Merzalben Chicago FC Merzalben und Schwaben AC Chicago: 60 Jahre Fußball-Freundschaft über Kontinente hinweg

1983 wird mit Nationalflaggen und -hymne das internationale Fußballspiel auf dem Sandplatz des FC Merzalben angepfiffen.
1983 wird mit Nationalflaggen und -hymne das internationale Fußballspiel auf dem Sandplatz des FC Merzalben angepfiffen.

60 Jahre dauert die Fußball-Freundschaft zwischen den FC Merzalben und dem Schwaben Athletic Club Chicago nun schon an. Es ist mittlerweile eine stille, aber immer noch bestehende Freundschaft.

Ein Soccer-Team des Schwaben Athletic Club Chicago jagte erstmals 1963 dem runden Leder auf dem Sandplatz des Fußballclub Gräfenstein Merzalben nach. Das letzte sportliche Kräftemessen fand im Juli 1984 in Chicago statt. „Wir würden gerne in Ihrer schönen Gegend, in der Zeitspanne vom 28. Juni 1983 gegen eine alte Herrenmannschaft zu einem freundlichen Spiel antreten“, steht in einem Schreiben aus Übersee an den FC Merzalben, datiert auf den 19. August 1982. Gebeten wurde damals um private Unterkunft. Gleichzeitig wurde zu einem Rückspiel in Chicago unter gleichen Bedingungen eingeladen.

Dass diese Treffen „hiwwe un driwwe“ dann tatsächlich stattfanden, das verdanken alle Akteure dem ausgewanderten Merzalber Edgar Anstett. Der mittlerweile gestorbene Ehrenbürger von Merzalben zeigte sich sehr generös und heimatverbunden. Multimillionär Edgar Anstett sponsorte beide Teams.

Zwischenstopp auf der Europa-Tournee

Der Beginn dieser Fußballerfreundschaft über zwei Kontinente liegt noch länger zurück, nämlich am 4. April 1963; ein wichtiges Datum und Ereignis, das in keiner FCM-Festschrift fehlt. Damals erreichte den ehemaligen FCM-Vorsitzenden Johann Ernst ein „ominöses Ferngespräch aus Chicago, am Telefon Edgar Anstett“ wie nachzulesen ist. Anstett war im Dorf kein Unbekannter, hatte er doch in Chicago sein Glück gemacht und sich zum Multimillionär hochgearbeitet, seine Heimatgemeinde aber nie vergessen. Jedenfalls fragte der heimatverbundene Chicagoer, ob ein Freundschaftsspiel zwischen der Mannschaft des Schwaben AC Chicago und den Merzalber Fußballern stattfinden könnte. Die Soccers starteten eine Europatournee und Anstett hatte den Wunsch, dass sie in Merzalben einen sportlichen Zwischenstopp machten. „Unterbringung, Betreuung, Unkosten, alles übernehme ich“, bot Edgar Paul Anstett, so sein vollständiger Name, an.

Nach der ersten Überraschung nahm FCM-Vorsitzender Johann Ernst die Visite zum Anlass, den Grundstein für ein neues FCM-Sportheim zu legen. Edgar Anstett ließ es sich nicht nehmen einen stattlichen Dollarbetrag beizusteuern. Die Amerikaner wurden privat untergebracht. Das Fußballspiel verloren die Gastgeber mit 2:4. 1963 spielte der Schwaben AC in der amerikanischen Nationalliga von Illinois im oberen Tabellendrittel. Geleitet wurde die erste Internationale Fußballbegegnung in Merzalben von dem damals bekanntesten Schiedsrichter Albert Dusch aus Kaiserslautern.

