Politik Klare Mehrheit auf SPD-Parteitag für Verbleib in der großen Koalition

Sie sind gewählt: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans auf dem Berliner Parteitag der SPD.
Sie sind gewählt: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans auf dem Berliner Parteitag der SPD. Foto: dpa

Saskia Esken und Norbert-Walter Borjans sind an die Spitze der Sozialdemokraten gewählt worden. Beide fordern eine neue Arbeitsmarkt- und Haushaltspolitik. Der linke Flügel der Partei scheitert mit dem Versuch, die große Koalition direkt zu beenden.

Die SPD will trotz schlechter Umfragewerte und scharfer Kritik am Koalitionspartner Union zunächst in der Bundesregierung bleiben. Das neu gewählte Führungsduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gab dem Bündnis am Freitag in Berlin noch eine letzte Chance. Der Parteitag stimmte mit großer Mehrheit einem Leitantrag zu, in dem die Parteiführung beauftragt wird, Gespräche mit der Union zu führen unter anderem über einen höheren CO2-Preis und einen höheren Mindestlohn. Ein Änderungsantrag, der harte Nachverhandlungen forderte, wurde ebenso abgelehnt wie ein Antrag, die Koalition zu beenden.

Ursprünglich hatten Walter-Borjans und Esken richtige Nachverhandlungen in Aussicht gestellt, ergänzt mit der Drohung, die Koalition zu beenden. Juso-Chef Kevin Kühnert, ein ausgewiesener Groko-Kritiker, sagte, er vertraue darauf, dass es mit der neuen SPD-Führung kein „Weiter so“ geben werde.

Fast 90 Prozent für Walter-Borjans

Mit der Wahl der neuen Doppelspitze setzte der SPD-Parteitag in Berlin das Ergebnis des Mitgliederentscheids um. Aus diesem waren der frühere nordrhein-westfälische Finanzminister Walter-Borjans und die baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Esken als Sieger hervorgegangen. Zunächst musste der Parteitag aber die Satzung ändern, die bisher keine Doppelspitze vorsah. In der folgenden Wahl erhielt Walter-Borjans 89,2 Prozent der Delegiertenstimmen. Esken kam lediglich auf 75,9 Prozent.

In seiner Bewerbungsrede forderte Walter-Borjans eine andere Haushaltspolitik, ein „Jahrzehnt der öffentlichen Investitionen“. „Wenn die Schwarze Null einer besseren Zukunft unserer Kinder entgegensteht, dann ist sie falsch, dann muss sie weg“, rief Walter-Borjans. Das gelte auch für die Schuldenbremse. Diese begrenzt die mögliche Neuverschuldung von Bund und Ländern in wirtschaftlich normalen Zeiten auf maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Geregelt ist das im Grundgesetz.

Esken forderte ihre Partei zu einer neuen Arbeitsmarktpolitik auf, zur Abkehr von der Agenda-Politik unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder. Die SPD habe Hartz IV eingeführt, die SPD müsse Hartz IV nun überwinden. Die 58-Jährige verlangte eine Austrocknung des Niedriglohnsektors, der auch durch den Beitrag der Sozialdemokraten ausgeweitet worden sei.

Zu neuen stellvertretenden Parteivorsitzenden wurden gewählt: die schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Serpil Midyatli (79,8 Prozent), die in der Stichwahl zum Parteivorsitz unterlegene Kandidatin Klara Geywitz (76,8), die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (74,8), Kevin Kühnert (70,4), Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (70).

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer gratulierte der neuen SPD-Spitze zur Wahl. Auf Twitter forderte sie aber auch „das klare Bekenntnis zum gemeinsamen Auftrag“.

x