Karlsruhe Krise um das Badische Staatstheater: Der Ton wird rauer

„Sie wollen eigenes Versagen vertuschen“, sagte Peter Weibel, Direktor des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM), bei einer Protes
»Sie wollen eigenes Versagen vertuschen«, sagte Peter Weibel, Direktor des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM), bei einer Protestkundgebung vor dem Badischen Staatstheater.

In der Karlsruher Theaterkrise gerät nun die Politik unter Beschuss: Mit harschen Worten hat der Chef des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM), Peter Weibel, das Festhalten des Verwaltungsrats an Intendant Peter Spuhler kritisiert. CDU spricht von „menschenverachtender Reaktion“ auf die Nöte der Theatermitarbeiter.

Rund 100 Demonstranten aus der freien Kulturszene der Stadt hatten sich am Freitagmorgen für eine Solidaritätskundgebung vor dem Personaleingang des Badischen Staatstheaters versammelt. „Sie wollen eigenes Versagen vertuschen – mit der Verlängerung Spuhlers verlängern sie ihr eigenes Versagen“, sagte Weibel bei der Protestaktion. Er reagierte damit auf eine Entscheidung des Verwaltungsrats mit der baden-württembergischen Kulturministerin Theresia Bauer (Grüne) und dem Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) an der Spitze. Das Gremium hält trotz massiver Kritik an Spuhler fest.

Weibel: Belegschaft wird unterdrückt

Obwohl die Probleme im Badischen Staatstheater schon lange bekannt seien, werde nun weitergemacht wie bisher. „Das kann nicht gut gehen“, meinte Weibel. „Durch Machtpolitik wird die Belegschaft unterdrückt. Stadt und Land stehen auf der falschen Seite der Geschichte.“ Weibel plädierte für einen Neuanfang.

Die Demonstranten bekundeten ihre Solidarität mit den Theatermitarbeitern. ZKM-Chef Weibel hatte mit anderen Kulturschaffenden zu der Aktion aufgerufen. Die Kritik an Theaterintendant Spuhler macht sich an seinem Führungsstil fest. Auf Transparenten waren Aufschriften zu lesen wie „Wenn Macht die Kunst sabotiert“ und „Spuhler raus“.

Auch Justin Brown hat die Politik kritisiert

Nachdem der scheidende Generalmusikdirektor Justin Brown sich in den „Badischen Neuesten Nachrichten“ entsetzt über den politischen Umgang mit kritischen Theater-Mitarbeitern gezeigt hatte, haben diese nun mit der Protestaktion weitere Rückendeckung bekommen. „Wir erklären uns solidarisch mit den KollegInnen des Staatstheaters, mit den Opfern einer Machtpolitik, die ihr Schweigen brechen und an die Öffentlichkeit gehen mussten, um nicht weiter zu leiden“, heißt es im Aufruf der Kundgebung, der der RHEINPFALZ vorliegt.

Mehr als 300 Beschäftigte des 850 Mitarbeiter zählenden Theaters hatten vor der Sitzung des Verwaltungsrats vor einer Woche für einen Neuanfang ohne Spuhler demonstriert. Der Personalrat des Theaters hatte vor Kurzem in einem offenen Brief Missstände angeprangert. Es herrsche ein toxisches Arbeitsklima.

Harsche Kritik der CDU an Kostenexplosion für Sanierung

Der Verwaltungsrat will mit einem „Paket von Maßnahmen“ sicherstellen, dass die Zusammenarbeit im Haus künftig besser klappt. So sollen Mitarbeiter mehr gehört und Spartendirektoren gestärkt werden. Es gibt einen Vertrauensanwalt, und der Intendant will mit einem Coach seinen Stil verändern.

Der Karlsruher CDU-Chef und Bundestagsabgeordnete Ingo Wellenreuther hat Mentrup und Bauer eine „unsägliche, fast menschenverachtende“ Reaktion auf die vielen Hilferufe der Theaterbelegschaft bescheinigt. Deren Aussage, dass ihnen das Ausmaß der Krise nicht bekanntgewesen sein soll, „das schreit zum Himmel“.

Mitarbeiter wegen Vorwürfen sexueller Belästigung entlassen

Scharfe Kritik übte er an der Kostenexplosion bei der Sanierung des Theaters: „500 Millionen sind der glatte Wahnsinn.“ Die CDU-Gemeinderatsfraktion will die Kostensteigerung von fast 200 Millionen Euro nicht mehr mittragen: „Noch vor drei Jahren beliefen sich die Kosten auf 325 Millionen im Maximum, heute werden rund 500 Millionen Euro Gesamtbaukosten veranschlagt. Darin sind noch nicht die Kosten für eine längere Bauzeit und Kosten für Interimslösungen, Personal und für Freianlagen einbezogen. Es wird also alles noch teurer.“

Neben der Debatte um den Führungsstil des Intendanten geriet das Staatstheater auch wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigungen gegen einen leitenden Mitarbeiter in die Schlagzeilen. Wie dpa aus Theaterkreisen erfahren hat, ist dem Mitarbeiter nun gekündigt worden. Spuhler hatte ihn zunächst mit sofortiger Wirkung freigestellt. Das Theater kommentiert die Nachricht nicht.

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe prüft seither, ob gegen den Theatermitarbeiter ein Anfangsverdacht besteht. Ihm wurden von einem Instagram-Nutzer anonymen Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung vorgeworfen. Der Betroffene sieht sich zu Unrecht verleumdet und hat gegen den Verfasser der Einträge auf Instagram Anzeige erstattet. Weil der Verfasser den Theatermitarbeiter zum Rücktritt aufgefordert und mit der Veröffentlichung von belastendem Material gedroht hatte, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Instagram-Nutzer wegen des Verdachts der Nötigung.

Vertreter der freien Kulturszene hatten für Freitagmorgen zu der Solidaritätskundgebung vor dem Personaleingang des Badischen St
Vertreter der freien Kulturszene hatten für Freitagmorgen zu der Solidaritätskundgebung vor dem Personaleingang des Badischen Staatstheaters aufgerufen.
Transparente mit Kritik über den politischen Umgang mit Theater-Mitarbeitern wurden bei der Kundgebung am Freitag hoch gehalten.
Transparente mit Kritik über den politischen Umgang mit Theater-Mitarbeitern wurden bei der Kundgebung am Freitag hoch gehalten.
Deutliche Worte gegen den Staatstheater-Intendanten Peter Spuhler wegen seines Führungsstils.
Deutliche Worte gegen den Staatstheater-Intendanten Peter Spuhler wegen seines Führungsstils.
Die Aufschrift an der Fassade des Staatstheaters wurde aus Protest verändert.
Die Aufschrift an der Fassade des Staatstheaters wurde aus Protest verändert.
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