Schweighofen Giorgia Crandon: Britische Powerfrau mit Retro-Swing

Erst die Royal Albert Hall, dann die Südpfalz: Georgia Crandon.
Erst die Royal Albert Hall, dann die Südpfalz: Georgia Crandon.

Ihre voluminöse und wandlungsstarke Stimme füllt die kleine Kulturhalle Schweighofen bis in den letzten Winkel: Georgia Crandon ist eine musikalische Naturgewalt.

Sie habe ein Potenzial, mal ganz andere, ganz große Hallen zu füllen, orakelt Alfons Getto. Bevor das vielleicht passiert, ist es Gerry Getto-Marz und ihm gelungen, coronabedingt im dritten Anlauf, die Powerfrau aus Essex in die Südpfalz zu holen – „the nicest region in Germany“, wie der Veranstalter kühn behauptet.

Georgia Crandon revanchiert sich lachend auf Deutsch, etwa so: „N’gun Abond, wie gäiht’s?“ – und hat die 170 Leute im Saal sofort auf ihrer Seite. Zuvor hat sie zum Einstieg den Poprock-Song „The best day of my life“ gesungen. Wohlfühlmusik, die fast jede und jeder kennt, da klatscht man doch gerne gleich mal mit.

Ohrwürmer, neu interpretiert

Die 25-jährige Künstlerin, die zum ersten Mal auf Deutschland-Tour ist, begleitet sich selbst am Keyboard, hat aber auch starke Unterstützung von ihrer Zwei-Mann-Band. Kian Russell, Gitarre, und Harry Denton, Schlagzeug, sind fast den ganzen Abend lang dezent die Begleiter im Hintergrund. Nur einmal zeigen sie durch Solos ihr beachtliches eigenes musikalisches Potenzial.

„Retro-Swing“ ist das Etikett, das in Ankündigungen für die Musik von Georgia Crandon und Band verwendet wird. Will sagen, dass die britische Powerfrau Songs aus vergangenen Zeiten musikalisch wieder verwertet. Doch das ist keine reine Nostalgie. Sie interpretiert die Ohrwürmer auf ihre ganz eigene Art, mit enormer Bühnenpräsenz, mit starkem rhythmischem Körpereinsatz und mit dieser Stimme, die mal sanft, mal laut scheinbar mühelos klingend Raum greift.

Rote Haare zum Schütteln und Wuscheln

Es gibt auch was fürs Auge, und das hängt mit Georgia Crandons unglaublich dichter flammendroter Haarmähne zusammen, die mit jeder Bewegung sozusagen ihre starke Musik unterstreicht. Solche Haare sind gut zu schütteln und zu wuscheln und das tut sie ausgiebig. Dazu passt das immer mal wieder eingesetzte rote Schummerlicht, das der Mann am Mischpult präzise aufleuchten lässt.

„These boots are made for walking“ singt Georgia Crandon und zeigt ihre roten Stiefel unter dem edlen Hosenanzug vor. Den Song hat in den 60er Jahren Nancy Sinatra interpretiert. Die junge Engländerin tritt – nicht nur bei diesem Stück – in große Fußstapfen, aber sie ahmt ihre Vorbilder nicht nach. Auch Elvis Presley und Janis Joplin gehören dazu. Selbst Frank Sinatras „My way“ ist Teil ihres großen Repertoires. Der Klassiker beginnt melodisch, eingängig, so dass im Publikum schon die Teelichter von den Tischen gepflückt und geschwenkt werden. Aber dann setzen rockige Töne ein und die Kerzen werden schnell wieder zurückgestellt. Die Sängerin spielt mit den Erwartungen, ist für Überraschungen gut.

Strahlende Augen im Publikum

Authentisch, mit Leidenschaft und Temperament singt Georgia Crandon, oft mit enormer Stimmkraft. Aber nie wirkt die beachtliche Lautstärke aufdringlich. Aber dann gibt es auch zarte Passagen, zum Hinhorchen und Nachklingen lassen. Jeder Ton wie ein Teil einer musikalischen Landschaft.

Das Publikum – zum Teil von weit her angereist, wenige aus dem Dorf – ist von Anfang an begeistert. Es sind ältere Leute, die die frühen Popsongs aus ihrer Jugend kennen und mit strahlenden Augen das Wiederhören feiern. Aber auch junge Fans jubeln der Powersängerin zu. Die hat Spaß, posiert für die Handykameras und signiert, nachdem der letzte Ton der dritten Zugabe verklungen ist, geduldig ein paar übriggebliebene Plakate. Wer weiß, was die in ein paar Jahren mal wert sind, meint Alfons Getto

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