Ludwigshafen Kita-Streik: Eltern müssen jonglieren

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Der Streik in den städtischen Kindertagesstätten geht heute in die zweite Woche. Ein Ende ist nicht in Sicht. Fünf Bereitschaftseinrichtungen betreuen Kinder, deren berufstätige Eltern keine Alternative zur Kita haben. Ob tatsächlich alle angemeldeten Notfälle aufgenommen werden, entscheidet sich jeden Morgen neu.

An einem runden Tisch mitten in der Oggersheimer Kita Tabaluga hat Rita Parpart ihr Basislager, wie sie es selbst nennt, mit vielen Tabellen und Formularen aufgeschlagen. Vergangene Woche seien alle Kinder, die für die fünf Bereitschaftskitas angemeldet waren, auch untergekommen, wie die städtische Kita-Regionalleiterin für die Region Oggersheim, Ruchheim und Melm erklärt. 154 Kinder wurden nach Verwaltungsangaben etwa am Dienstag in den fünf Bereitschaftskitas betreut, die meisten (37) in der Rheingönheimer Kita Brückweg. Für die neue Streikwoche rechnet Parpart jedoch mit deutlich mehr Eltern, die bei der Kinderbetreuung nicht länger improvisieren können. Die Verwaltung sei zwar sehr bemüht, alle gemeldeten Kinder in einer der Bereitschaftseinrichtungen unterzubringen. Ob das funktioniere, hänge jedoch davon ab, wie viele Erzieherinnen morgens zur Verfügung stehen. Die gewerkschaftlich organisierten Erzieherinnen streiken. Alle anderen können zum Dienst erscheinen oder sich jederzeit dem Streik anschließen, wenn sie das wollen, erläutert Parpart. Ob sie für die Kita Tabaluga also wie am vergangenen Freitag wieder 35 Plätze anbieten kann, weiß die Leiterin erst, wenn sie heute früh die Erzieherinnen zählt. An den bisherigen Streiktagen habe die Bereitschaft gut funktioniert – auch für die Kinder, wie Parpart betont. Es zahle sich in dieser Situation aus, dass alle städtischen Einrichtungen konzeptionell einen gemeinsamen Ansatz haben, dass sich die einzelnen Einrichtungen also von ihren Abläufen und Strukturen her sehr ähnlich seien. Das mache es den Kindern leichter, sich auch in fremden Kitas und mit unbekannten Erzieherinnen zurechtzufinden. Außerdem würden alle angemeldeten Kinder in ihrem Stadtteil untergebracht, sodass die Kleinen immerhin das eine oder andere Kindergesicht kennen. Unter den Erzieherinnen gibt es Parpart zufolge eine große Solidarität. Diejenigen, die in den Bereitschaftskitas ihren Dienst verrichten, würden nicht als Streikbrecher angesehen. Vielmehr gehe es dabei um das Signal, dass nicht die Eltern bestreikt werden sollen. Wegen des Streiks müssen viele Ludwigshafener Mütter und Väter Tag für Tag jonglieren. Eine Lehrerin berichtet etwa, dass sie sich mit ihrem Mann, der im Home-Office arbeitet, bei der Kinderbetreuung abwechselt und die Großeltern und eine gute Freundin mit im Boot seien. Einfach freinehmen könne sie sich in ihrem Beruf derzeit nicht. Und auch ihr Mann habe seinen Urlaub schon anderweitig verplant. Die Familie habe zwar zwei Plätze in der Bereitschaftskita beantragt, und diese seien auch mündlich zugesagt worden. Dass jedoch jeden Tag neu entschieden werde, wie viele Kinder tatsächlich aufgenommen werden können, je nachdem, wie viele Erzieher zur Arbeit kommen, sei problematisch und lasse keine verlässliche Planung zu. Zudem gebe es in ihrer Bereitschaftskita keine Erzieherin mit Krippenerfahrung, wie die Mutter einer einjährigen Tochter beklagt. Nicht einverstanden ist die Familie damit, dass trotz des Streiks Kosten für den Krippenplatz in Höhe von 198 Euro monatlich anfallen. Lediglich das Essensgeld werde erstattet, habe die Verwaltung auf Nachfrage mitgeteilt. Damit will sich die Familie indes nicht abfinden: „Wir fordern das Geld zurück.“ Auch wenn der Streik der Erzieherinnen für das Paar mit viel Ärger verbunden ist, betonen beide: „Wir stehen hinter unseren Erziehern. Dieses Ungleichgewicht der Bezahlung in der Bildung muss abgeschafft werden. Je kleiner die Kinder, je geringer der Schulabschluss – desto weniger Bezahlung?! Das darf nicht sein.“ Unterdessen kündigt die Gewerkschaft Verdi für morgen, Dienstag, einen weiteren Protestzug mit rund 3500 Erziehern für Ludwigshafen an. Um 10.30 Uhr soll der Marsch am Messplatz in Mitte starten. Eine Kundgebung ist für 11.30 Uhr in der Heny-Roos-Passage am Berliner Platz geplant.

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