Rheinpfalz „Großen Schaden in Kauf genommen“

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Zum zweiten Mal in nur fünf Tagen ist die Regierungsbank im Mainzer Landtag zur Anklagebank im Fall des Flughafens Hahn geworden: Gestern brachte die CDU-Fraktion ihren Misstrauensantrag gegen Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) in das Parlament ein, am Donnerstag folgt die Abstimmung. Das Ergebnis ist abzusehen: Klöckner wird scheitern und Dreyer im Amt bleiben.

MAINZ. Schon vergangene Woche ritt Klöckner in der Sondersitzung des Landtags zum gescheiterten Verkauf des Flughafens Hahn an die Shanghai Yiqian Trading Co. Ltd. eine rhetorisch anspruchsvolle Attacke gegen Dreyer. Gestern konnte sie das Niveau nur knapp halten. Sie warf Dreyer eine Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten vor. Nach den Erfahrungen am Nürburgring, sei das Verhandeln mit „offensichtlich unseriösen Geschäftspartnern noch weniger zu entschuldigen“. Gegen Dreyers Darstellung, ihre Staatskanzlei sei nur für die Verhandlung mit der EU-Kommission zuständig gewesen, während der Verkauf ganz vom Innenministerium von Roger Lewentz (SPD) geleitet wurde, führte Klöckner den E-Mail-Verkehr mit KPMG an, den das Ministerium am Freitag öffentlich gemacht hatte. Demnach waren Mitarbeiter der Staatskanzlei bis hin zu Staatskanzleichef Clemens Hoch (SPD) im Verteiler. Dreyer habe die Marschrichtung vorgegeben. Sie habe nichts mehr mit dem Hahn zu tun haben wollen. „Abstoßen um jeden Preis. Vor dem Herbst. Das war ihre Devise.“ Dafür habe sie großen Schaden in Kauf genommen. „Fahrlässig, verantwortungslos und pflichtvergessen“ sei Dreyers Handeln im Verkaufsprozess gewesen, schlug AfD-Fraktionschef Uwe Junge in die gleiche Kerbe. Für seine Aussage Dreyer habe den politischen Gegner im Wahlkampf mit „niederträchtiger Hetze überzogen“, wurde er von Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) ermahnt. Junge forderte, den Verkaufsprozess des Flughafens sofort zu stoppen. Zu Dreyer sagte er: „Sie haben das Vertrauen des Parlaments und der Öffentlichkeit verspielt. Zeigen Sie einen Rest von Ehre und Anstand und treten Sie zurück.“ Das Regierungslager war gestern besser gewappnet als vergangene Woche. Insbesondere Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun ragte rhetorisch heraus: Die Landesregierung hat nach seinen Worten rechtzeitig die Konsequenzen am Flughafen Hahn gezogen. „Wenn jemand den Dieb fängt, können Sie sich doch nicht hinstellen, auf denjenigen zeigen und rufen: ,Haltet den Dieb’“, sagte er in Richtung Opposition. Dass CDU-Chefin Klöckner kein Vertrauen in die Ministerpräsidentin habe, sei nicht neu. „Ich fände es außerdem seltsam, wenn die Regierung Ihr Vertrauen hätte“, sagte er zu Klöckner. Berechtigt sei das Vertrauen aber, deshalb werde der Misstrauensantrag am Donnerstag scheitern. „Nach dem Desaster am Nürburgring konnte ich mir nicht vorstellen, dass das Land erneut mit Geschäftspartnern verhandelt, ohne jeden Stein fünfmal umzudrehen“, sagte FDP-Fraktionschef Thomas Roth. Es sei gut, dass dies nun aufgeklärt werde. Wie und durch wen ließ er offen. Die CDU treibe machttaktische Spielchen, sie stelle einen Misstrauensantrag ohne das Ergebnis der Aufklärung abzuwarten. Dies sei eine Vorverurteilung. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer räumte ein, der Verkaufsprozess am Flughafen Hahn sei „leider mit Fehlern behaftet. Manches hätte anders ablaufen können.“ Der Zwei-Meter-Mann warf der CDU vor, nur aus machtpolitischen Kalkül zu handeln. Die Union habe während der Koalitionsverhandlungen der SPD mit FDP und Grünen versucht, die SPD für eine Große Koalition zu gewinnen, sagte er. Nun wirke die CDU auf die FDP ein. Es gehe um Klöckners persönliche politische Perspektive „Sie sprechen von politischer Hygiene und dann fällt Ihnen der Putzlappen vor die Füße“, sagte Schweitzer. Dass die CDU in einer Pressemitteilung zum Flughafen Hahn die Landesregierung „Täter“ bezeichnet hat, rückte Schweitzer ins rechte Spektrum: „Das ist die Sprache derer, die bei Pegida auf der Bühne stehen.“ Nach dem Ende der Debatte ging er zu Dreyer und umarmte sie. Dann ging die Ministerpräsidentin zu Roth und Braun – dort blieb es bei einem freundlichen Händedruck.

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