Rheinpfalz „Bringe mich manchmal als pragmatischer Warner ein“

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Auf ihrem Parteitag am Samstag in Nackenheim hat die rheinland-pfälzische FDP ihre Kandidaten für die Bundestagswahl aufgestellt. Im Mai gelang den Liberalen der Sprung zurück in den Landtag und in die Regierungsverantwortung mit SPD und Grünen. Nun will sie zurück in den Bundestag. Darüber sprachen wir mit dem FDP-Landesvorsitzenden, Wirtschaftsminister Volker Wissing.

Die FDP zieht mit einem früheren Bundestagsabgeordneten an der Spitze in den Wahlkampf. Setzten die Delegierten auf einen erfahrenen Kandidaten, weil es in der Landtagsfraktion daran gefehlt hat?

Manuel Höferlin gehört zur jungen Generation der FDP in Rheinland-Pfalz. Er hat in der außerparlamentarischen Zeit unermüdlich weitergearbeitet, war überall präsent, auch im Landtagswahlkampf, und gehört dem Landesvorstand an. Insofern überrascht mich das Ergebnis nicht. Es war ein offenes Wahlverfahren, aber das Ergebnis ist regional und unter Männern und Frauen ausgeglichen. Gab es dazu Absprachen? Wir haben im Landesvorstand darüber gesprochen, dass es schön wäre, wenn wir aus allen Bezirken auf den vorderen Plätzen starke Kandidaten aufstellen könnten. Wir haben aber immer betont, dass das keine verbindlichen Vorgaben sind. Natürlich kann jeder auf jedem Listenplatz kandidierten. Ich fand es sehr schön, dass wir auf dem ersten Listenplatz eine Auswahl hatten, wo sicher der Auftritt der einzelnen Kandidaten eine wichtige Rolle gespielt hat. Es gibt keine Frauenquote bei der FDP, aber auf Platz zwei kandidierte nur die stellvertretende Landesvorsitzende Sandra Weeser, die mit 71,5 Prozent ein schwaches Ergebnis holte. War der Platz abgesprochen? Es ist von mir immer wieder betont worden, dass ich es für wichtig halte, dass eine Partei, die von sich sagt, wir wollen keine starren Quoten haben sondern die Freiheit zur Verantwortung, sich dieser Verantwortung bewusst ist, gleiche Chancen für beide Geschlechter herzustellen. Und das schwache Ergebnis? Da gibt es vielleicht mehrere Kandidaten im Hintergrund, die das nicht verkraften können. Das weiß ich nicht. Sandra Weeser hat einen tollen Job gemacht in den vergangenen Jahren. Dass sie keinen Gegenkandidaten hatte, ist ja auch ein Zeichen, dass sie als starke Kandidatin wahrgenommen wurde. Sollte die FDP wieder in den Bundestag einziehen und an die Regierung kommen, würden Sie als Minister zur Verfügung stehen? Solche Gedanken habe ich mir noch nie gemacht. Ich habe auch nicht die Eigenschaft, Zukunftspläne auf solche Unwägbarkeiten zu schmieden. Ich schau mir immer den nächsten Schritt an und versuche den möglichst treffsicher zu gehen. Das war jetzt eine wichtige Etappe, gute Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen, die miteinander und nicht gegeneinander arbeiten wollen. Das ist gelungen. Wir brauchen jetzt ein gutes Programm auf Bundesebene, da arbeite ich mit, bringe mich manchmal auch als pragmatischen Warner ein. Die Erfahrung, die ich hier gemacht habe, von der außerparlamentarischen Opposition in die Regierungsverantwortung zu kommen, ist sicher auch in Berlin nützlich. Aber ob sich die FDP in Berlin an einer Regierung beteiligen kann und will, das ist derzeit völlig unklar. In Ihrer Rede haben Sie die Große Koalition kritisiert. SPD, Linke und Grüne denken schon laut über Rot-Rot-Grün nach. Was will die FDP? Ich glaube nicht, dass wir das Erstarken des rechten Randes dadurch bekämpfen können, dass die Bundespolitik einen Ruck nach links macht. Es ist richtig, vernünftige Mehrheiten aus der Mitte der Gesellschaft möglich zu machen. Wir leben das in Rheinland-Pfalz sehr gut. Wir haben gezeigt, dass sich Fragen von ökologischer Nachhaltigkeit, auch Fragen von sozialer Gerechtigkeit durchaus mit einer konsequent marktwirtschaftlich ausgerichteten Politik zu einem Gesamtkonzept zusammenführen lassen. Dadurch, dass wir es schaffen, eine große Mehrheit von demokratischen Wählerinnen und Wählern aus der Mitte heraus zu versöhnen, leisten wir einen Beitrag gegen die Radikalisierung der Gesellschaft. Welches Angebot macht die FDP den potenziellen AfD-Wählern? Es gibt ein ernsthaftes Problem. Die AfD versucht sich als Partei der wirtschaftlichen Vernunft zu verkaufen und hat ein Programm, das Fachkräfte aus dem Ausland geradezu vertreibt. Als Land Rheinland-Pfalz kann man sich eine solche Wirtschaftspolitik, gar nicht erlauben. Das gefährdet den Standort. Wir müssen die Besonderheiten und Stärken des Landes erkennen und vorantreiben, das bedeutet Weltoffenheit und Toleranz. Wer hat denn besser gelernt mit unterschiedlichen Menschenschlägen zurechtzukommen als wir Rheinland-Pfälzer, die aus Eifel, Hunsrück, Rheinland und Pfalz zusammengewachsen sind. | Interview: Karin Dauscher

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