Rheinpfalz Tüfteln bis zur Problemlösung

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„Street to Home“ heißt ein neues Verfahren, das Klaus Dieter Zawisla, Chef der Jockgrimer Klaus Dieter Zawisla GmbH, zum Patent angemeldet hat. „Gut eineinhalb Jahre wurde an dem neuen System getüftelt, wir haben rund 1,6 Millionen Bau- und Entwicklungskosten dafür investiert“, berichtet der Unternehmer weiter.

Er führt seit 35 Jahren die Firma, lange mit seiner Ehefrau Renate, die heute für Marketing und Kommunikation zuständig ist; in diesem Zeitraum hat er 17 Patente weltweit angemeldet. Der heute 63-Jährige lernte den Beruf des Glasbläsers und gründete mit 28 Jahren, im November 1980, den Rohr-, Kanalreinigungs- und Sanierungsbetrieb. Immer, wenn es für ein technisches Problem keine entsprechende Lösung gab, er einen Kundenwunsch nicht auf Anhieb erfüllen konnte, fühlte sich der Wahl-Pfälzer besonders gefordert. Er tüftelte und probierte beharrlich so lange, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war und eine Lösung präsentieren konnte. Angeregt zum Entwickeln seiner neuen Erfindung wurde er durch das umständliche und dadurch hohe Kosten verursachende Sanieren von alten Hauswasseranschlüssen. Viele Kommunen müssen verstärkt das in die Jahre gekommene Abwasserkanalsystem sanieren. Dazu gibt es bereits verschiedene Verfahren, wie den kompletten Austausch des Kanalsystems oder das Inliner-Verfahren, die aber nicht überall eingesetzt werden können oder einfach zu teuer sind. Besser wäre es doch, wenn der schadhafte Kanalabschnitt von der Straße aus repariert werden könnte, ohne dass bei jedem Hausanschluss erst der Grundstücks- oder Gebäudeeigentümer dem Betreten von Gelände und Haus zustimmen müsste, dachte sich Klaus Dieter Zawisla. Viel weniger aufwendig und letztendlich günstiger wäre es zudem für die Kommunen, wenn Abwasserrohre gegen die Fließrichtung saniert werden könnten, quasi mit einem offenen Ende am Schluss des kommunalen Kanalabschnittes. Als Zugang zum schadhaften Rohrabschnitt müsste der Kanal auch nicht mehr extra aufgefräst werden, erklärt Renate Zawisla, die bestens mit der Materie vertraut ist. Also griff ihr Ehemann zu Stift und Papier. Als seine Idee visualisiert war, nahm er Maschinenbau-Ingenieure und Konstrukteure dazu. Zusammen mit der Firma IBG Hydrotech in Büdingen, die die Spezialfahrzeuge der Jockgrimer GmbH regelmäßig ausrüstet, ging es an die nächsten Entwicklungsschritte, darunter eine computersimulierte Animation bis hin zum Prototyp. Dieser wurde auf einer 500-Meter-Strecke so lange getestet und verbessert, bis alles passte. Das neue Verfahren „von außen nach innen“ schiebt jetzt einen gehäkelten Endlosschlauch, der unmittelbar vor seinem Einsatz mit Zwei-Komponenten-Epoxydharz getränkt wird, durch den schadhaften Abwasserkanal. Der Schlauch härtet aus und dichtet den Kanal wieder ab. Der Einstieg geschieht über einen vorhandenen Kanalschacht im öffentlichen Straßenbereich. „Mit unserem neuen System arbeiten wir derzeit in Osnabrück, nachdem wir es vorher auf Messen vorgestellt haben“, freut sich Klaus Dieter Zawisla. Vier seiner 58 Mitarbeiter wurden bereits am neuen Reparaturverfahren geschult, mit dem zwei Fahrzeuge der großen Firmenflotte ausgerüstet sind. Immerhin gehören zur GmbH allein 40 Lastwagen, die mit unglaublich viel Technik aufgerüstet sind. Gerne hätte die GmbH am Standort Jockgrim noch ein seit jeher ungenutztes, direkt benachbartes Gewerbegrundstück erworben, weil die bestehende Betriebsfläche schon wieder zu klein ist. „Der Eigentümer verkauft aber nicht“, bedauert Klaus Dieter Zawisla. Stolz zeigt er dagegen die vorhandenen Schutzausrüstungen, die bei Einsätzen rund um Gefahrgutbergung getragen werden, und betont, wie wichtig das Schulen der Mitarbeiter an der gesamten technischen Betriebsausstattung deshalb sei. Da die Arbeit für das Unternehmen ständig wächst, „würden wir gerne weitere Mitarbeiter einstellen“, was jedoch gar nicht so einfach sei, bedauert Renate Zawisla. Branchenfremde Einsteiger würden intensiv eingelernt werden, trotzdem fehle es an Bewerbern. Neben dem Betrieb in Jockgrim gehört zum Unternehmen noch der Reinigungsbetrieb „Clean, die Raumpflege“, bei dem das Unternehmerpaar noch einmal rund 130 Mitarbeiter beschäftigt. Beide Firmen zusammen machten einen Umsatz von rund sieben Millionen Euro pro Jahr. Wenn die zwei neuen Fahrzeuge mit dem „Street-to-Home“-Verfahren voll ausgelastet sind, werden sich die Entwicklungskosten in zwei Jahren amortisieren, rechnen die Zawislas. Gespannt sind sie auf den Besuch einer Delegation des Bundesforschungsministeriums im Spätsommer. Die Neu-Entwicklung erhielt einen Zuschuss, da sie als „förderungswürdig“ eingestuft wurde. Die Besucher möchten sich vom Nutzen des neuen Systems überzeugen. |bic

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