Speyer Ein Abend der hell leuchtenden Klänge

Im laufenden Jahr, in dem sich der Beginn der Reformation zum 500. Mal jährt, bestreiten den Orgelzyklus im Speyerer Kaiser- und Mariendom Organisten bedeutender evangelischer Kirchen in Deutschland – nach dem „katholischen“ Auftakt mit dem „Hausherrn“, Domorganist Markus Eichenlaub. So kam es am Samstagabend, bei der fünften Etappe, zur Begegnung mit Friedemann Johannes Wieland, seines Zeichens erster Organist und Kantor am Ulmer Münster.

Sein Programm hatte er in zwei Teile gegliedert: Für die erste Hälfte des Abends waren deutsche Barockmusik und Frühklassik angesagt, mit Werken von Andreas Nicolaus Vetter (1666-1734) und Carl Philipp Emanuel Bach, in der zweiten ging es mit Kompositionen Louis James Alfred Lefébure-Wélys und César Francks um französische Orgelromantik des 19. Jahrhunderts. Geprägt wurde das Konzert durch die unbestechliche musikalische und spielerische Kompetenz des sehr überlegen agierenden Organisten. Besonders beeindruckend wirkte dabei sein ausgeprägter Klangsinn: Die Zuhörer im Kaiserdom wurden immer wieder gefangen genommen durch den verschwenderischen Schattierungsreichtum und die Tonpracht, die Wieland entfaltet hatte. Es könnte auch von einem Abend der hell leuchtenden Klänge die Rede sein. Überaus reizvoll wirkten andererseits kontrastierende Eintrübungen, überraschende Rückungen, Dissonanzen und düstere, harmonisch geschärfte Gänge, die der Organist stets eindringlich exponierte. Gemeint sind einige Stellen im Mittelsatz von Carl Philipp Emanuel Bachs a-Moll-Sonate (WQ 70 Nr. 4), Passagen von Lefébure-Wélys „Scène pastorale“ oder auch aus Francks Choral Nr. 3 in a-Moll. Sehr gezielt, mit zwingender Konsequenz vollzog Wieland den kompositorischen Aufbau der Stücke nach. Was für das gesamte Programm durchgehend galt: vom Auftaktstück, der Partita über den Choral „Jesu meine Freude“ des Barockkomponisten Vetter, bis zu Francks Choral. Nicht minder überzeugend wirkte sein Umgang mit Carl Philipp Emanuel Bachs Verzierungen, die er sehr elegant präsentierte. Bachs zweiter überlebender und für die Entwicklung der klassischen Tonsprache des 18. Jahrhunderts bedeutendster Sohn wird mit dem galanten Stil der Frühklassik in Zusammenhang gebracht. Wielands Wiedergabe lieferte eine höchst plausible klingende Begründung dieser Ansicht. Schließlich: Lefébure-Wélys pastoraler Szene, einem sinnesfrohen, stellenweise die Grenze zur Salonmusik streifenden Effektstück, blieb der Organist an Brillanz, spielerischer Bravour und Farbenreichtum nichts schuldig.

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