Rheinpfalz Reformator in kobaltblau

Bad Dürkheim. Eine blaue Plastikfigur, die bis 2017 in der Bad Dürkheimer Schlosskirche stehen soll, sorgt für heftige Diskussionen im Presbyterium. Dabei geht es um religiöse, vorwiegend aber um ästhetische Fragen.

Es gibt ihn in schwarz, purpurrot, kobaltblau und dunkelgrün. Er ist einen Meter hoch und aus Plastik: Martin Luther. Unter dem Motto „Hier stehe ich“ baute der Künstler Ottmar Hörl 2010 ganze 800 dieser kleinen Statuen auf dem Wittenberger Marktplatz auf. Hörl ist bekannt für seine Plastikinstallationen – im vergangenen Jahr erst übersäte er das Bayreuther Stadtgebiet mit 500 kleinen Richard Wagners, zum Jubiläum des Komponisten. Die Martin Luther-Nachbildungen wurden nach Abbau der Aktion als Botschafter in die ganze Welt verschickt. Einer davon landete in Bad Dürkheim. Im Oktober 2013 erhielt Dekanin Ulla Hoffmann die Plastik als Geschenk. In Kobaltblau. Jetzt erst soll die Figur einen längerfristigen Platz in der Schlosskirche erhalten – was nicht jeden begeistert. „Wir haben im Presbyterium heftig darüber diskutiert, ob dieses Ding schön ist und was das soll“, bestätigt Hans-Hermann Senft auf RHEINPFALZ-Anfrage. Der Vorsitzende des Presbyteriums ist auch selbst nicht glücklich mit der Figur. „Für mich hat das keinen Bezug zur Religion.“ Trotzdem hat sich das Presbyterium nach einer Abstimmung dafür ausgesprochen, den Luther-Nachbau aufzustellen. Immerhin gebe es nur wenige Exemplare davon und es sei ein Geschenk an die Gemeinde gewesen, so Senft. Im Oktober vergangenen Jahres feierte die Schlosskirchengemeinde die Einführung der Reformation durch die Leininger Grafen vor 450 Jahren. Im Rahmen dieser Festlichkeiten überreichte Pfarrer Rainer Wettreck, theologischer Vorstand im Landesverein für Innere Mission, die Lutherstatue als Geschenk. Dafür ist Ulla Hoffmann sehr dankbar. Wettreck habe lange in Wittenberg gearbeitet – so sei der Bezug zustande gekommen. Auf die Diskussionen um die Figur angesprochen, erinnert Hoffmann an das Wirken Martin Luthers. „Luther hat noch nie in die Kirche gepasst.“ Gerade weil die Kunst umstritten ist, sei es richtig, den blauen Luther aufzustellen. „Das ist keine Frage der Ästhetik“, betont sie. Pfarrer Martin Henninger aus Frankenthal kann die Bedenken ohnehin nicht bestätigen. Bereits 2011 kam ein knallroter Luther in seine Gemeinde – zunächst als Leihgabe der Evangelischen Kirche der Pfalz. Dort war die farbige Statue bei den Gottesdienstbesuchern, und vor allem bei den Konfirmanden, so beliebt, dass letztere Geld dafür sammelten, um einen eigenen, dauerhaften Luther zu erwerben. Gesagt getan, inzwischen steht eine von Hörls Plastikfiguren dauerhaft in der Lutherkirche Frankenthal. „Ich nehme den Martin Luther auch gern mal mit“, sagt Henninger locker. Schließlich sei der beliebte Zeitgenosse aus Plastik gut transportabel. So wird er in Frankenthal zum diesjährigen 50-jährigen Kirchenjubiläum an verschiedenen Orten in der Stadt auftauchen und dort das Gotteshaus repräsentieren. In Bad Dürkheim wird derzeit noch ein passender Sockel gesucht. Nach mehreren gescheiterten Versuchen soll nun ein schlichter Holzkasten unter den Füßen des Reformators haften. Wenn Luther dann, spätestens zum diesjährigen Reformationstag, endlich steht, soll er auf jeden Fall bis 2017 in der Schlosskirche bleiben, wie Hoffmann sagt. Denn dann feiere die Reformation 500-jährigen Geburtstag. Was den Sockel betrifft, ist Hoffmann vor allem eines wichtig: „Wir wollen Luther auf Augenhöhe mit den Menschen stellen.“ Das hat Symbolkraft. Trotzdem sagt Senft: „Da gibt es sicher einige Proteste.“ Ergänzt aber: „Wenn darüber Diskussionen entstehen, dann hat es irgendwie auch seinen Zweck.“ Und hinter vorgehaltener Hand heißt es in der Gemeinde über den knallblauen Mann bereits: Es hätte farblich schlimmer kommen können.

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