Ludwigshafen „Ein kurzer Fußmarsch genügt“

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Interview: Nah dran am Mammutprojekt – die bei der Hochstraßenabriss-Planung federführende Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan hat gestern ihre Büroräume in der Ludwigstraße eingeweiht. Chefplaner Johannes Lorch (45) haben wir zu aktuellen Aufgaben, Kosten und Risiken befragt.

Herr Lorch, noch ist unklar, wie sich Bund, Land und Stadt die Finanzierung des 300-Millionen-Projekts aufteilen – und das ist nicht die einzige Unbekannte. Wie realistisch ist denn ein Abrissbeginn im Jahr 2018?

Ich bin da ganz zuversichtlich. Die Fördervoranfragen beim Bund und beim Landesbetrieb Mobilität sind gestellt, die Unterlagen zur Prüfung eingereicht. Zum Stand der Finanzierung selbst darf ich nichts sagen. Darüber informieren der Kämmerer und der Baudezernent am 25. Januar beim Bürgerforum „City West“. Ihr neues Büro in der Ludwigstraße, ist das eine Art Kommandozentrale? Zumindest für das Hochstraßenprojekt – wir haben schon länger darüber nachgedacht, einen Standort in Rheinland-Pfalz zu eröffnen. Wir hatten zuerst Mainz im Blick vor dem Hintergrund des Projekts „Mainzelbahn“. Den Zuschlag für die Planung haben leider andere erhalten. Dann kam 2012 der Auftrag für die Hochstraße. Das war der primäre Grund für eine Niederlassung hier. Der sekundäre war, neue Mitarbeiter aus der Region zu gewinnen. Denn kurze Wege machen die Projektbearbeitung viel angenehmer. Wie ist der aktuelle Planungsstand? Wir sind inmitten der Entwurfsplanung für die vom Stadtrat gebilligte Stadtstraße. Bis Mai oder Juni soll sie abgeschlossen werden, inklusive einer exakteren Kostenberechnung. Es gibt da viel Abstimmungsbedarf mit Dritten wie der Bahn. Parallel läuft die umwelttechnische Kartierung. Ende 2016 wollen wir dann die Planfeststellung einreichen. Sie sitzen jetzt quasi in Sichtweite zu dem Projekt – wie wichtig ist das? Das Plangebiet direkt vor Augen zu haben, ist ein Luxus und eher selten der Fall. Oft ist eine Projektbetreuung mit langen Anreisen verbunden. Von unserem Büro aus genügt jetzt ein kurzer Fußmarsch, um Detailfragen zu klären, speziell wenn es um den Rückbau geht. Da gibt es immer wieder Knackpunkte, die man sich genauer anschauen muss. Das erleichtert unseren Job immens. Abriss der Brückentrasse und Bau der Stadtstraße in acht Jahren – das wird Spuren hinterlassen, oder? Ja. Da wird es massive Veränderungen im Stadtbild geben. Derlei Prozesse haben wir bereits in Frankfurt erlebt, wo alte Güterverkehrsanlagen stillgelegt wurden und hochwertige Wohnungen entstanden sind. Solche Veränderungen sagen uns auch Investoren auf Immobilienmessen voraus, wenn eine spezielle Nutzung wie das Stadtentwicklungsprojekt „City West“ dahintersteht. In eine reine Betonwüste will keiner investieren. Deswegen ist die ebenerdige Lösung besser als ein Hochstraßen-Neubau, der zudem mehr kosten würde – auch im Unterhalt. Allerdings wird es wohl zwei Jahrzehnte oder länger dauern, bis alles bebaut und nutzbar ist. Da bin ich schon in Rente. (Lacht.) Schüßler schlägt hier also Wurzeln? Auf jeden Fall bis zum Projektende. Unser Mietvertrag läuft zunächst fünf Jahre. In dieser Zeit wollen wir expandieren. Und wir hoffen, dass wir von der Stadt mit der Folgeplanung und Bauüberwachung beauftragt werden. Vom Hochstraßenprojekt allein können wir hier nicht leben. Deshalb arbeiten wir auch an anderen Standorten in der Region. Wo zum Beispiel? In Mannheim. Dort sind wir seit gut einem Jahr mit dem Ausbau des Mühlauhafens beschäftigt. Dazu kommen kleinere Projekte wie die Planung der Außenanlagen für die Hochschule Ludwigshafen. Kein bisschen Bammel vor der Dimension des Hochstraßenprojekts? Doch, auf jeden Fall. Die Aufgabe ist sehr kompliziert, der Termindruck hoch. Dazu kommt das technische Unverständnis vieler Projektbeteiligter, die Probleme unterschätzen. Schadensfälle wie den Einsturz des Kölner Stadtarchivs gibt’s ja zuhauf. Großprojekte muss man mit Bedacht angehen, um alle Unwägbarkeiten in den Griff zu bekommen. In einer Woche wird Oberbürgermeisterin Eva Lohse 60. Ihr Wunsch? Ich hoffe sehr, dass sie in Ludwigshafen bleibt und nach der Landtagswahl nicht nach Mainz wechselt.

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