Tiere Farbratten als Haustiere

Klettern und Spielen – außer Fressen die liebsten Beschäftungen von Ratten.
Klettern und Spielen – außer Fressen die liebsten Beschäftungen von Ratten.

Die einen lieben sie, den anderen stehen bei ihrem Anblick die Haare zu Berge. Ratten sind wahrscheinlich die treuestenBegleiter der Menschheit und immer in unserer Nähe, auch wenn wir sie nicht sehen. Ihre domestizierten Verwandten, die Farbratten, sind mitnichten Schädlinge, sondern anhängliche und intelligente Hausgenossen – mit Ansprüchen.

Die Verbreitung der Pest im Mittelalter durch den Rattenfloh lastet schwer auf dem Image von Ratten. Millionen Menschen bezahlten mit ihrem Leben, dass die Nagetiere quasi als Untermieter überall dort waren, wo sie Nahrung fanden. Das ist bis heute so geblieben. Je mehr Nahrung im Müll landet, desto mehr Ratten fühlen sich vor allem in Großstädten wohl.

Albino-Ratten sollten wegen der Lichtemfindlichkeit ihrer Augen nicht in sehr hellen Räumen gehalten werden.
Albino-Ratten sollten wegen der Lichtemfindlichkeit ihrer Augen nicht in sehr hellen Räumen gehalten werden.

Wie können solche Wesen die heimischen Wohnzimmer als Haustiere erobern? Weil sie liebenswerte und soziale Tiere sind, wie der Industrieverband Heimtiere (IVH) erklärt. Laut einer Studie des IVH und des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) lebten 2020 rund 200.000 Farbratten in deutschen Haushalten. Das ist zwar nur Platz fünf nach Kaninchen, Meerschweinchen, Mäusen und Hamstern. Dafür sind die quirligen Wesen, denen am 4. April der „Tag der Ratte“ gewidmet ist, viel besser zum Kuscheln geeignet als die Konkurrenz.

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Zur Sache: Farbratten

Kontrollierter Freigang wichtig

„Farbratten sind sehr soziale Tiere. Sie kümmern sich umeinander, putzen sich gegenseitig und interagieren viel in der Gruppe“, so die Fachbuchautorin und Rattenexpertin Christine Wilde. Das können sie auch auf Menschen übertragen. Mit Geduld und Leckerlis können sie sehr anhänglich werden. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) rät dazu, sich pro Tag etwa zwei Stunden mit den Tieren, die auf keinen Fall alleine gehalten werden dürfen, zu beschäftigen und ihnen möglichst einen kontrollierten Freigang zu ermöglichen.

Gleichgeschlechtliche Wurfgeschwister sind laut Deutschem Tierschutzbund am besten zur Vergesellschaftung geeignet. Wolle man Weibchen und Männchen zusammen halten, sollten die Männchen bereits mit zwei Monaten kastriert werden, um ungewollten Nachwuchs zu verhindern. In jüngster Zeit mussten in Tierheimen in der Region zahlreiche Tiere aus unkontrollierter Vermehrung untergebracht werden.

Hochfrequente Kommunikation

Ratten kommunizieren untereinander in hochfrequenten Tönen, die das menschliche Ohr nicht hören kann. Fühlen sie sich nicht wohl, äußern sie das dagegen mit einem hörbaren Fiepen. Dann hat man sie vielleicht zu sehr mit Kuscheleinheiten bedrängt, oder die Ratte hat vor etwas Angst. Quieken sie, könnte das auf Schmerzen hinweisen. Fauchende Ratten sollte man laut IVH besser in Ruhe lassen.

Kuscheln gefälligst? Ratten können sehr zahm werden.
Kuscheln gefälligst? Ratten können sehr zahm werden.

Andere Länder, andere Meinungen: Wer etwa im chinesischen Jahr der Ratte geboren ist, gilt als besonders intelligent. Der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe weist darauf hin, dass Ratten auch als Heimtiere ihrer schlechten Reputation überhaupt nicht gerecht werden: „Im Gegenteil, Ratten sind sehr reinliche Mitbewohner. Genau wie Katzen betreiben sie mehrmals am Tag eine intensive Fellpflege – und können sogar stubenrein werden“, erklärt Selina Zang, wissenschaftliche Fachreferentin für Heimtiere beim ZZF.

