Politik Zur Sache: Merkels Gegner und Verbündete in der EU

Merkel-Dämmerung? Der Theaterdonner, den die CSU in Berlin entfacht hat, sollte nicht den Blick auf die Realität vernebeln. Die innenpolitischen Widersacher der Kanzlerin, Horst Seehofer und Markus Söder, verfügen in Brüssel allenfalls über eine Handvoll Verbündete. Und wenn man sich die Positionen der Merkel-Gegner genau ansieht, wird deutlich: In der Sache streiten sie häufig für verschiedene Dinge. Auf dem EU-Parkett steht Seehofer und Co. einer am nächsten, der auch deutsch spricht: der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. Er will vor allem die Flüchtlingszahlen in seinem Land klein halten und hat Sympathien für schneidige Parolen wie „Grenzen dicht!“. Aber damit hat es sich schon mit den Gemeinsamkeiten. Kurz bildet eine Brücke zu der Truppe, die Ungarns Viktor Orbán anführt und der auch die Regierungen Tschechiens, Polens und der Slowakei angehören. In der Sache verfolgen sie aber nicht die CSU-Agenda. Die vier Visegrad-Staaten sind Totalverweigerer. Sie sperren sich gegen jegliche Aufnahme von Flüchtlingen, wollen keinen Umverteilungsmechanismus und nerven mit diesem Ansatz alle anderen Mitgliedstaaten, die zwar unterschiedliche Interessen haben, aber an einer Lösung interessiert sind. Italien ist auch schwierig für Merkel. Rom will die Dublin-Regelung, wonach das Land der Ankunft für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig ist, überwinden, steht damit aber komplett allein da. Anders als die Visegrad-Staaten fordert Italien aber etwas ein, wofür Merkel kämpft: Solidarität von anderen EU-Ländern, die nicht so sehr Zielland sind, und Umverteilung. Unabhängig von der Zugehörigkeit zur europäischen Parteienfamilie der Christdemokraten kann Angela Merkel auf viele Verbündete zählen. An erster Stelle ist hier Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu nennen. Für ihn ist ein Konsens der Europäer für ein gemeinsames Asylsystem wichtig. Er ist auch für robuste Lösungen. Außerdem hat Macron sein politisches Schicksal mit einem Gelingen Europas verknüpft. Er braucht Deutschland, um die Reform der Euro-Zone voran zu bringen. Er ist im Gegenzug bereit, Merkel in der Flüchtlingskrise zu helfen. Überraschend konstruktiv hat sich der neue spanische Regierungschef Pedro Sanchez geäußert. Der Sozialist stützt Merkel ausdrücklich in der Migrationspolitik. Ebenso wie übrigens Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras und Bulgariens Boyko Borisow. Alle drei kommen aus Frontstaaten und wissen: Die Flüchtlingszahlen werden wieder hochgehen, da wollen sie dann auch nicht allein gelassen werden und spekulieren auf finanzielle Hilfe und eine solidarische Umverteilung. Zudem unterstützen viele Politiker aus der europäischen Parteienfamilie EVP, der auch die Unionsparteien angehören, Merkel, wie etwa der irische Regierungschef Leo Varadkar. Dazu zählen auch der Pole Donald Tusk, EU-Ratspräsident, sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Sie arbeiten seit langem auf europäische Lösungen im Asylstreit hin.

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