Eisenberg Unterricht auf Pezzibällen

Auf Sitzbällen hockend verfolgen sie den Unterricht, zwischendurch werden Stretching-Übungen gemacht und man schleppt sich nicht jeden Tag mit sämtlichen Lehrbüchern ab: In der Berufsfachklasse BFI Gesundheit und Pflege an der Berufsbildenden Schule (BBS) Donnersbergkreis in Eisenberg wird rückenschonendes Verhalten gelebt. Jetzt haben die Jugendlichen erfolgreich an einem Wettbewerb der Unfallkasse teilgenommen.

Alljährlich schreibt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGVU) einen BBS-Wettbewerb zum Thema „Jugend will sich-er-leben“ aus. Diesmal ging es um die Rückengesundheit. „Da wir uns damit viel beschäftigen, haben wir gedacht, da machen wir mal mit“, erklärt Klassenleiterin Petra Manitz. Mit Erfolg: Die Klasse, die eine von elf Teilnehmern war, wurde kürzlich in Betzdorf-Kirchen mit dem „Kreativpreis“ ausgezeichnet, der mit 400 Euro dotiert ist – „Kohle für die Klassenkasse“. Erschreckend sei, so Manitz, dass alle ihre 15- bis 18-jährigen Schüler bereits irgendwie schon einmal mit Rückenproblemen zu tun hatten. „Vor allem nach langem Sitzen oder Stehen, aber auch nach dem Putzen“, nennt Ioanna Pentou Situationen, in denen sie Schmerzen im Lendenbereich bekommt. Bei Semantha Schmitz zogen die Beschwerden sogar in die Brustwirbelsäule: Sie hat kurzzeitig in einer Bäckerei gearbeitet und musste dabei schwere Kisten heben. „Um die vorhandenen Hilfsmittel wie Lift oder Wagen zu benutzen, war meist keine Zeit“, erzählt die 17-Jährige. Mevlüde Kahraman hat Stress als Auslöser für Schmerzen identifiziert und Samara Dörzapf eine anatomische Besonderheit ihres Körpers. „Wir haben ausgiebig analysiert, wie und worauf wir sitzen oder liegen, wie wir stehen und uns bücken“, berichtet Manitz. Jeder habe ein Tagesprofil seines Bewegungsverhaltens erstellt. Dabei habe man so manchen Fehler aufdecken können, der langfristig zu Rückenproblemen führt. Die Schüler lernten unter anderem, wie wichtig das Geradehalten der Wirbelsäule beim Sitzen ist, dass bei stehender Tätigkeit bequeme Schuhe obligatorisch sind, welche Hebe-, Griff- und Tragetechniken rückengerecht sind, um hilfsbedürftige Menschen etwa vom Bett in den Rollstuhl zu bringen. Für den Wettbewerb mussten die elf Mädchen und der Junge aus der BFI Gesundheit und Pflege einen Fragebogen erstellen, wobei sie sich an einem von der DGVU vorgegebenem Grobraster orientiert haben. „Wir haben uns überlegt, was uns interessiert und entsprechende Fragen formuliert“, erläutert Samara. Beantwortet wurden sie von 85 angehenden Alten- und Heilerziehungspflegern der BBS. An einer Wandzeitung werden die Ergebnisse der Auswertung präsentiert. Bei dem achtwöchigen Projekt kamen neben Fachpraxis und -theorie Mathematik, Deutsch und Methodentraining zur Anwendung. Durchhalte- und Konzentrationsfähigkeit wurden in besonderer Weise gefördert, wie Manitz betont. Am Ende ist eine Liste mit Ideen zur rückengesunden Schule erstellt worden, beispielsweise Installation von Regalen zum Abstellen schwerer Unterrichtsmaterialien in jedem Stockwerk, Bau eines Lastenaufzugs im Treppenhaus, höhenverstellbare Tische und Stühle und die Anschaffung eines Massagesessels für die Pausen. „Ob die Vorschläge realisierbar sind oder nicht, war zunächst zweitrangig. Es ging vielmehr um die Sensibilisierung für das Thema“, sagt Manitz, die ihren Schülern Pezzibälle als Sitzmöbel anbietet. „Das ist bequem und entlastet den Rücken“, findet Semantha. Samara hat den Kutschersitz mit der Stuhllehne vor dem Bauch für sich entdeckt: „Man sitzt automatisch gerade und kann sich mit den Armen abstützen.“ (abf)

x