„Toilette“ oft reinigen

Der Nagetieren oft nachgesagte strenge Geruch etwa entsteht, wenn das Gehege nicht häufig genug gründlich gereinigt wird. Denn Ratten markieren ihr Revier mit Urintropfen, was für die typische Duftnote sorgt. Für ihr Geschäft nutzen die Nager bereits von Natur aus meist einen selbst gewählten Winkel ihres Quartiers. Viele Ratten können nach einem Training sogar eine „Toilette“ benutzen.

Als Ratten-Toilette kann saugfähiges Einstreu-Material verwendet werden. Für das gesamte Gehege sollte beispielsweise eine im Fachhandel erhältliche, stark aufsaugende Einstreu wie Hanfstreu verwendet werden. Das früher häufig für Nagetiere verwendete Sägemehl oder Hobelspäne aus der Tischlerei sind nicht geeignet: Die staubigen Unterlagen können die Augen und Atemwege der Tiere reizen. Tierhalter sollten die Einstreu regelmäßig auswechseln und die Toilette täglich reinigen.

Käfig darf nicht aus Holz sein

Der Käfig, der wegen der Nagetätigkeit der Tiere nicht aus Holz bestehen darf, sollte für bis zu drei Ratten mindestens einen Meter lang, 50 Zentimeter breit und einen Meter hoch sein, wie die TVT empfiehlt. Auch ein Turmbau mit mehreren Etagen ist möglich. Es sollten ausreichend Bewegungsmöglichkeiten vorhanden sein, da Ratten sonst zur Verfettung neigen. Holz- und Pappröhren eignen sich als Verstecke. „Handelsübliche Laufräder sind allesamt zu klein und eignen sich wegen der daraus resultierenden unnatürlichen Körperhaltung und der Verletzungsgefahr für die langen Schwänze nicht“, so die Organisation.

Für das Säubern des Geheges wie auch der Einrichtung eignet sich statt stark duftendem Reinigungsmittel heißes Wasser mit Essig. Dies reizt die Atemwege der Tiere nicht und erhält den „Rudelgeruch“. „Wird dieser Geruch nämlich entfernt oder überdeckt, markieren die Ratten umso mehr“, erklärt die Kleinsäuger-Expertin Selina Zang vom ZZF. Wer Essig verwendet, muss mit klarem Wasser nachspülen, um den Geruch zu beseitigen.

Beim Thema „Futter und Fütterung“ spielt Hygiene ebenfalls eine große Rolle. Sind etwa die Futternäpfe zu groß, setzen sich Ratten manchmal in die Gefäße hinein. Die Folge: Das Futter kann mit Exkrementen verschmutzt werden.

Futterreste entfernen

Eine tägliche Reinigung des Futternapfs ist aus einem weiteren Grund wichtig: Eine ausgewachsene Ratte benötigt etwa einen Esslöffel Mischfutter pro Tag, die meisten Futternäpfe fassen aber mehr als 500 Gramm. Wird der Behälter immer nur aufgefüllt und werden Speisereste der Futtermischung und des Frischfutters nicht täglich entfernt, verdirbt das Futter. Übrigens: Das Material des Napfs sollte dem großen Nagebedürfnis der Ratte widerstehen, am besten sind hier Gefäße aus Keramik.

Eine offene Wassertränke sollte nicht durch hineinfallende Einstreu verunreinigt werden. Bei Nippeltränken muss man darauf achten, dass sie ordnungsgemäß funktionieren, nicht tropfen oder mit Algen besetzt sind.

Als Futterergänzung empfehlen die Experten der TVT frisches Gemüse und Obst, Katzengras, wenig tierisches Eiweiß wie hartgekochte Eier, Käse, Futterinsekten und Hundetrockenfutter. Leckerbissen können ungekochte Nudeln oder Nüsse sein, wodurch die nachwachsenden Nagezähne zusätzlich abgenutzt werden. Daher bräuchten Ratten auch ständig Nagematerial wie frische Zweige und unbehandelte Holzstücke, erklärt die TVT.

Wegen der doch recht anspruchsvollen Haltungsbedingungen und des nötigen Feingefühls im Umgang empfehlen die Tierärzte, dass Ratten von Kindern unter zehn Jahren nur unter Aufsicht der Eltern gepflegt werden sollten. Außerdem seien Ratten sehr anfällig für Erkältungskrankheiten und dürften daher niemals Zugluft ausgesetzt sein. Auch Tumore kommen häufig vor. Putzen und kratzen sich die Tiere und verlieren beispielsweise Fell könnten Parasiten die Ursache sein, so die TVT.

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