Flaggen und Hymnen

Vier Jahre später: 1967 kündigten sich die Spieler des Schwaben AC Chicago erneut an. Sie wollten wieder in Edgar Anstetts Heimatort Station machen. Der A-Klassen-Vertreter war dazu bereit. Armin Matheis, der zu diesem Zeitpunkt Vorsitzender des FCM war, nahm die Gelegenheit wahr, das Sportheim offiziell einzuweihen. Ein großes Programm war angesagt mit Festbankett, Verteilung von Ehrennadeln auf beiden Seiten. Das Spiel verloren die FCMler nur knapp mit 0:1. Wie gut es den US-Schwaben in Merzalben gefiel, lässt sich aus jenem Brief ihres Mannschaftsführers Otto Volkmann vom 24. Oktober 1967 lesen, den er an Benno Reeber richtete: „Bestelle viele Grüße an all die vielen netten Leute in Merzalben. Die vielen schönen Stunden bei euch werde ich nie vergessen.“

Obwohl damit eine deutsch-amerikanische Freundschaft fundiert war, dauerte es 16 Jahre, bis 1983, bis der FCM wieder aus Chicago hörte. Die Amis planten eine Europatournee. Neben Stationen wie Linz und anderen Städten, lag der Augenmerk auch auf Merzalben. Wieder ging es um ein internationales Freundschaftsspiel, das der Deutsche Fußballbund (DFB) zum dritten Mal genehmigte. Nun oblag des dem FCM-Vorsitzenden Oswald Teuscher und seiner Vorstandschaft, für drei Tage ein Unterhaltungsprogramm für 32 Besucher aus den USA aufzustellen. Den Gästen wurde viel geboten, zum Beispiel der Aufmarsch der Teams mit den Nationalflaggen sowie das Abspielen der Nationalhymnen. Das Rahmenprogramm führte unter anderem zum Jungfernsprung nach Dahn und zum Schuhshopping nach Leimen. Das Fußballspiel am 28. Juni 1983 wurde ein voller Erfolg, auf beiden Seiten. Für die US-Gäste war die Unterbringung in der örtlichen Jugendherberge mit legendären Erlebnissen verbunden, wie sie auch viele Jahre danach immer wieder lachend erzählten. In einem Dankesschreiben vom 8. Oktober 1983 heißt es dann: „Wenn Ihr uns eine Chance gibt, dann werden wir uns natürlich freudig in Chicago revanchieren.“

Tornado in Milwaukee

Dieses „Revanche-Angebot“ nahm Oswald Teuscher auf. Es begann die Suche nach Fußballern für einen Trip nach Übersee. Doch das anfänglich große Mitfluginteresse ließ nach, je näher der Abflug im Juni 1984 rückte. Teuscher ging auf die Fußballer-Suche in seiner Zweibrücker Heimat. Fündig wurde er in Mittelbach, Wattweiler, Brenschelbach und Stambach. Aber auch aus Leimen, Bundenthal und Clausen gab es Verstärkung für die Merzalber Fußballabordnung. Grundvoraussetzung für den Schwaben AC und auch für Edgar Anstett, war nämlich, dass Fußballbegegnungen ausgetragen werden. Fußballspiele gewannen die Pfälzer in Milwaukee (Wisconsin) und St. Joe (Michigan) jeweils 3:1. Das „Spiel der Spiele“ in Chicago gegen den Schwaben AC hingegen ging mit 1:4 verloren.

Nicht verloren, weil schon legendär, sind die Erlebnisse auf der 14-tägigen US-Tour: etwa ein Tornado in Milwaukee und das Fußballspiel der Spiel Chicago Stings gegen Cosmos New York. Im Jahr 1989 fand sich bislang zum letzten Mal eine Chicagoer-Mannschaft, das A-Jugend-Team des Schwaben AC, in Merzalben ein. Unter anderen fuhren Oswald Teuscher und Willi Ernst mit den Jungs zum Betzenberg, wo rein zufällig auf FCK-Präsident Norbert Thines getroffen wurde. Er führte höchstpersönlich die US-Boys in und um das FCK-Stadion. Das war dann für die Fußball-Junioren ein einmaliges Erlebnis.

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