Rheinpfalz Klöckners neuer Politik-Manager

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Mainz. Seit der Wahlschlappe vom 13. März ist die Welt der rheinland-pfälzischen Christdemokraten durcheinander. Auch Martin Brandl schaut betroffen, wenn sich das Gespräch um die Ursachen des Debakels dreht. Doch der 35-jährige Südpfälzer übt sich längst wieder in Zuversicht: Die CDU werde im Landtag eine gute Oppositionsarbeit machen und in fünf Jahren wieder ihre Chance haben. Für die Qualität der künftigen Oppositionsarbeit wird Brandl viel Mitverantwortung tragen. Seit diesem Monat ist er Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion und damit gewissermaßen die rechte Hand von Fraktionschefin Julia Klöckner. Der „Parlamentarische“ muss die Fraktionsarbeit organisieren, nach innen die Geschlossenheit der Fraktion wahren und nach außen ihre Interessen vertreten. Außerdem trifft er die Absprachen mit den anderen Fraktionen des Landtags. Brandl kam im Herbst 2009 als Nachrücker für den in den Bundestag gewählten Thomas Gebhardt (CDU) in den Landtag. In seiner Fraktion fiel er rasch durch Fleiß und Kompetenz auf. Bald saß der Rülzheimer im begehrten Bildungsausschuss. Die Bildungspolitik ist ihm seither eine Herzensangelegenheit. 2013 machte ihn die Fraktion zum wirtschaftspolitischen Sprecher. Brandl nahm in Angriff, was seiner Ansicht nach in den Jahren zuvor vernachlässigt worden war: Er tourte durchs Land und brachte die CDU-Fraktion wieder ins Gespräch mit zahlreichen Verbänden von Wirtschaft und Handwerk. In seiner mit rhetorischen Talenten nicht gerade gesegneten Fraktion fiel Brandl auch durch gute Reden im Landtagsplenum auf – vor allem jedoch durch seinen Eifer, die rot-grüne Landesregierung mit kleinen Anfragen zu traktieren. Rund 300 davon hat er in der vergangenen Wahlperiode geschrieben oder mitgeschrieben. Überdurchschnittlich oft ist es ihm gelungen, damit auch tatsächlich Diskussionen anzustoßen und Dinge zu bewegen. „Kleine Anfragen sind für die Opposition ein tolles Instrument, um für Transparenz zu sorgen“, sagt Martin Brandl. Doch nicht alles, was das Politik-Talent aus der Südpfalz angetrieben hat, ist ganz rund gelaufen. Die CDU-Fraktion hat offen die Einführung von Kita-Gebühren für Besserverdienende gefordert. Brandl gehörte zu den Verfechtern dieser Ehrlichkeit gegenüber den Wählern. Doch die SPD hat im Wahlkampf den Christdemokraten ihre Forderung als „Klöckner-Steuer“ um die Ohren gehauen. Jetzt wird debattiert, ob der CDU-Vorschlag nicht mit zur Wahlschlappe beigetragen hat. Brandl beharrt auf seinen Positionen: „Für mich bleibt es ein Ansatz von ehrlicher Politik.“ Allerdings hätte die CDU im Wahlkampf offensiv vertreten müssen, dass mit den Gebühren die Qualität der Kita verbessert werden sollte, sagt der 35-Jährige. Martin Brandls Weg in die Politik war nicht vorgezeichnet. Er beschreibt ihn eher als eine Folge von Zufälligkeiten. Die Familie betreibt seit 1877 eine Bäckerei in Rülzheim. Daheim erfährt er, was es heißt, einen eigenen Betrieb zu führen. Das prägt ihn und sein Interesse an der Wirtschaftspolitik. Nach dem Abitur entscheidet sich Brandl gegen den Einstieg in den elterlichen Betrieb und studiert an der Berufsakademie Karlsruhe Betriebswirtschaft. Danach arbeitet er für das Bruchsaler Unternehmen SEW Eurodrive als Marketingexperte. Er zieht in den Rat der Verbandsgemeinde Rülzheim und in den Kreistag Germersheim ein, wo er seit 2015 die CDU-Fraktion führt. Im Jahr 2009 seien die wachsende berufliche Verantwortung und die zahlreichen politischen Ehrenämter kaum noch zu vereinbaren gewesen, erinnert sich der CDU-Mann. Damals habe er seinen Rückzug aus der Politik geplant. Doch dann hat es den damals 28-Jährigen unerwartet als einen der jüngsten Abgeordneten in den Landtag verschlagen. Seit dem Gewinn seines Wahlkreises bei der Wahl vor fünf Jahren weiß Martin Brandl: „Politik macht Spaß.“ Zweifeln, ob ein 35-Jähriger eine Fraktion im Zaum halten kann, hält der Südpfälzer entgegen: Fortan mache er wieder das, was er gelernt habe – organisieren und Personalverantwortung tragen. Sein Vorgänger Hans-Josef Bracht hat den Job zehn Jahre lang gemacht und die Fraktion dabei durch die schweren Zeiten des CDU-Finanzskandals gelenkt. Da schreckt es den Rülzheimer nicht, dass er nun das Ruder in einer Zeit übernimmt, in der die Fraktion vom Wahlausgang verunsichert ihren Platz in der Opposition neben der rechtspopulistischen AfD finden muss. „Wie sind die stärkste Oppositionskraft und werden uns nicht an den anderen orientieren“, sagt der CDU-Mann. Das wird Kraft kosten. Seinen Sitz im Ortsgemeinderat hat er zurückgegeben. Alle anderen Ämter im Wahlkreis will er behalten. Martin Brandl ist ein bodenständiger Pfälzer. Stellvertretender Hauptvorsitzender des Pfälzerwald-Vereins will er bleiben. Vielleicht bleibt trotz des neuen Jobs Zeit für ein paar Wandertouren, wie sie mit auf der kurzen Liste seiner Hobbys stehen. Denn Brandl möchte Familie und Beruf miteinander vereinbaren können. Die Ehefrau und drei Kinder im Alter von zwei bis vier Jahren wird das freuen.

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