Kaiserslautern Im Garten von Madame Fleur

Der Ballettaufführung der Ballettschule von Claudia Cafuk war am Samstag im Kulturzentrum Kammgarn ein sensationeller, spektakulärer und triumphaler Erfolg beschieden. Trotz drangvoller Enge bei Bühne und Zuschauerraum hielt die erfolgreiche Pädagogin sicher die Fäden in der Hand.

Das seit zehn Jahren bestehende „Ein-Personen-Unternehmen“ der in der Glockenstraße beheimateten Ballettschule brachte eine selbst verfasste Geschichte („Die Kinder von Millefleurs“) um eine fiktive Madame Fleur auf die Bühne: Textbuch, Choreographie und akribische Umsetzung lag also in zwei bewährten, glücklichen Händen, die sich in zwei Jahren unermüdlich für dieses Projekt regen. Ballettschülerinnen zwischen vier und 20 Jahren repräsentierten einen hohen, wenn auch mühsam erarbeiteten Standard. Im Prolog wird von den beiden Erzählern Maren Scheer und Paul Kehrer in eine idyllische, malerische (im doppelten Sinn des Wortes) Welt der Madame Fleur eingeführt: Ihr „Garten Eden“ beheimatet eine große Vielfalt an Insekten und Blumen, die Fauna und Flora wird in liebevoller Detailarbeit der Großfamilie Kern (Bühnenbilder von Adam Kern) dargestellt. Claudia Cafuk schneiderte zusammen mit engagierten Müttern die vielen Kostüme, Michael Halberstadt stellte Klangbeispiele aus Barock (Corelli, Vivaldi) und aktuelle Filmmelodien (etwa „Fluch der Karibik“) zu einem an Filmmusik erinnernden Soundtrack zusammen. In dieser pittoreske und in vielen Episoden von personifizierten Insekten subtil dargestellte harmonische Natur vollzieht sich aber mit dem Tod der Besitzerin ein radikaler Umbruch. Während anfangs Schmetterlinge auf Blumen tanzten, Marienkäfer Blattläusen nachstellten (immer von Balletteleven verkörpert) und Hummeln zu den Klängen von Rimski-Korsakow „Hummelflug-Musik“ wie entfesselt schwirrten, treten jetzt im Hauptteil „Sanierer“ im Auftrag der Stadt in Aktion. Der Grund: Der Garten soll zu einem öffentlichen Park umgestaltet werden; anstelle anmutig die Netze ausbreitender Spinnenfrauen betreten Arbeiterkolonnen das Terrain, machen der Vielfalt an Kleinstlebewesen und an Pflanzen mit der Giftspitze den Garaus. Und die Waisenkinder sollen eine Betreuerin bekommen und der Bürgermeister tritt in einer psychologisch raffiniert gespielten Szene als Drahtzieher und Macher auf. Aus dem Allegorien- und Märchenspiel wird somit bitterer Ernst, eine gesellschaftskritische Analogie zur Wirklichkeit unterstreicht dessen pädagogischen Anspruch. Doch die Autorin hat mit ihren schockierenden, zerstörenden Bildern ein Einsehen. In einem Happy End übernimmt das älteste der Mädchen, Rosa, das Anwesen und führt es im Sinne von Madame Fleur fort. Ein Schelm, der bei der aufgezeigten Problematik nach Analogien in Stadt und Land sucht – und sie findet. Entscheidend für den grandiosen Aufführungserfolg war, dass alle Episoden, Situationen und Konflikte tänzerisch, gestisch, mimisch in mühevoller Detailarbeit dargestellt wurden. Da stimmte einfach alles. Der choreographische Ansatz stand dabei in der Tradition hochromantischer Empfindungen: Ausdrucksstark in der Gebärdensprache und grazil-verspielt in den Solo- Paar- und gruppen/Reigentänzen. Dabei wirkte alles in der Koordination und Synchronisation der kontrollierten Bewegungsabläufe genauestens auf die Musik abgestimmt. Der Wechsel von klassischen Themen über Folk, Rock- und Filmmusik vollzog sich nahtlos, alles wirkte souverän und sicher im reibungslosen Bühnenablauf. Dabei faszinierte die liebevolle Detailarbeit, wenn etwa Schmetterlinge aus Blumen aufsteigen. Die Balletteleven ließen sich vom Stoff inspirieren, gewannen nicht nur Sicherheit, sondern auch tänzerisch schwebende Leichtigkeit. Claudia Cafuk hat in Essen, Frankfurt/Main und Mannheim studiert. Sie unterhält seit zehn Jahren in Kaiserslautern eine eigene Ballettschule mit derzeit 150 Schülerinnen. Geplant ist die Einstellung einer weiteren Fachkraft, um der großen Nachfrage gerecht werden zu können.

x