Kultur Südpfalz 30 Jahre jung und voller Ideen

Der „Förderverein für die Kirchenmusik an der Stiftskirche in Landau“ – er wurde vor einem halben Jahr aus der Taufe gehoben und zählt bereits mehr als 150 Mitglieder – dieser gemeinnützigen Verein also könnte gegründet worden sein, um an der Stiftskirche kirchenmusikalische Aktivitäten überhaupt erst zu etablieren. Könnte. Aber weit gefehlt. „Bei uns ist so viel los, was unterstützenswert ist – ein Förderverein war längst überfällig“, pariert Stiftskantor Stefan Viegelahn. Beispiel Nummer drei: das „Südpfälzische Kammerorchester“.

Dass eine Kirchengemeinde in einer mittleren Kleinstadt über ein eigenes Orchester verfügt, ist nun wirklich kein gängiger Usus. Und tatsächlich ist das Südpfälzische Kammerorchester bis heute das einzige innerhalb der Protestantischen Landeskirche, das an einer Bezirkskantorenstelle verortet ist. In diesem Jahr feiert das klangschöne Ensemble übrigens sein 30-jähriges Bestehen – drei Dekaden, in denen sich eine hochmotivierte Schar von Berufsmusikern und bestens ausgebildeten Laien zu einem Streicher- Ensemble von erstaunlicher Professionalität geformt hat. Gegründet wurde der Klangkörper 1986 auf Initiative von Bärbel Gondosch, die dann 20 Jahre als Konzertmeisterin am Ersten Pult des Klangkörpers stand. Seither erfüllt das Orchester seinen Anspruch als semiprofessionelles Kammer-Ensemble, das bei Bedarf zu sinfonischer Besetzung erweiterbar ist, mit sich stetig verfeinernder Qualität. Nach der prosperierenden Entwicklungsphase des ersten Jahrzehnts unter der prägenden Leitung des 2010 verstorbenen Heinz Markus Göttsche übernahm Jochen Steuerwald 1997 den properen Klangkörper, der als kontinuierlich probendes Ensemble einerseits idealer Partner der Landauer Kantorei für die großen Oratorien-Aufführungen ist, andererseits auch sein eigenständiges sinfonischen Repertoire pflegt und permanent erweitert. Seit Steuerwalds Berufung zum Landeskirchenmusikdirektor (LKMD) 2008 hält Stefan Viegelahn den Stab in Händen und hat seine rund 25 Streicher zählendes Kammer-Ensemble zu einem technisch wie stilistisch versierte Orchester gerundet. Musiker aus der gesamten Südpfalz, von Annweiler über Bellheim bis Westheim und natürlich auch ein paar Landauer packen vierzehntägig, immer dienstags ihre Instrumentenkoffer Richtung Gemeindehaus. „Wir nutzen die Probenzeit enorm konzentriert – das bedeutet: den Alltag aus dem Kopf kriegen, nur der Strich, die Phrase, die lupenreine Intonation, Klangfarbe und Emotion der Musik zählen“, beschreibt es Konzertmeisterin Annett Sinnwell. Das Repertoire wandert von Barock bis Moderne quer durch die Epochen und schließt neben reinen Streicher-Kompositionen – Bachs Brandenburgisches Nr. 3 beispielsweise oder Mendelssohns Streicher-Sinfonie – auch große sinfonische Literatur ein. Gegebenenfalls stoßen Bläser und Schlagwerk, ebenfalls längst ein fester Spielerstamm, bei Studientagen oder zwei bis drei Proben vor den Aufführungen dazu. Aktuell schaut man in Richtung Britische Inseln (Konzertreise mit der Kantorei) und selbstredend sollen 30 Jahre Südpfälzisches Kammerorchester glanzvoll gefeiert werden. Fürs Jubiläumskonzert in der Stiftskirche am 25. September hat Stefan Viegelahn die Prager Sinfonie von Wolfgang A. Mozart aufs Pult gelegt. Davor werden das Oboen-Konzert von Alessandro Marcello (mit Katharina Hirsch als Solistin), ein Orgelkonzert von Joseph Haydn sowie Musik von Johann Christian, dem „Londoner“ Bach, erklingen. Und weiter noch reicht die Planung: Für 2017 – zum Höhepunkt und Abschlussjahr der Luther-Dekade – steht die Sinfonie Nr. 5 von Felix Mendelssohn, deren Schlusssatz mit Variationen über den Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ ihr den Beinamen „Reformationssinfonie“ beschert hat, auf dem Programm. Und weiter? „Nun ja, Schostakowitsch wäre auch einmal reizvoll“, deutet Ensemble-Leiter Stefan Viegelahn an. Aber das sei noch offen. Fest steht indes die Werkfolge des gemeinsamen Adventskonzert 2016 mit der Kantorei. Mozart-Liebhaber, aber nicht sie allein, werden sich freuen: „Vesperae solennes“, „Exsultate, jubilate“ und Krönungsmesse zieren die Programmvorschau. Info www.stiftskirchenmusik-landau.de —die ersten zwei Teile der Serien sind am 21. März und 9. Mai erschienen. |gp

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