Deutsche Einheit Sorge um Demokratiedefizit im Osten

Der neue Ostbeauftragte Wanderwitz stellte seinen ersten Jahresbericht vor.
Der neue Ostbeauftragte Wanderwitz stellte seinen ersten Jahresbericht vor.

Trotz anhaltender Unterschiede zwischen Ost und West in der Wirtschaftskraft zieht die Bundesregierung 30 Jahre nach der deutschen Einheit eine überwiegend positive Bilanz.

Allerdings stelle das Erreichte nicht alle Bürger gleichermaßen zufrieden, heißt es in dem am Mittwoch vorgestellten Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit. Der Ostbeauftragte Marco Wanderwitz (CDU) mahnte angesichts zunehmender rechtsextremer Tendenzen in den neuen Ländern weitere Anstrengungen zur Stärkung der Demokratie an.

Die durchschnittliche Wirtschaftskraft der neuen Bundesländer inklusive Berlin erreichte dem Regierungsbericht zufolge gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 2019 ein Niveau von 79,1 Prozent des gesamtdeutschen Durchschnitts. An das Westniveau habe der Osten noch nicht anknüpfen können: „Auch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer hat noch kein Flächenland der neuen Bundesländer das Niveau des westdeutschen Landes mit der niedrigsten Wirtschaftskraft erreicht.“

Abstand bei Wirtschaftskraft

Die verfügbaren Haushaltseinkommen erreichten im Jahr 2018 rund 88,3 Prozent des Bundesdurchschnitts. Einzelne Länder wie Sachsen und Brandenburg hätten hier bereits zum Niveau des einkommensschwächsten westlichen Landes, des Saarlands, aufgeschlossen. Für den anhaltenden Abstand bei der Wirtschaftskraft macht der Bericht eine Reihe von strukturellen Faktoren im Osten verantwortlich, etwa die geringere Siedlungsdichte, die traditionell ländlichere Prägung und die geringere Bedeutung von Ballungsräumen. Die gesamte wirtschaftliche Entwicklung sei aber „positiv“ zu bewerten.

Die Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte seien für viele Bürger „mit Sorgen und Verunsicherungen verbunden, die zu neuen Polarisierungen in unserer Gesellschaft geführt haben“, heißt es in dem Bericht, der erstmals unter der Federführung des neuen Ostbeauftragten Wanderwitz erstellt wurde.

Unkenntnis über politische Prozesse

Wanderwitz sieht auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung bei vielen Ostdeutschen große Demokratiedefizite. Ein Fehler im Wiedervereinigungsprozess sei die Vernachlässigung der politischen Bildung gewesen. Die Unkenntnis über demokratische und politische Prozesse, die ihm immer wieder begegne, sei teilweise gravierend, sagte der aus dem Erzgebirge stammende Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.

Der Ostbeauftragte sprach insgesamt von einer „überwiegend positiven Bilanz“. Deutschland sei sich in vielen Bereichen ähnlicher geworden, auch wenn es noch „messbare und sichtbare“ Unterschiede etwa bei den Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten gebe.

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