Pfalz Prozess um Rülzheimer Barbarenschatz: Urteil vertagt

Goldene Schmuckstücke eines zeremoniellen Gewandes aus der Spätantike, die Teil des sogenannten Barbarenschatzes sind. Foto: DPA
Goldene Schmuckstücke eines zeremoniellen Gewandes aus der Spätantike, die Teil des sogenannten Barbarenschatzes sind.

Zum dritten Mal steht ein Speyerer, der 2013 mit einer Metallsonde bei Rülzheim (Kreis Germersheim) rund 100 Silber- und Goldobjekte aus dem 5. Jahrhundert aufspürte und zunächst für sich selbst behielt, vor Gericht. Geklärt werden soll, ob er sich der Unterschlagung schuldig gemacht hat. Entschieden werden soll – so das Ergebnis der Verhandlung am Dienstag vor dem Landgericht in Frankenthal – nach zwei weiteren Terminen am 8. und 9. Februar.

Angeklagter will Wert nicht erkannt haben

Der mittlerweile 26-Jährige gab sich am Dienstag rund um die Verhandlung am Landgericht Frankenthal auch gegenüber der Presse zuversichtlich, aber auch versöhnlich. „Ich hoffe, dass es gut ausgeht“, sagte er. Und meint: Freispruch. Seine Argumentation: Selbst Experten sind sich nicht sicher, wie wertvoll seine Funde sind, wie habe er also ahnen können, dass er Bedeutsames entdeckte? Dass er die Stücke erst nach sieben Monaten abgab, erklärt er so: „Ich habe erst recherchieren wollen, ob die Stücke wertvoll sind.“

Suche nach „Lösungsmöglichkeiten“

Als ganz unschuldig und unwissend präsentierte sich der Sondengänger also, während seine beiden Anwälte mit der Richterin ein nicht-öffentliches Erörterungsgespräch führten. Anschließend ging es um „Lösungsmöglichkeiten“ im Gespräch der Verteidiger mit ihrem Mandanten. Nach zwei Stunden einigte man sich auf die Vertagung. „Wir sind optimistisch, eine Lösung zu finden, die allen Beteiligten Rechnung trägt“, sagte der Anwalt des 26-Jährigen.

Fund zunächst nicht abgegeben

Der Speyerer Sondengänger hatte im Mai 2013 die Gold-und Silberstücke entdeckt und sie erst im Dezember der Denkmalpflege übergeben, nachdem er erfuhr, dass die Polizei gegen ihn ermittelt. Vor Gericht landete er, weil er sich nicht an gängiges Recht hielt. In Rheinland-Pfalz gilt – wie in allen Bundesländern außer Bayern – das „Schatzregal“. Diese im Denkmalschutzgesetz verankerte Regelung besagt, dass Bodenfunde von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung bei ihrem Auffinden in das Eigentum des Landes übergehen.

Schon zweimal verurteilt

Laut Landesarchäologie ist der Rülzheimer Hortfund äußerst bedeutsam: Die teils spätantik-römischen, teils hunnisch-osteuropäischen Stücke könnten ein Beleg dafür sein, dass im 5. Jahrhundert Hunnen durch die heutige Südpfalz zogen. So lautet zumindest die Erkenntnis, die Ulrich Himmelmann, Leiter der Außenstelle Speyer der Landesarchäologie, in Vorträgen und Pressegesprächen vermittelt. Die Frage der Bedeutung der Objekte wird nun im Zentrum des mittlerweile dritten Prozesses um den Fund und seinen offenbar nicht ganz ehrlichen Finder stehen, der zunächst 2015, dann 2016 wegen Unterschlagung verurteilt wurde, weil er den Hortfund nicht gleich den Behörden meldete, erst zu 15 Monaten Haft auf Bewährung durchs Amtsgericht Speyer, dann in einem von seinen Anwälten angestrengten Berufungsprozess zu acht Monaten auf Bewährung und 2000 Euro Geldstrafe.

