ihrem Leben mit einer Prothese bedacht – Lehnhardts schönstes Honorar. „Es war eine Herausforderung“, sagt der 28-Jährige dankbar, dass ihm der Chef den Job zutraute. Lehnhardt, damals Single, sagte spontan zu. Mit seiner jetzigen Lebenspartnerin frönt er dem John-Lennon-Motto „Leben ist das, was passiert, während Du beschäftigt bist, andere Pläne zu machen“. Sie fand seine Entscheidung gut „und schlug drei Kreuze als ich gesund wieder kam.“ Die Umarmung der Chefin war herzlich. Sie war froh, dass alles gut gelaufen ist. Info Spenden an: Sailing 4 handicaps e.V. Konto: 542985; BLZ: 540 501 10 Stadtsparkasse Kaiserslautern IBAN: DE22540501100000542985 BIC: MALADE51KLS

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