Kolumne: Der Sepp vom Hallplatz Die Fasenacht war schon früher eine ganz besondere Zeit

Früher war mehr Cowboy.
Früher war mehr Cowboy.

„Du hasch’s hald ned geheerd, wie de dich grad no deim Fedderhalder gebiggd haschd. Kann jo sinn, odder? Awwer es Frollein hat’s gesaad, glaab mass!“ Wie so oft in der Nachkriegszeit war der Ort des Geschehens wieder mal die Alleeschule (Heute steht dort das moderne Gerichtsgebäude).

Die Schule ist vor allem deshalb im Gedächtnis geblieben, weil man „unne“ durch den dunklen Gang reingehen musste. Aber es gab einen schönen Schulhof mit Bäumen. Auf dem stand an einem Fasenachdsdienstag der hilflose Horst, und seine Schulkameraden aus der Klasse der Ruth Buchert „bearbeiteten“ ihn. Mit einem Messer, und sie spuckten ihn an!

In jener Zeit, als die Zeitgenossen noch weitaus andere Sorgen hatten, gab es nämlich auch bei uns „Rothäute“, besonders an Fasenachd – und der kleine Horst war einer davon. Obwohl „es Frollein“ am Tag zuvor gesagt hatte: „Kenner kommd moije vemoddeld!“ Leider hatte Horst gerade das überhört.

Sauberes Taschentuch in der Schule Pflicht

Die Klasse hielt aber zusammen, was später bis ins hohe Alter bewiesen wurde. Und so wurde aus dem vermeintlichen amerikanischen Ureinwohner wieder ein (fast) sauberer Schüler: Die Fransen an seinen Hosenbeinen waren schnell abgetrennt, ein Messer steckte damals in fast jeder Bubentasche.

Schwieriger war die Rothaut, die man ihm dick ins Gesicht geschmiert hatte. Da half nur noch Schbauz, auch wenn sich das eklig anhört. Schbauz wurde auch zur Erstversorgung von Schürfwunden auf Buben-Knien eingesetzt: warum nicht zur Entfernung einer Rothaut? Saubere Taschentücher in die Schule mitzubringen, war damals Pflicht und wurde manchmal sogar überprüft! Horst musste nur stehen bleiben und alles aushalten; Spucken – reiben, spucken – reiben. Am Ende war die rote Farbe aus der Familienküche so gut es ging abgewischt – und die Haut von Horst war durch das Reiben weitaus röter als zuvor. Es klingelte, und zufrieden ging man in den Saal im oberen Stockwerk.

„Mamme, ich wär gere e Pirad“

Horst wurde in späteren Jahren ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann, der durch seinen eigenen Fleiß vieles erreichte, aber leider allzu früh starb. Bei jeder Begegnung kam die Reinwaschung im Hof der Alleeschule immer wieder zu Sprache und die Verbindung wurde erneuert.

Das „Vermoddele“ an Fasenacht gehörte zu den besonderen Kindheitserlebnissen. Keine Mutter hätte damals nach dem Psychologen gerufen, wenn „de Kleen“ Tage vor dem närrischen Fest gesagt hätte: „Mamme, ich wär gere e Pirad!“ Alles klar: „Do griesche e Koppduuch un e Aueklabb aussem Sanidädskasche!“ Der künftige Pirat bekam von der Mutter noch zu hören: „Du bischd es ganz Johr e Seereiwer!“

Das „Kostüm“ war gesichert. Ach ja, ein Stecken war der Degen, aber der gehörte dazu. Jüngst erst bestätigten Freund Armin und ich uns gegenseitig, wie uns natürlich Karl May in der Jugendzeit geprägt hatte – bis heute. Vor allem diese Rothaut Winnetou: Edel und klug. Keiner, der den „Schatz im Silbersee“ gelesen hatte und mit den Kameraden Bücher tauschte, hätte je herablassend auf einen Ureinwohner Amerikas geschaut. Das waren doch die Edlen!

Ein Ball voller Prinzessinnen

Fasenachdskostüme „fa die Meede“ waren für die Mutter meist aufwendiger zu nähen: Vor allem, wenn es wieder mal „Prinzessin“ sein sollte. Das blieb auch später so; Während beim großen Fasenachdsball in der Festhalle die Damenwelt oft mit einfallsreichen, selbstgenähten Kostümen glänzte, gab es bei der Männerwelt überall das Gleiche: „Ich häng mei großkariertes Hemd iwwer die Hose, dess duuds aa!“ Egal wie das Kostüm aussieht, auch wenn es gegen die heutigen Regeln verstößt: „Fasenachdskiechelscher un Grumbeersubb“ gehören in jedem Fall dazu.

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