Ansprüche des Grundeigentümers nicht geprüft

Gegen letzteres Urteil, das das Landgericht Frankenthal im Januar 2016 gegen den Sondengänger verhängte, hatte sein Anwalt Revision eingelegt – und das Oberlandsesgericht Zweibrücken folgte seiner Argumentation: Das Frankenthaler Landgericht habe nicht ausreichend ermittelt, ob der Schatz eine besondere wissenschaftliche Bedeutung habe. Dies sei für die Frage der Strafbarkeit entscheidend. Zudem habe das Gericht nicht geprüft, ob der Eigentümer des Grund und Bodens, in dem die Stücke entdeckt wurden, nicht Ansprüche haben könnte.

Gutachter im Februar als Zeugen

Die Frankenthaler Ankläger ließen sich nun über ein Jahr Zeit, damit Sachverständige den kulturellen Wert des Hortfundes untersuchen konnten. Drei Gutachten liegen nun laut Staatsanwalt vor, zwei zum wissenschaftlichen und eines zum materiellen Wert des Fundes. Die bisher angenommenen 425.000 Euro spielten dabei weiter eine Rolle. Die Gutachter sollen am 8. und 9. Februar als Zeugen gehört werden.

Selbstinszenierung als missverstandener Sondengänger

Im Raum steht nun die Möglichkeit eines Vergleichs oder Freispruchs, was eine Blamage für die Landesarchäologie wäre. Die Episode hat den Experten ohnehin bereits Gegenwind eingebracht: Über seinen Web- und Facebookauftritt, wo er großspurig unter dem Beinamen „Gaius Bennus Cäsar“ firmiert, hat sich der Sondengänger als missverstandener Schatzsucher inszenieren können, als Anführer einer Szene, der vor Gericht einen David-gegen-Goliath-Kampf ausfechte. Als „hoch narzisstisch“ charakterisierte ihn 2016 der eigene Anwalt vor Gericht. Und der junge Speyerer sagte damals selbst, er leide an Profilierungslust und habe den „Medienwahn zu meinem Vorteil“ genutzt.

Vertrieb fragwürdiger Militaria

Schon der erste Prozess hat dem gelernten Einzelhandelskaufmann jedenfalls so viel Aufmerksamkeit beschert, dass er mit dem Verkauf von Sondengangzubehör und mit Schatzsuche-Seminaren sein Hobby zum Beruf machen konnte, wobei er auch fragwürdige Militaria-Produkte vertreibt wie Deko-Handgranaten und -Gasmasken sowie Aufnäher mit stilisiertem Reichsadler. Auch die Rülzheimer Funde hatte er offenbar verkaufen wollen.

Kein Helfer der Landesarchäologie

Damit gehört der Speyerer nicht zu jenen Sondengängern, die ihr Hobby vor allem aus Spaß am Suchen und Entdecken oder aus Interesse an Regionalgeschichte betreiben: Jene bindet die Landesarchäologie mittlerweile als ehrenamtliche Helfer an sich und nutzt ihren Enthusiasmus wissenschaftlich. So hat die Landesarchäologie die Zusammenarbeit mit Sondengängern auf eine feste Grundlage gestellt. Sondengänger können eine Genehmigung bei den Unteren Denkmalschutzbehörden (angesiedelt bei den Kreisverwaltungen) beantragen. Die Sondengänger verpflichten sich, nur in der oberen Schicht eines bestimmten Gebiets zu stöbern und nicht zu tief vorzudringen, um nicht wichtige Informationen zu zerstören, die sich aus dem Fundzusammenhang herauslesen lassen. Wer tiefer Liegendes entdeckt, gibt die GPS-Daten an die Experten weiter.

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Goldfiguren, die zum Rülzheimer »Barbarenschatz« gehören.
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Gewandschmuck aus dem Rülzheimer »Barbarenschatz«
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Detail aus dem Rülzheimer »Barbarenschatz«
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Auch diese Schmuckelemente für ein Gewand gehören zum Rülzheimer »Barbarenschatz«.
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Teil des Rülzheimer »Barbarenschatzes«: Ein zerstörter Teller.
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