Ludwigshafen Nach BASF-Unglück: Stadt bestellt lautere Sirenen

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Die Stadt rüstet für den Katastrophenfall auf: Neue Hochleistungssirenen sollen die Bevölkerung bei Unglücken warnen. Bis zum Herbst sollen in den Stadtteilen entlang der BASF sechs neue Anlagen installiert werden. Sie sind viermal so laut wie die alten Luftschutzsirenen. Die Verwaltung zieht damit Konsequenzen aus der Explosionskatastrophe im Nordhafen.

Ludwigshafen

ist wegen der chemischen Industrie ein Hochrisikostandort: Täglich finden im Stadtgebiet 16.000 Gefahrguttransporte statt. Und hier ist der Sitz der weltgrößten Chemiefabrik. Im Unglücksfall muss die Stadt die Bürger schnell warnen können, damit sie sich nicht mehr im Freien aufhalten und Fenster und Türen schließen. Ein wichtiger Bestandteil des Warnsystems sind Sirenen. Die bestehenden Anlagen sind mehrere Jahrzehnte alt. Sie funktionieren zwar, sind aber nicht überall gut zu hören, wie mehrere Tests der Feuerwehr ergeben haben. Moderne Häuser haben meist mehrfach verglaste Fensterscheiben, die Geräusche von draußen dämmen. Das Sirenengeheul ist deshalb je nach Wohnort nur leise zu vernehmen. Das hat sich beim BASF-Unglück vom 17. Oktober im Nordhafen bemerkbar gemacht. Nach der Explosion einer Pipeline und mehreren Folgebränden hatte sich ein große schwarze Rauchwolke über dem Unglücksort gebildet. Wechselnde Winde trieben Schadstoffe durch die Luft – auch in Richtung von Wohngebieten. Die Feuerwehr löste deshalb den Sirenenalarm aus. Viele Bürger beklagten jedoch, dass sie den Alarm nicht gehört hätten. Die Stadtverwaltung hat deshalb sechs neue Sirenen bestellt, die bis zum Herbst in den Stadtteilen entlang der BASF-Werkgrenze installiert werden sollen. Die Geräte baut die Firma Hörmann, die seit über 50 Jahren Sirenenwarnsysteme entwickelt. Allein in Deutschland hat das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1955 rund 60.000 Sirenen für den Zivil- und Katastrophenschutz installiert. „Mit dem neuen Sirenenmodell ist ein weitaus größerer Beschallungsradius möglich“, sagt Helga Pailer, die Niederlassungsleiterin des Herstellers für Südwestdeutschland. Die von der Stadt bestellten Sirenenanlagen haben 16 Hörner bei einer Leistung von 2400 Watt und erreichen eine Lautstärke von 121 Dezibel bei einer Entfernung von 30 Metern. „Dies entspricht etwa einer Vervierfachung der bisherigen Lautstärke“, sagt ein Sprecher der Stadtverwaltung. Und auch Helga Pailer vom Hersteller bekräftigt: „Das ist der leistungsstärkste Typ. Diese Sirenen hört man. Die machen einen Höllenlärm und sind so laut wie ein startender Düsenjet.“ Im Gegensatz zu den alten motorbetriebenen Luftschutzsirenen verfügen die neuen Anlagen über eine unabhängige Stromversorgung und können im Notfall sieben Tage lang mit Batterien betrieben werden. Katastrophenschutzdezernent Dieter Feid (SPD) ist sich deshalb sicher, dass mit den neuen Sirenen die Probleme der Vergangenheit gelöst werden. Die Kosten von zirka 90.000 Euro für die Anschaffung und Installierung übernehme die BASF. Gesteuert wird der Alarm von der Hauptfeuerwache in Mundenheim. Dort hängen Karten, die das Stadtgebiet in Planquadrate unterteilen. Bei einem Brand oder einem Chemieunfall wird per Computer ein sogenanntes Ausbreitungsmodell für die Rauchwolken errechnet. Betroffene Stadtteile können mit den Sirenen gezielt gewarnt werden. Die Anlagen lassen sich einzeln ansteuern. Es gibt auch Warnungen über die Medien und die Smartphone-Apps Nina und Katwarn, doch der per Funk ausgelöste Sirenenalarm soll die breite Masse der Bevölkerung schnell informieren. Denn gerade viele ältere Menschen haben kein Smartphone oder Internet. Die Kernbotschaft der Sirenen an die Bürger lautet: „Da ist etwas passiert, bringt euch in Sicherheit und informiert euch.“ Insgesamt 36 Sirenen sind derzeit über das Stadtgebiet verteilt. Die Verwaltung prüft, ob sie in den kommenden Jahren weitere neue Anlagen anschaffen wird. „Das ist jetzt ein erster Schritt“, sagt Feid. Wenn die sechs Hochleistungssirenen installiert sind, soll es einen stadtweiten Test geben, um zu prüfen, wo nachgerüstet werden muss.

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