Kaiserslautern Sie küssen und sie schlagen sich nicht

Auf die Schnelle gesagt: Klaus Weichel kann die Rennstrecke unter die Slicks nehmen, Achim Bertram darf schon auf die Autobahn, aber Nico Welsch muss noch ein paar Fahrstunden nehmen. Diese Einschätzung der OB-Kandidaten bei der RHEINPFALZ-Podiumsdiskussion werden wahrscheinlich die meisten Zuschauer teilen. Der Oberbürgermeister legte − wen wundert’s nach sieben Jahren Amtszeit? − das fundierteste Wissen an den Tag. Er kennt die Hintergründe, die Zahlen und Fakten, weiß, wie es geht oder auch nicht. Jedenfalls meistens. Auf dieser Basis konnte er sich dann auch schon mal forsch in die Kurve legen.

Um im Bild zu bleiben: Achim Bertram wagte sich zwar auf die Überholspur, manchmal wackelte allerdings noch das Lenkrad. Und bei Nico Welsch schien zum Teil der Mut, Tempo zu machen, größer zu sein, als es seine Kenntnis der Straßenverkehrsordnung zuließ. Das durchaus interessierte und über drei Stunden nicht wankende Publikum registrierte sehr wohl die Pluspunkte und die Schwächen der drei Kandidaten. Den ersten Lacher verbuchte Weichel für sich, als ihn Hans-Joachim Redzimski, Diskussionsleiter und RHEINPFALZ-Lokalchef, an den 31. August 2007 erinnerte. Um 17.52 Uhr hat ihm der damalige Wahlverlierer Bernhard Deubig die Amtskette als Oberbürgermeister umgelegt. Ist das Amt eine Bürde, eine Last? Manchmal, auf jeden Fall nicht immer einfach, aber so, dass er den beiden Mitbewerbern dieses Schicksal ersparen wolle, feixte Weichel. Sieben fette Weichel-Jahre oder sieben magere Weichel-Jahre? Was hätten der CDU- und der FDP-Kandidat besser oder anders gemacht? Welsch reklamierte ein Innenstadt-Konzept, einen Masterplan. Bertram konzedierte, die Stadt habe sich weiterentwickelt, „aber immer etwas später, als man gedacht hat“. Auch dafür erntete er Lacher. Starken Applaus fuhr Weichel ein, als er mit halb erhobenem Arm sein halb volles Wasserglas in die Luft reckte und sein stadtbekanntes Credo zum wer-weiß-wievielten Mal proklamierte und davor warnte, „diese Stadt schlecht zu reden“. Kurz darauf fuhr ihm Achim Bertram nassforsch einen bei: „Der Fisch fängt vom Kopf an zu stinken“, sprach er mutig in die Runde und nannte den hohen Krankenstand in der Verwaltung, den er mit mangelnder Motivation mangels motivierender Chefetage gleichsetzte. Tiefes Luftholen im Auditorium, das sich in einem raumgreifenden Stöhnen artikulierte. Die ganze Zeit standen die Jungfilmer vom Offenen Kanal Kaiserslautern (OKK) hinter ihren Kameras, produzierten Bilder für die Großleinwand über der Bühne und für einen Mitschnitt der Diskussion, der heute um 18 Uhr ausgestrahlt wird. Welsch redete sich beim Thema sicheres Kaiserslautern warm, forderte mehr Kontrolle und nannte als Beispiel die Schranke am Rathausplatz, die zweimal in vier Wochen abgerissen wurde. Weichel dagegen plädierte für mehr Toleranz, gerade den Jugendlichen gegenüber. Und konterte cool: „Die Schranke wird sogar zehnmal in einem halben Jahr abgerissen und zwar meistens von denen, die da oben umsonst parken wollen.“ Alle drei Bewerber hatten inzwischen rote Bäckchen, der ein oder andere auch rosérote Ohren. Den etwas schleppenden Anfang, als sie noch mit ihren gelben Halbschürzen und blauen Handschuhen etwas unbeholfen am Backtisch standen, haben sie inzwischen mit munteren Reden und Gegenreden wettgemacht. Gegrummel wurde wieder laut, als es um das in den letzten Wochen stark diskutierte Thema Gestaltungsbeirat bei der Stadtplanung ging. Welsch und Bertram − er noch eindeutiger − sprachen sich für die Bestellung eines solchen Fachgremiums aus: Es fehle an Bürgerbeteiligung, sagte Welsch. Bertram vermisste ein Konzept zur Stadtgestaltung. Die FDP fordere den Gestaltungsbeirat seit über zehn Jahren, stellte er fest. Dagegen arbeitete Weichel, der einerseits, andererseits abwog, mit nicht ganz lauteren Argumenten. Es gehe auch darum, dass das Gremium sich mit dem Einfamilienhäuschen des Otto Normalbauers befassen wolle. Das war dann in der Synthese doch eher zu banal-populär. Nach gut zwei Stunden scharrte mancher Zuhörer mit den Füßen. Die Unruhe löste sich allerdings spätestens bei den Themen Pfaff-Gelände und Siegelbacher Zoo wieder auf. Am Ende der Debattier-Runden gab es erleichterte Diskutanten − drei Stunden volle Konzentration schlauchen −, ein Publikum, das bei Wein, Bier und Brezeln noch angeregt und eifrig im Foyer diskutierte und die Antworten der OB-Bewerber rauf und runter besprach. Auch waren gerötete Wangen zu sehen.

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