Rheinpfalz Wie die Asylpolitik Freund und Feind entzweit

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MAINZ. Die im Bund gemeinsam regierende große Koalition von CDU und SPD will die Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsländern erklären. Das Vorhaben scheitert bisher am Widerstand der Grünen im Bundesrat. Gestern hat das Thema den Mainzer Landtag beschäftigt. Die Debatte zeigte tiefe Gräben in der Flüchtlingspolitik. Sie zeigte aber auch, wie kompliziert manche Themen in der neuen Parteienkonstellation geworden sind.

Die Ausgangslage: Nur ein ganz kleiner Teil der Flüchtlinge aus den drei nordafrikanischen Ländern erhält politisches Asyl. Deshalb wollen CDU und SPD im Bund sie zu sicheren Herkunftsländern erklären. Damit würden die Asylverfahren beschleunigt. Das soll die zuständige Bundesbehörde entlasten und den Menschen aus dem Maghreb Anreize nehmen, nach Deutschland zu kommen. Die notwendige Zustimmung des Bundesrats zum Gesetz scheitert bisher an den Grünen, die im Bundestag in der Opposition sind, aber wie in Rheinland-Pfalz in mehr als der Hälfte aller Bundesländer mitregieren. Die Mainzer Landesregierung hatte beschlossen, sich im Bundesrat der Stimme zu enthalten. Das sieht der Koalitionsvertrag vor, wenn sich die Koalitionspartner SPD, FDP und Grüne nicht auf eine gemeinsame Haltung einigen können. Die ursprünglich für vergangenen Freitag geplante Abstimmung wurde verschoben, weil weiter nach Kompromissmöglichkeiten gesucht werden soll. Die oppositionelle AfD nutzte gestern die politische Gemengelage zu heftiger Kritik an der Mainzer Landesregierung. Die Stimmenthaltung komme einer Ablehnung gleich, sagte Fraktionsvorsitzender Uwe Junge. Damit werde ein falsches Signal gesetzt und „eine Sogwirkung erzeugt“ auf Menschen im Maghreb. Junge sagte auch, Asylsuchende aus dem Maghreb schlichen sich rechtswidrig ein, würden überdurchschnittlich häufig kriminell und sollten „zum Schutz unserer Töchter“ das Land wieder verlassen. Die CDU, die angekündigt hat, Oppositionsarbeit ohne Rücksichtnahme auf die rechtspopulistische AfD zu machen, warf der Landesregierung vor, eine wichtige politische Entscheidung mit hinauszuzögern. Ministerpräsidentin Dreyer (SPD) lobe die CDU-Kanzlerin für deren Flüchtlingspolitik. Wenn es darauf ankomme, stehe sie jedoch „mit beiden Füßen auf der Bremse“, so der Abgeordnete Adolf Kessel. „Armutsmigration ist kein Menschenrecht“, sagte er. SPD und FDP, die eigentlich für das umstrittene Gesetz sind, sich aber wegen des Koalitionsvertrags bisher den Grünen beugen müssen, suchten die Schuld beim CDU-geführten Kanzleramt in Berlin. Die Landesregierung habe sich gar nicht enthalten, da die Abstimmung aufgeschoben worden sei, sagte Martin Haller (SPD). Das Kanzleramt habe versäumt, rechtzeitig nach Kompromissen mit den Grünen zu suchen. Der AfD warf Haller vor, ein „erschreckendes Weltbild“ zu haben. „Wir haben eine klare Position,“, sagte FDP-Fraktionschef Thomas Roth, ohne diese Position zu benennen. Auch Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun sieht die Schuld bei der Regierung in Berlin: Marokko, Algerien und Tunesien seien keine sicheren Länder, weil unter anderem Journalisten und Homosexuelle verfolgt würden. Die Ablehnung des Gesetzes sei „keine grüne Idee“, sondern Folge einer „berechtigten gesellschaftlichen Diskussion“, die man „in die eine oder andere Richtung entscheiden“ könne. Das klang dann schon so, als sei die Einigung im Bundesrat nur noch eine Frage der Zeit.

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