Frankenthal Frankenthal: Bei Siemens kehrt die Zuversicht zurück

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Der Verkauf des Siemens-Werks Frankenthal wird in Politik und bei Gewerkschaften positiv aufgenommen. Die Zukunftschancen hätten sich verbessert.

„Sehr positiv“ findet Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) den Abschluss. „Die Zerschlagung ist vom Tisch“, die Beschäftigungsgarantie für drei Jahre sei sehr gut. Mit Colfax und dem Tochterunternehmen Howden sei ein Investor gefunden worden, „der erhebliches Interesse an der Fortführung des Betriebes hat“. Das zeige auch: „Der Standort Frankenthal ist attraktiv.“ Hebich zeigte sich „froh, dass Siemens seiner Verantwortung gerecht geworden ist“. Betriebsrat und Gewerkschaft hätten „sehr konstruktiv und verantwortungsvoll“ mitgewirkt; das verdiene Anerkennung. Als „wichtige Signale“ haben Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (beide SPD) gestern in einer gemeinsamen Stellungnahme die Zusagen gewertet, Standort und Beschäftigung für drei Jahre zu sichern und die Tarifbindung der Metall- und Elektroindustrie beizubehalten. Die Landesregierung habe sich für den Erhalt der Arbeitsplätze eingesetzt. „Ohne das konstruktive Miteinander von Unternehmensleitung und Betriebsrat wäre dieses Ergebnis nicht denkbar gewesen.“ Von einer „guten Nachricht“ sprachen die Frankenthaler Bundestagsabgeordnete Maria Böhmer und der Landtagsabgeordnete Christian Baldauf (beide CDU). „Die Umstrukturierungsmaßnahmen des vergangenen Jahres und der gut umgesetzte Sozialplan haben die Wirtschaftlichkeit des Werkes steigern können“, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung der Abgeordneten. Allen Beteiligten sei für vorbildliche Zusammenarbeit zu danken. Mit gemischten Gefühlen sieht CDU-Kreisvorsitzende Gabriele Bindert den Verkauf des Frankenthaler Siemens-Werks an den US-Maschinenbauer Colfax. Dass die Arbeitsplätze zunächst für drei Jahre gesichert seien, „hört sich gut an“, sagt Bindert. Gut sei, dass der Betriebsrat offensichtlich in die Verhandlungen eingebunden gewesen und mit dem Deal einverstanden sei. Allerdings sei ihr Colfax als Unternehmen bekannt, das Gewinnabführungsverträge mache und damit am Standort auch keine Steuern zahle. Langfristig fürchtet Bindert, die auch Fraktionsvorsitzende im Stadtrat ist, den Verlust von Jobs und den Verkauf des mit seiner zentralen Lage wertvollen Grundstücks. SPD-Fraktionschefin Beate Steeg stellt den Beitrag der Belegschaft und des Betriebsrats am vorläufigen Erhalt des Standorts als Ganzes heraus. „Es ist bemerkenswert, wie hier einem großen Konzern wie Siemens die Stirn geboten wurde.“ Den künftigen neuen Eigentümern des Frankenthaler Werks wünscht sie ein „gutes Händchen“. Steeg hofft, dass Colfax und die schottische Tochter Howden wertschätzen können, was sie gekauft haben. Die ausgehandelte Bestandsgarantie sei zunächst eine gute Grundlage für den Fortbestand des Standorts. Abzuwarten sei, ob die Befristung auf drei Jahre noch für Probleme sorge, wie bei früheren Fällen in Frankenthal auch. „Das Ergebnis zeigt aber, dass sich der gemeinsame Kampf auch mit den Gewerkschaften an dieser Stelle gelohnt hat“, sagt Steeg. Froh, dass das Unternehmen nicht zerschlagen wurde, zeigt sich die FWG-Fraktionsvorsitzende Ingrid Hezel. „Es ist ein Glück, dass Colfax ein Maschinenbauer und kein Finanzhai ist.“ Dass sowohl Siemens-Standortleiter Volker Neumann als auch Betriebsratsvorsitzender Hilmar Feisthammel gute Erfolgschancen durch die Übernahme sehen, stimmt Hezel optimistisch. „Ich hoffe, dass alle 530 Arbeitsplätze auch über die garantierten drei Jahre hinaus erhalten bleiben“, sagt sie. Für Gerhard Bruder (Grüne/Offene Liste) steht der Erhalt der Arbeitsplätze an oberster Stelle: „Da ist es letztlich auch nicht so von Bedeutung, ob da am Werkstor Siemens oder ein anderer Firmenname draufsteht.“ Dass die jetzt gefundene Lösung des Verkaufs eine erfolgversprechende ist, zeigt sich für Bruder am positiven Tenor des Statements von Betriebsratschef Hilmar Feisthammel. Jetzt hänge es schlicht davon ab, was der neue Besitzer mit seinem künftigen Standort in der Pfalz vorhabe. „Ausländische Investoren sind immer ein Risiko“, findet David Schwarzendahl (Die Linke). Der Kreisvorsitzende begrüßt jedoch die derzeitige Arbeitsplatzgarantie. Diese sei dem „gut aufgestellten Siemens-Betriebsrat“ zu verdanken, ergänzt der Linke-Fraktionsvorsitzende Ulrich Pender. Auch für die Stadt sei der Erhalt des Werks positiv, so Pender. Colfax profitiere im Gegenzug von dem Know-how der Mitarbeiter in Frankenthal. Vor Glaskugelpolitik warnt Günter Serfas, FDP-Stadtratsmitglied. Zum Zeitpunkt jetzt sei der entscheidende Aspekt, dass die Arbeitsplätze vorerst sicher seien. „Das ist die beste Botschaft“, betont der Liberale. Colfax respektive Howden müsse nun aus den vorhandenen Strukturen etwas machen. Alles, was bisher über das Geschäft bekannt sei, stimme ihn „nicht ganz so pessimistisch“, sagt Serfas. „Das ist ein Erfolg der Belegschaft“, unterstreicht Günter Hoetzl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ludwigshafen/Frankenthal. „Hätten die nicht zusammengestanden, wäre das Werk nicht verkauft worden, sondern schon zu.“ Unter Siemens-Regie sei die Stimmung zuletzt nicht gut gewesen. Er hoffe, dass die neuen Eigentümer möglichst viel Entscheidungskompetenz „vor Ort“ ließen; dann könne man zuversichtlich sein. „Ich finde gut, dass es eine Standort- und Beschäftigungsgarantie gibt“, sagt Rüdiger Stein, Vorsitzender des DGB-Stadtverbands. „Das gibt Sicherheit“, und das sei bei einem Eigentümerwechsel wichtig. Der Gewerkschafter begrüßt es, dass weiter Verdichter und Turbinen im Werk hergestellt werden sollen. Gut wäre es nach seiner Ansicht, „auch neue Produkte nach Frankenthal zu bringen“. Um die Zukunft zu sichern, müsse „langfristig und nachhaltig“ gewirtschaftet werden. |spi/soj/örg

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