Eisenberg Der „kleine Rebell“

Bürgermeister Holger Pradella im Biedesheimer Neubaugebiet „Im Bangert“.
Bürgermeister Holger Pradella im Biedesheimer Neubaugebiet »Im Bangert«.

„Unser Dorf hat Zukunft“ sei ein schönes Ziel, aber letztlich würden die kleinen Kommunen mit der Umsetzung meist allein gelassen, sagt Holger Pradella (parteilos), seit 2009 Bürgermeister von Biedesheim. In den ländlichen Ortschaften fehle es oft an notwendiger Infrastruktur und: „Wir haben kein Geld, um Entscheidungen zu treffen“. Deshalb sieht der 65-Jährige die Fortschreibung des Dorferneuerungskonzeptes und die daraus erwachsenen Projekte als aktuell größtes Thema.

Holger Pradella ist sich sicher: Mit der Anerkennung als Schwerpunktgemeinde im Februar 2016 fließen bis zu 65 Prozent Fördermittel, mit denen sich in Biedesheim so einige Vorhaben realisieren ließen, die nachhaltig die Struktur verbessern könnten. Bei der Ratssitzung im Juni wurde das vom Kaiserslauterer Stadtplaner Hans-Jürgen Wolf überarbeitete Dorferneuerungskonzept vorgestellt. 17 Projekte wurden genannt, etwa die Umgestaltung des Parkplatzes am Glockenturm zu einem attraktiven Dorfmittelpunkt für rund 75.000 Euro. Auch die Ortseingänge sollen bald einladender aussehen. Auf der Agenda steht zudem die Herrichtung des derzeit aus Sicherheitsgründen abgesperrten Spielplatzes „Im Bangert“, die mit etwa 25.000 Euro zu Buche schlagen wird. In dem Baugebiet ist im November mit der Enderschließung des dritten Bauabschnittes begonnen worden. Kosten: zirka 153.000 Euro. Pradella rechnet im Frühjahr mit der Fertigstellung. Die Grundstücke in dem Bereich sind bis auf eines alle verkauft, innerörtliche Leerstände sind quasi nicht vorhanden. Insofern darf die Ortsgemeinde Außenentwicklung betreiben. Für „Im Bangert IV“ ist im März ein Entwurf abgesegnet worden. „Dort werden 14 neue Bauplätze und die langersehnte Anbindung an die L 450 entstehen“, so der Bürgermeister. Bislang kann aber noch kein Plan öffentlich ausgelegt werden, weil Fragen der Entwässerung zu klären sind. Bei Neubaugebieten ist ein Trennsystem vorgeschrieben – nur das Abwasser darf in die Kläranlage, Niederschläge werden über gesonderte Kanäle dem natürlichen Wasserkreislauf zugeführt. Dadurch wird das Projekt jedoch extrem teuer und die Gemeindekasse stark belastet, weil Anliegerbeiträge nicht in ausreichender Höhe gefordert werden können. Bis zur Umlegung wird es sicherlich noch vier, fünf Jahre dauern. Vielleicht geschieht sie noch unter Pradellas Ägide, denn er will noch einmal als Ortschef kandidieren – trotz Ärger und Stress. „Es macht auch Spaß, ein kleiner Rebell zu sein und den ganzen Reglementierungen gesunden Menschenverstand entgegenzusetzen.“ Rund 3500 Euro musste die Gemeinde für eine Neuvermessung hinter dem Anwesen von Thomas Binder und Eric Mistrali ausgeben, um das veraltete Liegenschaftskataster zu aktualisieren. „Sonst können die beiden keinen Bauantrag stellen“, begründet Pradella. Die zwei Neubürger übernehmen den Dorfladen von Ellen Stössel, die eigentlich schon aufhören wollte, und hatten vor, das Geschäft in diesem Herbst in ihrem Anwesen neu zu eröffnen. Wegen der falschen Einträge im offiziellen Grundstücksverzeichnis verschiebt sich das Vorhaben ins nächste Jahr. Eine positive Bilanz zieht Pradella hinsichtlich des im laufenden Jahr erfolgten Umbaus und der Erweiterung der Kita „Mäusenest“. Die Einrichtung sei ein sehr großes Pfund der Ortsgemeinde. Ebenso die zwei Windräder auf dem Kahlenberg: Das Leitungsrecht sei eine auf 20 Jahre sichere Einnahmequelle. Ein dickes Minus ist die schlechte Anbindung an den ÖPNV. In Richtung Bürgerbus oder Mitfahrerbänkchen sind aber keine weiteren Aktivitäten gelaufen. „Es hat sich niemand darum gekümmert“, sagt Pradella, „so ein Ort wie Biedesheim lebt nur, wenn sich die Einwohner engagieren“. Dem Einsatz von Bürgern ist jedoch schon einiges zu verdanken, unter anderem ein gut gehendes Tanzangebot im Bürgerhaus, der Hobbymarkt, das Fest der offenen Höfe, das 2019 zum achten Mal stattfinden wird, sowie der Adventsmarkt.

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