Politik Gegenwind für die SPD im hohen Norden

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In dem am Donnerstagabend veröffentlichten ZDF-„Politbarometer Extra“ liegt die CDU unverändert mit 32 Prozent vor der SPD, die aber im Vergleich zur Vorwoche einen Punkt auf 29 Prozent eingebüßt hat. Den jüngsten Umfragen zufolge hätte die amtierende Regierung aus SPD, Grünen und SSW unter Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) keine Mehrheit mehr. Außer einer großen Koalition wären diesen Daten zufolge nach der morgigen Wahl allein Dreierbündnisse aus SPD oder CDU mit Grünen und FDP möglich. Bei der Frage, wen die Schleswig-Holsteiner lieber als Ministerpräsidenten hätten, verfügt der SPD-Kandidat und Amtsinhaber Torsten Albig mit 43 Prozent nur noch über einen Vorsprung von sieben Prozentpunkten vor seinem Herausforderer von der CDU. Daniel Günther hat kräftig aufgeholt und kommt auf 36 Prozent. Trotz der jüngsten Umfrageeinbußen hält Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) an seiner Koalitionsaussage für ein Bündnis mit Grünen und SSW fest. „Wir wollen genau die Koalition fortsetzen, die wir haben“, sagte Albig gestern im ARD-„Morgenmagazin“. Dies sei der Plan A. Über etwaige andere Bündnisse wie eine große Koalition mit der CDU von Spitzenkandidat Daniel Günther oder ein Dreierbündnis mit Grünen und FDP will er frühestens nach der Landtagswahl ab Sonntagabend um 18 Uhr diskutieren. Albig betonte: „Natürlich haben wir einen Plan B.“ Albigs Koalitionspartner Robert Habeck von den Grünen (er ist stellvertretender Ministerpräsident und Landwirtschafts- und Umweltminister) sagte im SWR: „Wenn die SPD ein bisschen schwächelt, dann müssen wir eben noch ein bisschen zulegen.“ Er sehe keine Wechselstimmung. Im nördlichsten Bundesland häuften sich für die SPD zuletzt Negativeffekte. So gewann Albig aus Expertensicht nicht das Fernsehduell gegen Herausforderer Günther. Hinzu kam ein verunglücktes „Bunte“-Interview über die Trennung von seiner Frau und seine neuen Ehepläne. Auch die Kritik von SPD-Parteichef Martin Schulz und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Abschiebestopp für Afghanen sorgte parteiintern, aber auch beim Wahlvolk für Unruhe. Aus Kiel werden abgelehnte Asylbewerber nicht nach Kabul zurückgeführt, weil die Landesregierung das Land am Hindukusch als nicht sicher einstuft. Zugleich bot ein gereift wirkender Günther dem amtierenden Ministerpräsidenten erfolgreich Paroli. Der CDU-Mann setzte im Wahlkampf Akzente bei Themen mit hohem Zustimmungspotenzial: Günther will weg vom Turbo-Abitur (G 8); er verlangt größere Abstände zwischen neuen Windanlagen und Wohnhäusern. Außerdem möchte Günther die Grunderwerbsteuer senken und verspricht einen zügigen Weiterbau der Autobahn 20. Die SPD setzt das Signal „Weiter so“. Albig und seine Partei propagieren „mehr Gerechtigkeit“ und wollen mittelfristig Eltern von den Kita-Kosten befreien (in Rheinland-Pfalz sind Kinder ab zwei Jahren frei). Für den Wahlausgang mitentscheidend wird sein, wie die Parteien ihre Klientel mobilisieren können, wie hoch der Anteil der Nichtwähler ausfällt – und vor allem, wie die kleineren Parteien abschneiden. Ein Faktor, der die Wahl ebenfalls beeinflussen könnte: Erstmals in Schleswig-Holstein dürfen Jugendliche ab 16 Jahren wählen gehen. Die Grünen hoffen, auf über zehn Prozent zu kommen. Die Umfragen signalisieren um die zwölf Prozent. Die Landespartei im Norden trotzt mit diesen Zahlen offenkundig dem Abwärtstrend bei der Bundespartei. Aber auch bei den Landesgrünen sind die Wahlergebnisse häufig schlechter ausgefallen als die Umfragen davor. Die Spitzenkandidatin bei den Grünen ist Finanzministerin Monika Heinold. Der eigentliche Parteistar ist freilich Umweltminister Robert Habeck. Nur hat der alles auf eine Karte gesetzt: Er bewarb sich parteiintern als Kandidat für das Spitzenduo bei der Bundestagswahl. Er unterlag aber hauchdünn dem Schwaben Cem Özdemir. Auf der Liste seiner Partei für die Landtagswahl steht Habeck nun nicht. Er hatte sich nicht abgesichert. Für den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) sind drei bis vier Prozent drin. Damit käme der SSW eigentlich nicht ins Parlament, aber die Partei ist von der Sperrklausel befreit. Der SSW ist seit 1948 die politische Vertretung der dänischen Minderheit und der nationalen Friesen. Die Linke spielt in dem Land zwischen Nord- und Ostsee kaum eine Rolle. Ihr Führungspersonal ist unbekannt, ihre Regierungsfähigkeit wird angezweifelt. Das gilt auch für die AfD: Die „Alternative für Deutschland“ wird bei fünf bis sechs Prozent gehandelt. Mit ihr will niemand kooperieren. Die Piraten laufen nur noch unter „Sonstige“. Anders die FDP: Die wiederauferstandenen Liberalen liegen in Umfragen bei neun bis elf Prozent. Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki meint, die FDP sei für die Regierungsbildung in jedem Fall gefragt. Die CDU hofft auf ein „Jamaika-Bündnis“ mit Grünen und FDP; die SPD zieht eine „Ampel-Koalition“ aus SPD, Grünen und FDP in Betracht – aber eben nur, wenn die bisherige Regierung nicht weitermachen kann. |dpa/afp/blt

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