Pandemie Was sich mit der Bundes-Notbremse ändern soll

Notbremse

[Aktualisiert 12.30 Uhr] Lange haben sich Bund und Länder zusammengerauft im Kampf gegen das Coronavirus. Doch zuletzt klappte es nicht mehr mit der gemeinsamen Linie. Das Kabinett hat deshalb am Dienstag Ergänzungen des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, die der Bundesregierung vorübergehend mehr Durchgriffsrechte verschaffen. Der Bundestag muss zustimmen, auch der Bundesrat kommt noch zum Zug.

Wenn die 7-Tage-Inzidenz (Ansteckungen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner) an drei aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 überschreitet, so sollen dort ab dem übernächsten Tag schärfere Maßnahmen gelten. Diese sollen so lange in Kraft bleiben bis die 7-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet - dann treten die Extra-Auflagen am übernächsten Tag wieder außer Kraft.

Private Kontakte: Es darf sich höchstens ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, insgesamt höchstens fünf Menschen. Kinder bis 14 Jahre zählen extra. Für Zusammenkünfte von Ehe- und Lebenspartnern oder zur Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts gilt das nicht. Bei Veranstaltungen zu Todesfällen dürfen bis zu 15 Personen zusammenkommen.

Nächtliche Ausgangssperre: Von 21 Uhr bis 5 Uhr soll der Aufenthalt außerhalb einer Wohnung oder eines dazugehörigen Gartens im Grundsatz nicht erlaubt sein. Dies soll nicht gelten, wenn der Aufenthalt etwa der Versorgung von Tieren oder der Berufsausübung dient. 

Freizeiteinrichtungen: Einrichtungen wie Schwimmbäder, Saunen, Diskotheken, Bordelle, Wellnesszentren, Ausflugsschiffe oder Indoorspielplätze müssen schließen.

Läden: Geschäfte oder Märkte mit Kundenkontakt müssen schließen. Ausgenommen sind der Lebensmittelhandel inklusive Direktvermarktung, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Zeitungsverkäufer, Buchhandlungen, Blumenläden, Tierbedarfs- und Futtermittelmärkte und Gartenmärkte. Diese dürfen aber nur das übliche Sortiment verkaufen. Für die zulässige Kundenanzahl gelten Grenzen in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche. In geschlossenen Räumen müssen Kunden eine Maske auf FFP2-Niveau oder eine medizinische Maske tragen.

Kultur und Zoos: Theater, Opern, Konzerthäuser, Bühnen, Musikclubs, Kinos (außer Autokinos), Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten, zoologische und botanische Gärten müssen schließen, auch entsprechende Veranstaltungen sind untersagt.

Tourismus: Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sollen bei entsprechenden Inzidenzen in einer Region untersagt sein.

Gastronomie: Der Betrieb von Gastronomiebetrieben und Kantinen wird untersagt. Es gibt aber Ausnahmen etwa für Speisesäle in Rehazentren oder Pflegeheimen, die Versorgung Obdachloser oder von Fernfahrern. Die Abholung von Speisen und Getränken zum Mitnehmen bleibt erlaubt, ebenso die Auslieferung. Zwischen 21 Uhr und 5 Uhr ist nur die Auslieferung zulässig.

Schulen: An Schulen soll Präsenzunterricht nur mit zwei Coronatests pro Woche gestattet werden. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die 7-Tage-Inzidenz 200, soll Präsenzunterricht untersagt werden. Ausnahmen für Abschlussklassen und Förderschulen sind möglich. Diese Bremse gilt auch für Kitas, die Länder können aber Notbetreuung ermöglichen. Die Schulbremse tritt außer Kraft, wenn die 7-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen unter 200 liegt.

Sport: Die Ausübung von Sport soll nur in Form von kontaktloser Ausübung von Individualsportarten erlaubt sein. Sie sollen allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands ausgeübt werden dürfen. Ausnahmen gibt es auch weiter für den Wettkampf- und Trainingsbetrieb der Berufssportler und der Leistungssportler der Bundes- und Landeskader, aber weiter nur ohne Zuschauer.

Körpernahe Dienstleistungen: Geöffnet werden dürften laut dem Beschluss Dienstleistungen, die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe - jeweils mit Maske.

Nah- und Fernverkehr: In Bus, Bahn und Taxi sind Masken mit FFP2-Niveau Pflicht. Möglichst soll nur die Hälfte der regulär zulässigen Passagiere mitfahren.

Stundenlang war unter Hochdruck über die Regelungen verhandelt worden. Nach dpa-Informationen sollen in der Vorlage Fraktions- und Länderwünsche von der Bundesregierung in wichtigen Punkten berücksichtigt worden sein. Nach dem geplanten Kabinettsbeschluss soll das Gesetz möglichst in einem beschleunigten Verfahren vom Bundestag beschlossen werden und den Bundesrat passieren.

Neben der Novelle des Infektionsschutzgesetzes hat das Kabinett auch eine Pflicht für Angebote von Coronatests in Unternehmen auf den Weg gebracht. Der Entwurf einer geänderten Arbeitsschutzverordnung sieht vor, dass die Unternehmen ihren Beschäftigten in der Regel einmal in der Woche Tests zur Verfügung stellen.

Die schärferen Lockdown- und Testregeln sollen die Zahl der Infizierten, Covid-19-Kranken und Todesfälle drücken, bis auch durch fortschreitende Impfungen das Infektionsgeschehen im Griff gehalten werden kann.

 

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