Speyer Druckerwochenende mit Nikolas Hönig

In der Winkeldruckerey: Nikolas Hönig.
In der Winkeldruckerey: Nikolas Hönig.

Die Lyrikwunderecke: zum letzten Druckerwochenende des Jahres kam der in Speyer geborene Nikolas Hönig und bot eine Hommage an Artur Schütt.

Das letzte Druckerwochenende dieses Jahres hat der in Speyer geborene Nikolas Hönig bestritten. Er hat sich mit seiner „Lyrikwunderecke“ auch mit der Historie der Winkeldruckerey auseinandergesetzt. Genau 15 Buchstaben hat das Wort „Winkeldruckerey“. Wirft man die einzelnen Lettern zum Buchstabenmix in einen Topf und rührt gut um, ergeben sich 54,5 Milliarden Möglichkeiten der Neukombination dieser Buchstaben. Nikolas Hönig hat genau nachgerechnet, sein Vater ist Mathematiker.

Ausgangspunkt seiner Überlegungen war die Idee, für den Begriff Winkeldruckerey ein Anagramm zu erzeugen, also mit den vorhandenen Buchstaben ein neues Wort zu bilden. Er wollte, dass der Druck, den er in Speyer fertigt, etwas mit dem Ort zu tun hat, an dem er druckt. Deshalb hat er die Buchstaben kräftig umgerührt. Um aus den 54,5 Milliarden Möglichkeiten halbwegs sinnvolle Silbenfolgen zu erzeugen, hat zunächst ein Computerprogramm geholfen. Allerdings hat der Rechenknecht allerhand Unsinn ausgespuckt: Mit Vorschlägen wie „Ecken wurde Lyrik“. „Wc dunkel key irre“ oder „Du Lyrik erwecken“ wollte sich Hönig nicht zufriedengeben und hat noch ein Stück weitergedacht. Der Mensch ist eben doch kreativer als ein Computerprogramm.

Buchstabenmix verbildlicht

Kurioserweise enthält das Wort Winkeldruckerey alle Buchstaben, um daraus Lyrikwunderecke zu formen. Das hat ihn gleich fasziniert, denn das ist ein Begriff, der aus seiner Sicht nicht nur die Buchstaben, sondern auch den Kern und das Wesen der Winkeldruckerey in sich trägt. Und so erhielt sein grafisches Blatt nur ein einziges gedrucktes Wort: Die Lyrikwunderecke war geboren. Die so geschaffene Bezeichnung für die traditionelle Druckwerkstatt im Kulturhof entpuppt sich dann auch als kleine Hommage an den Begründer der Winkeldruckerey, Artur Schütt, den Hönig noch aus seiner Speyerer Zeit kennt. Schütt liebte es, Gedichte oder kurze Texte als Ausgangspunkt seiner grafischen Blätter ins Bild zu setzen.

Das Bildmotiv, ein Frauenprofil, das gespiegelt und auf den Kopf gestellt ist, um den Buchstabenmix zu verbildlichen, hat er aus seinem Atelier in Essenheim bei Mainz mitgebracht, um zu viele Arbeitsgänge mit Trocknungszeiten zu vermeiden. Er wollte sich an der Druckerpresse in Speyer ganz auf die Typographie und die Schriftzeile konzentrieren. Die Lyrikwunderecke hat er dann mit einer speziellen Holzschrift gesetzt und die Textzeile zweifarbig in einem Durchgang gedruckt. Dazu mussten die Lettern manuell und einzeln eingefärbt werden.

Ein Heimspiel

Man könnte das Druckerwochenende von Nikolas Hönig durchaus als „Heimspiel“ betrachten. Seine Kunst der Zeichnungen und Stempeleien, mit denen er ungewöhnliche Sichtweisen auf die Normalität des Alltags eröffnet, hat er in einer Auswahl verschiedener Arbeiten in die Winkeldruckerey mitgebracht und dort ausgebreitet. Sie war in Speyer bereits im Kunstverein, im Künstlerbund, im Handwerkerturm und im Feuerbachhaus zu sehen.

Kein Wunder also, dass Freunde, Familie, Überraschungsgäste und Menschen, die den gebürtigen Speyerer schon lange nicht mehr gesehen hatten, am Wochenende die Winkeldruckerey aufsuchten. Gefreut hat er sich auch über den Besuch einer Gruppe von Kindern, die über die alte Druckkunst noch richtig staunen konnten.

Nikolas Hönig wurde 1978 in Speyer geboren. Er hat am Kaiserdom-Gymnasium Abitur gemacht und studierte von 1998 bis 2003 Illustration und Grafik-Design an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Gerne beschäftigt er sich mit druckgrafischen Experimenten und Stempeldrucken, die er auch miteinander kombiniert. Dabei kommen verschiedene Materialien zum Einsatz: Neben selbst angefertigten Druckformen sind es Objekte vom Flohmarkt oder auch Fundstücke vom Sperrmüll, die den Weg in sein Atelier finden. Hönig lebt und arbeitet heute in Essenheim bei Mainz.

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