Politik G-20-Gipfel: Politik mit und ohne Schlips

Wer kommt nach Hamburg?

Die Gruppe der 20 (G 20) setzt sich aus 19 Ländern und der EU zusammen: Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Republik Korea, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Türkei und die USA. Als Gastländer eingeladen sind Spanien, Norwegen, die Niederlande, Vietnam, Singapur, Guinea und Senegal. Darüber hinaus nehmen internationale Organisationen teil, wie beispielsweise die Weltbank, die Welthandelsorganisation, die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die Internationale Arbeitsorganisation, der Internationale Währungsfonds, der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board), die Vereinten Nationen und die Weltgesundheitsorganisation. Wie hat das angefangen? Die Mutter aller G-Gipfel ist das G-6-Treffen 1975 in französischen Schloss Rambouillet. Es ging auf eine Idee des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt und des französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing zurück. In kleinem Kreis unter Gleichgesinnten sollte in entspannter Atmosphäre ohne Kameras und Protokoll vertrauensbildend über die Lage der Welt diskutiert werden. Politik ohne Schlips. In Rambouillet dabei: Frankreich, die USA, Großbritannien, Italien, Japan und Deutschland. Aus diesem Treffen entwickelten sich weitere Formate: G 7, G 8 oder G 20. Längst sind aus der trauten Sechserrunde öffentlichkeitswirksame und umstrittene Mammutveranstaltungen geworden. Was sollen diese Treffen? Der Gipfel in Hamburg ist Schlusspunkt eines längeren Prozesses. Die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2015 mit Vorbereitungen und Gesprächen für das Hamburger Treffen begonnen. Für die Öffentlichkeit sichtbares Ergebnis ist das Schlusskommuniqué. Daran wird von den sogenannten Sherpas monatelang gefeilt. Federführend auf deutscher Seite ist Lars-Hendrik Röller. Er ist der persönliche Beauftragte der Bundeskanzlerin für die G-Gipfel. Sherpas arbeiten meist im Verborgenen – und sie arbeiten viel. Es geht darum, die Gipfelteilnehmer bei Themen von weltpolitischer Bedeutung auf eine Richtung einzuschwören. Das heißt: Das Schlusskommuniqué hat keine Rechtsverbindlichkeit. Gleichwohl verpflichten sich Staaten, eine bestimmte Politik zu betreiben. Beispielsweise den freien Handel zu fördern oder das Klima zu schützen. Wer dann später aus der Reihe tanzt, steht in der Regel international am Pranger. In Deutschland ist es längst Brauch, dass die Bundesregierung vor derartigen Gipfeln mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in einen Dialog eintritt. Deren Anregungen werden als Beiträge zur Meinungsbildung gewertet. Vor diesem Hintergrund ist an den Gipfeln der Prozess der Politikformulierung fast schon wichtiger als das Treffen selbst. Welche Themen stehen an? In der Regel macht das Ausrichterland zunächst eine Ansage. Für Deutschland war neben den Themen Freihandel, Klimaschutz oder Sicherheit auch die Migration samt der Bekämpfung der Fluchtursachen wichtig. Allerdings spielt die Flüchtlingsfrage für eine ganze Reihe von Teilnehmern des Treffens in Hamburg eher eine untergeordnete Rolle. Die diplomatische Kunst für den deutschen Sherpa Lars-Hendrik Röller und für Kanzlerin Angela Merkel wird darin bestehen, das Migrationsthema dennoch unterzubringen. Ferner will Merkel die Teilnehmer auf eine klares Bekenntnis für den freien Handel und den Klimaschutz einschwören. Die Erfolgsaussichten sind ungewiss. Die USA stellen sich quer. Daher hat Merkel die Erwartungen heruntergeschraubt: „Wir kennen ja bestimmte Positionierungen der amerikanischen Regierung, und da erwarte ich nicht, dass wegen einer zweitägigen Reise nach Hamburg diese Positionierungen ausgesetzt werden und sich im Kommuniqué plötzlich wiederfinden.“ Aber, sagt Merkel: „Miteinander reden ist ja in allen Fragen der internationalen Diplomatie vernünftig und richtig.“ Wie kommt der Gipfel an? Im G-20-Format tagen die Staats- und Regierungschefs erstmals in Deutschland. Wie inzwischen alle G-Gipfel ist auch das Hamburger Treffen umstritten – und umkämpft. Kritiker werfen mindestens Teilen des Teilnehmerkreises vor, zuvörderst westliche oder kapitalistische Interessen zu vertreten. Folgen dieser Politik seien Profitmaximierung, soziale Ungleichheit, Umweltzerstörung, Kriege und Flüchtlingskrisen. Es werden rund 100.000 Gegendemonstranten erwartet, darunter 8000 gewaltbereite Linksextremisten. Ein Zentrum des Widerstandes ist die „Rote Flora“, ein seit 28 Jahren von Linksautonomen besetztes Theater. Der Staat bietet zum Schutz der Veranstaltung 19.000 Polizisten auf. Schon am Dienstag ist die Polizei zu mehreren Einsätzen ausgerückt. Es wurden Wasserwerfer eingesetzt. Was kostet das alles? Die Ausgaben können seriös erst nach dem Gipfel ermittelt werden. Allein der Bund rechnet mit 32 Millionen Euro Kosten für Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Technisches Hilfswerk. Der Bund hat Hamburg darüber hinaus schon 50 Millionen Euro für die Ausrichtung der Veranstaltung überwiesen. Schätzungen gehen von 130 Millionen Euro Gesamtkosten aus.

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