Leitartikel Personen und Positionen: Die Landes-CDU muss Klarheit schaffen

Der härteste Gegner der CDU war in den vergangenen Jahren vor allem die CDU selbst.
Der härteste Gegner der CDU war in den vergangenen Jahren vor allem die CDU selbst.

Nach drei Jahrzehnten in der Opposition fehlt es den Christdemokraten im Land an einer Perspektive. Darunter leidet auch die Demokratie. Will die Partei das ändern, muss sie in den eigenen Reihen mutig sein.

Die SPD stellt seit 33 Jahren den Ministerpräsidenten in Mainz. Auf Rudolf Scharping folgte Kurt Beck, nach Kurt Beck zog Malu Dreyer in die Staatskanzlei ein – und seither nicht mehr aus. In drei Jahrzehnten an der Macht haben sich die Sozialdemokraten tief in Strukturen und Institutionen gefräst, vergleichbar mit der CSU in Bayern. Kreisverwaltungen und Rathäuser vermag die CDU zu erobern. Für den großen Wurf in Mainz hat es lange nicht gereicht. So lange, dass sich mancher Christdemokrat um die mittelfristige Zukunft der Landespartei sorgt. Zu Recht.

Der aktuelle Befund ist für Anhänger der Partei betrüblich: Wer in der CDU nach mehr strebt als nach kommunalpolitischer Verantwortung, verlässt das Land oder orientiert sich um. Zu lange schon fehlen Perspektiven im politischen Mainz. Die SPD-Dominanz hat viel mit handelnden Personen zu tun, hüben wie drüben. Aber auch und gerade jetzt mit der auf Uneinigkeit fußenden Schwäche der CDU. Höchste Zeit, Klarheit in den eigenen Reihen zu schaffen: personell wie inhaltlich.

Die Partei sollte selbstbewusst agieren

Nur mit Klarheit nach innen kann die CDU mit Klarheit nach außen treten – und kraftvoll agieren. Die bisherigen Angriffe auf die Ampel waren eher Angriffchen, schnell konzentrierte sich die CDU wieder auf ihren Lieblingsgegner: die CDU. Dabei drängt die Zeit. Die Landtagswahl 2026 mag noch weit weg wirken. Doch Land und Leute müssen ja auch Zeit haben, zu verstehen, was sich mit den Christdemokraten in der Staatskanzlei ändern würde.

Die Partei sollte nicht darauf warten, ob die SPD Dreyer oder doch einen anderen Kandidaten ins Rennen schickt. Sie sollte selbstbewusst agieren und für sich den Weg zur Wahl skizzieren. Die CDU braucht eine eigene Vision für die Zeit nach Malu Dreyer, wann auch immer die beginnen mag.

Schnieder? Baldauf? Schneider?

Doch wen setzt die Partei an die Spitze der Bewegung? Fraktionschef Gordon Schnieder? Parteichef Christian Baldauf? Europaabgeordnete Christine Schneider? Seit dem Putsch gegen den damaligen Fraktionschef Baldauf im Dezember 2022 agiert die CDU Rheinland-Pfalz uneindeutig. Die SPD kann sich freuen: Selbst bei Steilvorlagen wie der Affäre um Staatssekretärin Heike Raab schafft es die CDU nicht, schnell und abgestimmt zu handeln.

Demokratietheoretisch ist das ein Problem. Agiert die größte Oppositionspartei im Land zahnlos, schwächt sie ihre Rolle als Kontrollinstanz. Da hilft es wenig, wenn Landräte, Oberbürgermeister oder Bürgermeister aus der Pfalz in Richtung Mainz schimpfen. Richtiger Gegenwind müsste von der Oppositionsbank im Landtag kommen.

Vorsitz und Spitzenkandidatur in einer Hand

Doch Anfang 2024 ist bei den Christdemokraten nicht mal klar, wer sich da mit wessen Rückendeckung zu Wort meldet, wer die großen Linien bestimmt. Schnieder? Baldauf? Was machen eigentlich jene, die 2022 den Putsch gewagt haben? Ist die Revolution abgesagt? Amtsträger in der Pfalz hoffen auf schnelle Entscheidungen.

Wollen die Christdemokraten den Lauf der Dinge ändern, müssen sie eindeutig agieren. Parteivorsitz und Spitzenkandidatur gehören dafür in eine Hand. Dieser Prozess wird dem einen oder anderen wehtun, doch nur so schafft die CDU Klarheit. Die Wunden der Vergangenheit sind ohnehin nicht zu heilen.

Wie wäre es mit einer Frau?

Auch wenn gerade vieles auf einen Spitzenkandidaten Gordon Schnieder hinausläuft: Vielleicht denkt die CDU ja doch noch mal ganz neu und setzt auf eine Frau, die mit Putschversuchen bisher so rein gar nichts zu tun hatte. Die aktuelle Konstellation jedenfalls lähmt Fortschritt. Nicht nur in der Partei.

Vieles weist derzeit auf Fraktionschef Gordon Schnieder als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2026 hin.
Vieles weist derzeit auf Fraktionschef Gordon Schnieder als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2026 hin.
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